Der derzeit beste Libellen-Bestimmungsführer: Fehlbestimmung ausgeschlossen
„Die Libellen Deutschlands“ ist eines der wenigen deutschsprachigen Bestimmungsbücher zu dieser Ordnung und es zeichnet sich durch einen sehr praxisbezogenen Ansatz aus. Ein Alleinstellungsmerkmal ist die umfangreiche
Berücksichtigung von Farbvarianten, die bei Libellen zum einen genetisch bedingt sind, aber auch im…mehrDer derzeit beste Libellen-Bestimmungsführer: Fehlbestimmung ausgeschlossen
„Die Libellen Deutschlands“ ist eines der wenigen deutschsprachigen Bestimmungsbücher zu dieser Ordnung und es zeichnet sich durch einen sehr praxisbezogenen Ansatz aus. Ein Alleinstellungsmerkmal ist die umfangreiche Berücksichtigung von Farbvarianten, die bei Libellen zum einen genetisch bedingt sind, aber auch im Lauf des Alters natürlich auftreten. Die wissenschaftliche Bestimmungsliteratur stützt sich auf ein komplexes Fachvokabular, das sich Laien nicht einfach erschließt (und damit zu Fehlbestimmungen beiträgt), eine reine Bestimmung aufgrund von Farbmerkmalen wäre aber ebenso fehlerbehaftet. Die Autoren wählen daher einen Mittelweg und verzichten dabei bewusst auf Zeichnungen, anders als die „Konkurrenzpublikationen“. Sowohl der Bestimmungsschlüssel als auch die Artensteckbriefe basieren fast ausschließlich auf Lebendfotos, die in Ausschnittsvergrößerungen alle charakteristischen Merkmale zeigen. Der Anwender hat so auch die Möglichkeit, anhand von eigenen Fotos sämtliche Arten sicher zu bestimmen. Ein Irrtum ist nahezu ausgeschlossen.
Nach einer kurzen Einleitung zur Biologie und Ökologie der Libellen und einem Kapitel mit praktischen Fotografiertipps folgt ein ausgezeichnet illustrierter, dichotomer (ja/nein-Entscheidungen) Bestimmungsschlüssel, der bis auf Artenebene auflöst. Es sind alle 82 in Deutschland in der Natur nachgewiesenen Arten berücksichtigt, was alle Arten Großbritanniens, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und Polens einschließt. In Österreich und Osteuropa kommen noch einige Arten hinzu, aber der Großteil ist auch hier abgedeckt.
Die Steckbriefe beginnen mit einer weitgehend auf Fachsprache verzichtenden Beschreibung der äußeren Merkmale. Unumgängliche Fachbegriffe werden sowohl in der Einleitung zum Bestimmungsschlüssel illustriert als auch noch einmal textlich im Glossar erklärt. Ein Fokus liegt auf Verwechslungsarten, die detailliert besprochen werden und auf der auch die Auswahl der Fotos und Vergrößerungen im Steckbrief basiert. Die Struktur ist sehr durchdacht und praxisnah. Die weiteren Abschnitte behandeln das arttypische Verhalten, die Verbreitung und den Lebensraum. Ein übersichtlicher Schlupf- und Flugkalender visualisiert das Gesagte noch einmal. Zu jeder Art gibt es eine Übersichtskarte mit den eingezeichneten Bundesländern, allerdings wird der Farbcode nirgendwo erklärt. Der Autor hat mir auf Nachfrage erläutert, dass blau die 2015 besiedelten Regionen darstellt, orange frühere Vorkommen ohne aktuelle Nachweise, sowie prinzipiell ökologisch/klimatisch geeignete Regionen bedeutet und weiß zur Besiedlung ungeeignete Regionen markiert. Verbreitungskarten, die auch einen zeitlichen Nachweisverlauf erfassen, findet man in Brockhaus et al. (Zeitschrift der Gesellschaft deutschsprachiger Odantologen, 2015, Supplement 14) oder in den regional publizierten Verbreitungsatlanten von Mecklenburg-Vorpommern, Bayern oder Baden-Württemberg.
Dem Buch merkt man die lange Erfahrung der Autoren im Bestimmen von Libellen an. Sie nähern sich dem Thema vor allem mit dem Gedanken, dass Leser Fehler machen und welche Bestimmungsmerkmale in diesen Fällen besonders hilfreich sind. Anders als in wissenschaftlichen Schlüsseln, die zwar auch „richtig“ sind, aber sich oft in unwesentlichen Details verlieren, konzentrieren sich Michael Frank und Angela Bruens auf die wirklich wesentlichen Informationen, die sie stets in aussagekräftigen Fotos illustrieren. Ich habe es schon erwähnt, muss es aber noch einmal wiederholen: Eine Fehlbestimmung ist mit diesem, auch sehr handlichen Naturführer absolut ausgeschlossen und er übertrifft diesbezüglich bei weitem Dijkstras „Libellen Europas“, das zwar mehr Arten berücksichtigt, aber weder einen Bestimmungsschlüssel besitzt, noch die Bestimmungssicherheit bietet. Frank/Bruens ist ohne Zweifel überlegen.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)