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Seit 30 Jahren bereist der Fotograf Francis Latreille die Arktis, um die dort lebenden Menschen zu besuchen. Die Dolganen und die Nenzen im Norden Russlands, die Tschuktschen und die Jakuten im fernöstlichen Sibirien, die Korjaken auf Kamtschatka, die Sami im Norden Skandinaviens und die Inuit in Kanada und auf Grönland leben noch immer auf traditionelle Art und Weise, auch wenn gesellschaftliche Veränderungen, Umweltprobleme und der globale Klimawandel ihre Lebensgrundlage und ihre Kulturen bedrohen. Der Fotograf Francis Latreille folgte diesen Menschen auf ihren Herdenwanderungen durch die…mehr

Produktbeschreibung
Seit 30 Jahren bereist der Fotograf Francis Latreille die Arktis, um die dort lebenden Menschen zu besuchen. Die Dolganen und die Nenzen im Norden Russlands, die Tschuktschen und die Jakuten im fernöstlichen Sibirien, die Korjaken auf Kamtschatka, die Sami im Norden Skandinaviens und die Inuit in Kanada und auf Grönland leben noch immer auf traditionelle Art und Weise, auch wenn gesellschaftliche Veränderungen, Umweltprobleme und der globale Klimawandel ihre Lebensgrundlage und ihre Kulturen bedrohen. Der Fotograf Francis Latreille folgte diesen Menschen auf ihren Herdenwanderungen durch die Tundra, ging mit ihnen auf die Jagd und zum Fischen und teilte ihren Alltag mit ihnen. So entstand eine enge Bindung. Das naturverbundene Leben dieser Menschen hat er bei seinen Reisen in wunderbaren Bildern festgehalten. Erik Orsenna, ein Freund Latreilles, liefert in seinen Texten eine wahre Liebeserklärung an den hohen Norden und seine Nomaden. Kommentiert wird der wunderbare Bildband im Anhang von Experten des französischen naturgeschichtlichen Nationalmuseums. Diese wunderbare Dokumentation vermittelt das Bild der letzten Nomaden des hohen Nordens, die mit der Natur leben und der Moderne trotzen.
Autorenporträt
Latreille, Francis
Francis Latreille ist französisch-amerikanischer Fotograf und wurde bereits mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet. Er spezialisierte sich früh auf die Fotografie in der Arktis und im hohen Norden. Seine Fotografien wurden in namhaften Magazinen wie Life, Time und Newsweek veröffentlicht.

Orsenna, Erik
Erik Orsenna ist Schriftsteller und Wissenschaftler. Als enger Freund des Fotografen Francis Latreille begleitete er diesen bei mehreren Reisen. Seine Romane und Sachbücher wurden bereits mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet und er ist Mitglied der Académie Française.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.07.2020

Augenhöhe erwünscht

Der Autor Erik Orsenna war schon als Kind vom hohen Norden begeistert. Der Fotograf Francis Latreille bereist seit dreißig Jahren die Arktis. Nun haben sie gemeinsam ein Buch herausgebracht. Gleich die ersten Fotos von Eislandschaften sind umwerfend schön. Dann geht es zu den Nenzen in Sibirien. Ein Drohnenfoto zeigt ein Zeltlager, umgeben von verwehten Schneehügeln in endloser Tundra, so ausgesetzt, so einsam hat man die Nomaden noch nicht gesehen. Die Völker der Arktis, heißt es in dem Buch, würden viel stärker unter den Folgen des Klimawandels leiden, denn mit ihrer traditionellen Lebensweise erlebten sie unmittelbar, wie ihr Ökosystem ins Wanken gerate. Das ist richtig, und doch nicht ganz. Dann geht es weiter zu den Samen, immerhin leben sie zwischen Bäumen, was fast gemäßigt erscheint, anschließend zu den Inuit in Grönland. Hier zeigt sich vielleicht am stärksten das Problem dieses Buches. Der Autor beschreibt die Fahrt zum Dorf Tiniteqilaaq. Vierzig Kilometer weit vom Hauptort liege es entfernt, die Inuit dort seien Selbstversorger. Es sind aber nur dreißig Kilometer, und Tinit ist so etwas wie der Sonntagsausflug für die Bewohner Tasiilaqs. Es ist an der Ostküste tatsächlich eines der am wenigsten abgelegenen Dörfer überhaupt. Man muss kein großer Abenteurer sein, um hinzugelangen. Und: Es gibt dort eine Schule, eine Krankenstation, eine Post und einen Laden. Das ist der Stolz Grönlands, auch die abgelegenen Dörfer zu versorgen. Grönländer essen lieber aufgetaute Pommes als Robbenfleisch. Tatsächlich verändert nicht erst der Klimawandel das Leben in der Arktis. Sondern der Lauf der Welt; das moderne Leben zieht nicht spurlos vorüber. Zum Glück. So liest man über die sibirischen Dolganen, ihre Kinder wollten das harte Leben nicht fortführen. Die neue Generation habe sich von den Bräuchen ihrer Vorfahren entfernt, wende sich einer Zukunft zu, die mit anderem locke als den "überwältigenden Lichtern der Tundra". Verständlich, kann man da nur sagen. Vor allem wenn man die detaillierte Beschreibung der harten Arbeit eines Mädchens liest. Frauen wollen heute eben auch in Sibirien mehr vom Leben. Schöne Lichtstimmungen reichen ihnen nicht.

Was an der Herangehensweise des Buches befremdet, ist die Unterscheidung zwischen die und wir. Man stelle sich nur den umgekehrten Fall vor: Ein Fotograf aus Grönland kommt nach Deutschland. Er hat von der starken Landflucht Mitteleuropas gehört. Also fährt er nach Mecklenburg-Vorpommern und in den Bayerischen Wald, bittet die Einheimischen, eine alte Tracht anzuziehen, und fotografiert sie vor einer Folie, die er im Gepäck hat, als "Die letzten Bauern Europas". Das zeigt (uns), wie unangebracht der Blick von außen sein kann, welch koloniale Draufsicht da durchschlägt. Kommentiert wird der Band im Anhang von Experten des französischen naturgeschichtlichen Nationalmuseums. Das liefert interessante Ergänzungen zu Fragen des Völkerrechts und zu Minderheiten. Man erinnert sich dennoch beim Durchblättern im schlechtesten Fall an Bücher wie "Die Letzten ihrer Art", in dem der Fantasy-Autor Douglas Adams gemeinsam mit einem Zoologen über aussterbende Tierarten schreibt. Und an den Bildband "Before they pass away" von Jimmy Nelson, der einunddreißig angeblich vom Aussterben bedrohte Völker fotografiert hat, was ihm den Unmut etwa der abgebildeten Yanomami zugezogen hatte. Ethnologischer Kitsch, Quatsch, Anmaßung, so lauteten die Vorwürfe.

Auch Latreille und Orsenna muss man fragen, warum sie keine Einheimischen zu Wort kommen lassen. Wären sie für höhere Abschussquoten von Eisbären, oder wäre ihnen eine flächendeckende 5G-Abdeckung wichtiger? Und wenn man doch Wissenschaftler hinzuzieht, was ungewöhnlich und gewinnbringend ist, warum hat man niemanden aus der Arktis befragt? Seit 2001 existiert die "Universität der Arktis" mit Forschungseinrichtungen von Nuuk über Kanada bis Jakutien. Der Bildband von Latreille und Orsenna ist wunderschön, er ist mit Empathie geschrieben und fotografiert. Aber es bleibt eine Betrachtung von außen und nicht auf Augenhöhe.

bär

"Die letzten Nomaden der Arktis" von Francis Latreille (Fotos) und Erik Orsenna (Text). Knesebeck Verlag, München 2019. 232 Seiten, 250 Fotos. Gebunden, 38 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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