Die Geschichte der palästinensischen Linken beginnt im britischen Mandatsgebiet Palästina und war zunächst eng mit der jüdischen Linken verbunden. Nach der Unabhängigkeit Israels 1948 und der Flucht vieler arabischer Palästinenser:innen hatten palästinensische Linke aber einen anderen Bezugsrahmen: das Westjordanland und Gaza, sowie die palästinensische Diaspora. Während die neue Palästinensische Kommunistische Partei in den ab 1967 israelisch besetzten Gebieten aktiv war, organisierten sich in der Diaspora linksnationalistische bewaffnete Befreiungsbewegungen wie die Volksfront und die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas. Die meisten dieser Gruppierungen stellten sich in den 1990er-Jahren gegen den Oslo-Friedensprozess.Die Marginalisierung der palästinensischen Linken, die Kritik an der korrupten Führung der Fatah und die Zusammenarbeit mit Islamisten mündeten in eine Kooperation mit der Hamas, die schließlich in einer Beteiligung einiger linker Organisationen am Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 endete. Thomas Schmidinger gibt einen Überblick über diese Entwicklung und diskutiert die Frage, was es unter den Bedingungen der israelischen Besatzung bedeutet, als Palästinenser:in links zu sein.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Gut informiert fühlt sich Rezensentin Anne Françoise Weber von Thomas Schmidingers Buch über die Geschichte linker Bewegungen in Palästina. Das Buch setzt bereits 1920 ein, erfahren wir, vor allem jüdische Einwanderer engagieren sich zunächst in linken politischen Organisationen, später hat die Linke in Palästina vor allem in den 1960er und 1970er Jahren Einfluss aufs politische Geschehen, unter anderem in Gestalt von Intellektuellen wie Ghassan Kanafani und Edward Said. Das ändert sich, so Weber mit Schmidinger, als der Kampf gegen Israel alles zu dominieren und andere Kämpfe in den Hintergrund zu drängen beginnt. Die Hamas dominiert ab sofort das Geschehen, fährt Webers Zusammenfassung fort, in der Zweiten Intifada kämpfen dann linke Gruppen an der Seite der Islamisten und auch an den Massakern des 7. Oktober sind sie beteiligt. Insgesamt eine lehrreiche, aber deprimierende Lektüre, fast Weber zusammen: eine "Geschichte der Niederlagen".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH