Die schönste Liebesgeschichte der Welt
Vielleicht hat ja der Literatur-Nobelpreis von 1982 für »Hundert Jahre Einsamkeit« den Autor Gabriel García Márques zu seinem berühmten Liebesroman mit dem neugierig machenden Titel «Die Liebe in den Zeiten der Cholera» animiert. Ich habe beide Bücher
gelesen und finde den drei Jahre nach der Preisverleihung erschienenen Liebesroman mindestens ebenso…mehrDie schönste Liebesgeschichte der Welt
Vielleicht hat ja der Literatur-Nobelpreis von 1982 für »Hundert Jahre Einsamkeit« den Autor Gabriel García Márques zu seinem berühmten Liebesroman mit dem neugierig machenden Titel «Die Liebe in den Zeiten der Cholera» animiert. Ich habe beide Bücher gelesen und finde den drei Jahre nach der Preisverleihung erschienenen Liebesroman mindestens ebenso nobelpreiswürdig. Es ist ein romantischer Roman über eine Liebe, die sich über die Zeit und alle Hindernisse hinwegsetzt. Man kann ihn als eine Allegorie für den abstrakten Begriff der Liebe sehen, die nach der Lektüre rational fassbarer wird, denn es gelingt dem Autor, das Phänomen Liebe zwischen Mann und Frau mit seiner bildhaften, wunderschön klaren Sprache feinfühlig und phantasiereich zu beschreiben. Und nicht nur das, Márquez widmet sich dem Thema sehr gründlich und in allen seinen Facetten.
Da ist zunächst die unschuldige Verliebtheit der beiden Protagonisten, die zickige, unnahbare Hermina und der tollpatschige, romantische Florentino, denen die unheilvolle Statusversessenheit des Vaters, seine Hoffnung auf eine gute Partie für die Tochter, jede Chance auf eine gemeinsame Zukunft verbaut. Ebenso wird das Wachsen der Liebe in der Vernunftehe Herminas mit der ersehnten guten Partie geschildert, einem angesehenen Arzt, der sich nach der Hochzeit bei der Entjungferung als ungewöhnlich einfühlsamer, behutsamer Liebhaber erweist und nicht zuletzt damit das Herz seiner Frau gewinnt, unbeirrbar und für ein ganzes Leben lang. Geschildert werden aber auch diverse eher liebesferne Sexabenteuer des verschmähten Protagonisten Florentino, der im hohen Alter selbst vor einer ihm anvertrauten 14jährigen Verwandten nicht haltmacht. Er ist ein Macho, der seine Liebschaften wie ein Buchhalter dokumentiert, 622 an der Zahl, und dabei mag manchmal sogar Liebe im Spiel gewesen sein. Márquez erzählt vom prallen Leben in der Karibik, ohne je anstößig zu werden, aber er schreibt alles das aus einer unverkennbar männlichen Sicht. Amüsant ist es trotzdem! Sogar dass zwischen Mann und Frau auch eine reine Kameradschaft möglich ist wird glaubwürdig erzählt, eine Farbige erweist sich als Glücksfall für die Firma des Onkels von Florentino und wird zur echten Freundin, die er aufrichtig liebt, ganz ohne Sex. Und schließlich wird das heikle Thema der Altersliebe einschließlich sexueller Erfüllung sehr subtil erzählt, wenn sich die Protagonisten endlich näher kommen, sich mit faltigen Händen berühren, sich an ihren verwelkten Körpern laben, ohne dass es peinlich wird für den Leser.
Florentinos Liebe grenzt an Obsession, ob da nun von wahrer Liebe erzählt wird oder von einer psychischen Störung, das sei dahingestellt. Máquez erreicht durch Rückblenden, durch eine sehr geschickt aufgebaute, nicht chronologisch erzählte Handlung eine Spannung, die den Leser bis zur letzten Seite gefangen hält. Auf dem Weg dorthin erfährt man viel über das Leben im postkolonialen Kolumbien, wird mit genüsslich erzählten Begebenheiten unterhalten und mit vielen Personen konfrontiert, die einem schnell sympathisch werden wie der Fotograf am Anfang oder der Kapitän am Schluss des Romans, um nur zwei zu nennen. Und der Kapitän ist es dann auch, der die Cholerafahne aufzieht als Metapher für eine Liebe, die der Welt total entrückt ist.