Vor mehr als einem Jahrhundert erschien die letzte vollständige Übertragung der "Lusiaden", dieses berühmtesten und bedeutendsten Werks der portugiesischen Literatur, ins Deutsche. Seit der 500. Wiederkehr der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama, den Luís de Camões besingt, liegt dem deutschsprachigen Publikum eine moderne Gesamtübersetzung dieses großen Epos vor. Camões, der die "Lusiaden" Mitte des 16. Jahrhunderts verfasste, erzählt hier nicht nur die Entdeckungs- und Eroberungsfahrten da Gammas, sondern die ganze portugiesische Geschichte als die Historie eines heldenhaften Volkes: Dabei stehen ergreifende Szenen wie der brutale Mord an Inês de Castro, der heimlichen Geliebten des Infanten Peter, neben belustigenden Schilderungen wie der Landung der Seefahrer auf einer paradiesischen Liebesinsel inmitten des Indischen Ozeans. Die kunstvolle Verschränkung von historischer Wahrheit, Mythologie und Dichtung erhebt die "Lusiaden" in den Rang der großen Epen derWeltliteratur - der "Ilias", der "Odyssee" und der "Aeneis", die Camões als Vorbilder dienten. Indem der Dichter das Wirken eines ganzen Volkes preist, mag es kaum, verwundern, dass den so Besungenen dieses Epos als Fundament ihres Nationalgefühls gilt: Bis heute sind die "Lusiaden" das grundlegende Bildungserlebnis, mit dem sich auch Autoren der portugiesischen Gegenwartsliteratur wie José Saramago und António Lobo Antunes beschäftigt haben.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
In einer kenntnisreichen und etwas sehr weitschweifigen Besprechung widmet sich Hanno Zinckgraf mehr dem Leben und der überragenden Bedeutung des Autors für die portugiesische Literatur seit dem 17.Jahrhundert als der hier vorgelegten Neuübersetzung. Zu ihr merkt er immerhin an, dass sie zwar gewiss von den frühen Übersetzungen (Schlegel und Fichte) durch Vergleich profitieren konnte. Dass der Übersetzer Hans Joachim Schaeffer aber vor allem die Distanz von mehreren Jahrhunderten genutzt hat, um eine Frische herzustellen, die sich weniger dem Pathos, d.h. dem Epischen des portugiesischen Nationaldichters verdankt als den lyrischen und dabei dennoch sprachlich präzisen Passagen des Textes. Besonders die "Schilderung der erotischen Freuden" in den Lusiaden, so Zinckgraf, machen Stellenwert und Lesbarkeit der "leichtfüßig-ungekünstelten" Neuübersetzung von Schaeffer deutlich. Diese gelungene Verschiebung vom Epischen zum Lyrischen zeigt auf, dass der Autor, "wo er die Zügel seines epischen Großprojekts ein wenig lockerte (...), seiner lyrischen Berufung am meisten die Treue" hielt, meint der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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