"Manchmal glaube ich, wir sind keine Familie, sondern ein biologisches Experiment." (Al Bundy)
Als die 84-jährige Dorothy Bliss stirbt, hat Tochter Anna die Aufgabe, das Testament und einen dazugehörigen Brief ihrer Mutter zu vernichten, ohne ihre Geschwister Miriam, Clare und Sebastian über den
Inhalt zu informieren, der Anna allerdings bekannt ist und ein explosives Geheimnis in sich birgt.…mehr"Manchmal glaube ich, wir sind keine Familie, sondern ein biologisches Experiment." (Al Bundy)
Als die 84-jährige Dorothy Bliss stirbt, hat Tochter Anna die Aufgabe, das Testament und einen dazugehörigen Brief ihrer Mutter zu vernichten, ohne ihre Geschwister Miriam, Clare und Sebastian über den Inhalt zu informieren, der Anna allerdings bekannt ist und ein explosives Geheimnis in sich birgt. Doch Anna hadert und weiß nicht, ob sie den Wunsch der Mutter so ohne weiteres erfüllen kann. Ihr Gewissen macht sich bemerkbar, denn schuldet sie ihren Geschwistern nicht Ehrlichkeit und Offenheit? Was wird das Geheimnis, einmal offenbart, mit ihnen allen machen? Wird sich ihr Verhältnis untereinander ändern?
Imogen Clark hat mit „Die letzten Worte von Dir“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Familienroman vorgelegt, der eine Situation beschreibt, wie sie wohl in vielen Großfamilien denkbar ist. Der flüssige und eingängige Schreibstil gepaart mit wechselnden Perspektiven lässt die Seiten am Leser vorbeiziehen, während er Einblick in die unterschiedlichsten Sichtweisen erhält und auch in der Zeit zurückwandern darf. Die Autorin lässt ihre Handlung durch Dorothy, Anna, Miriam, Clare und Sebastian erzählen, wobei Dorothys Part mit ihrem Leben in den 60er Jahren beginnt. Damals war es noch an der Tagesordnung, dass die Ehefrau allein für die Kinder verantwortlich war. Auch hier rührt Ehemann Frank keinen Finger, während Dorothy die Familie zusammenhält und sich um alles kümmert. Dabei verliert sie sich mehr und mehr, fühlt sich überlastet und überfordert, sucht Ablenkung bei einem anderen Mann. Als nach 3 Töchtern ein Sohn als Nachzügler dazu kommt, wird die älteste Schwester Miriam dazu verdonnert, ihre eigenen Zukunftsträume aufzugeben, um die Mutter zu entlasten. Allein das birgt schon böses Blut, denn wie kann man von seinem eigenen Kind verlangen, die Aufgaben der Erwachsenen zu übernehmen? Andererseits ist es in einer Familie ein Geben und Nehmen, alles sollte Hand in Hand gehen. Die Autorin hat ihr Geheimnis gut verpackt und ruft beim Leser während der Lektüre so einige Fragen hervor, die sich wohl insgeheim viele Geschwister stellen und die das Konkurrenzdenken untereinander schürt.
Die Charaktere sind differenziert ausgestaltet und sind lebendig sowie glaubwürdig inszeniert. Dem Leser wird Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gewährt, so dass er seine Sympathien gerecht verteilen und ihre Handlungen nachvollziehen kann. Dorothy muss in ihrem Eheleben feststellen, dass alle Hauptaufgaben die Familie betreffend an ihr hängen. Sie kümmert sich nicht nur um vier Kinder, sondern muss sich auch mit einem eher gleichgültig wirkenden Ehemann herumschlagen. All das überfordert sie, aber sie hat auch das Gefühl, sich selbst zu verlieren. Miriam ist verantwortungsbewusst und folgsam, dafür verzichtet sie auf ihre Träume. Anna ist die Strebsame und Nette, die allerdings völlig allein dasteht. Clare ist die Rebellin, die gegen alles und jeden ist, macht, wonach ihr der Kopf steht, und am Ende kaum etwas auf die Reihe bekommt. Sebastian ist das Sensibelchen, der von allen als Jüngster gepämpert wurde und nun mit Dingen konfrontiert wird, die ihm den Boden unter den Füssen wegziehen.
„Die letzten Worte von Dir“ ist ein kurzweiliger Roman über eine Familie und ein Geheimnis, dessen Offenbarung für einiges an Verwirrung sorgt. Für zwischendurch ganz nett.