Seit langem schreibt Rolf Neuhaus über Spanien im Reiseblatt der FAZ. Er lebt auf der Iberischen Halbinsel und hat sie kreuz und quer bereist. Jetzt hat er die vielleicht spinnerte, senti mentale Idee, sie noch einmal ganz zu umrunden. Wie würden der Immobilienboom und die Immobilienblase, die Spanien mitten in eine tiefe Krise stürzten, die Küsten verändert haben? Rund um die Halbinsel fi ndet er sie dann doch noch: die Orte, an denen allein sich ein Outdoormensch wie er wohlfühlt, die vergessenen Inselchen weit draußen im Meer, die geschützten Naturenklaven oder das Feuchtgebiet, in dem die Bauern bis heute den Reis für die spanische Paella anbauen - und er erlebt die "Letzten Tage der Wildnis". Ein wunderbar humorvolles Buch!
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2014Wilde Küste
Rolf Neuhaus paddelt und wandert
entlang der Iberischen Halbinsel
Rolf Neuhaus hat zwei Geliebte. Da ist Sabrina, die schöne Galicierin, die er auf seiner Reise rund um die Iberische Halbinsel kennenlernt. Und da ist die wilde, unberührte Natur, das „Paradies“, wie er sie oft nennt. Seine Reisegeschichte „Die letzten Tage der Wildnis“ ist eine Suche nach dieser zweiten Geliebten. Vor fast 40 Jahren hat der Historiker und Reisejournalist so eine Rundfahrt schon einmal angetreten.
Das Unternehmen ist auch eine Flucht vor der Gegenwart, die ihn, wie er sagt, überholt hat. Er schafft es allerdings, nicht in einen Früher-war-alles-besser-Sermon zu verfallen. Neuhaus fährt, radelt, wandert und paddelt unermüdlich die Küsten Spaniens und Portugals entlang, um sein eigenes Eden zu finden, eine Natur, die in seinen leidenschaftlichen Beschreibungen fast immer als eine Wildnis daherkommt. Natürlich verachtet jemand wie Neuhaus die Ferienfestungen, die die Natur zurückdrängen und die Gesichter der einzelnen Küsten einander angleichen. Nur selten jedoch schwingt ein leises Leiden durch seine Erzählung.
Neuhaus konzentriert sich auf die naturbelassenen Plätze, die noch da sind. Etwa jene, die er in der Region um das historische Tartessos findet, das der Atlantis-Forschung als heißer Kandidat für die legendäre, untergegangene Stadt gilt. Er übernachtet dort weitab der Zivilisation zwischen den Dünen und lässt sich von Platon die uralte Sage ins Ohr flüstern. Das ist wohl das Sinnbild seiner Wünsche; Neuhaus sehnt sich nach vergangenen Orten und Zeiten zurück, in denen Reisen noch abenteuerliche Entdeckungsfahrten waren und die Ursprünglichkeit noch nicht versunken war wie das mythische Atlantis.
Die Erzählung ist eine genauso melancholische wie heitere Geschichte über die letzte Wildnis eines Landes, das eigentlich längst gezähmt wurde. Durch eben diesen Charme sieht man Neuhaus einige ausschweifende Beschreibungen von Kanufahrten nach oder pathetische Passagen, in denen er mit seiner Sabrina nackt im Atlantik planscht.
KATHARINA WILHELM
Rolf Neuhaus : Die letzten Tage der Wildnis. Eine Reise um die Iberische Halbinsel. DuMont Reiseverlag, Ostfildern 2014. 320 Seiten, 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Rolf Neuhaus paddelt und wandert
entlang der Iberischen Halbinsel
Rolf Neuhaus hat zwei Geliebte. Da ist Sabrina, die schöne Galicierin, die er auf seiner Reise rund um die Iberische Halbinsel kennenlernt. Und da ist die wilde, unberührte Natur, das „Paradies“, wie er sie oft nennt. Seine Reisegeschichte „Die letzten Tage der Wildnis“ ist eine Suche nach dieser zweiten Geliebten. Vor fast 40 Jahren hat der Historiker und Reisejournalist so eine Rundfahrt schon einmal angetreten.
Das Unternehmen ist auch eine Flucht vor der Gegenwart, die ihn, wie er sagt, überholt hat. Er schafft es allerdings, nicht in einen Früher-war-alles-besser-Sermon zu verfallen. Neuhaus fährt, radelt, wandert und paddelt unermüdlich die Küsten Spaniens und Portugals entlang, um sein eigenes Eden zu finden, eine Natur, die in seinen leidenschaftlichen Beschreibungen fast immer als eine Wildnis daherkommt. Natürlich verachtet jemand wie Neuhaus die Ferienfestungen, die die Natur zurückdrängen und die Gesichter der einzelnen Küsten einander angleichen. Nur selten jedoch schwingt ein leises Leiden durch seine Erzählung.
Neuhaus konzentriert sich auf die naturbelassenen Plätze, die noch da sind. Etwa jene, die er in der Region um das historische Tartessos findet, das der Atlantis-Forschung als heißer Kandidat für die legendäre, untergegangene Stadt gilt. Er übernachtet dort weitab der Zivilisation zwischen den Dünen und lässt sich von Platon die uralte Sage ins Ohr flüstern. Das ist wohl das Sinnbild seiner Wünsche; Neuhaus sehnt sich nach vergangenen Orten und Zeiten zurück, in denen Reisen noch abenteuerliche Entdeckungsfahrten waren und die Ursprünglichkeit noch nicht versunken war wie das mythische Atlantis.
Die Erzählung ist eine genauso melancholische wie heitere Geschichte über die letzte Wildnis eines Landes, das eigentlich längst gezähmt wurde. Durch eben diesen Charme sieht man Neuhaus einige ausschweifende Beschreibungen von Kanufahrten nach oder pathetische Passagen, in denen er mit seiner Sabrina nackt im Atlantik planscht.
KATHARINA WILHELM
Rolf Neuhaus : Die letzten Tage der Wildnis. Eine Reise um die Iberische Halbinsel. DuMont Reiseverlag, Ostfildern 2014. 320 Seiten, 14,99 Euro.
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"...Die Erzählung ist eine genauso melancholische wie heitere Geschichte über die letzte Wildnis eines Landes, das eigentlich längst gezähmt wurde..."
(Süddeutsche Zeitung)
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