Wenn die kleine Welt im Kopf plötzlich lebensgroß wird - phantastische, sehr originelle Geschichte
Flo ist zwölf und ziemlich klein und schmächtig für sein Alter. Wenn es im echten Leben mal nicht so läuft, schleicht er sich heimlich auf den Dachboden zu Papas Modelleisenbahnwelt, der „kleinen
Freiheit“, und denkt sich die wildesten Szenarien aus. Als er im alten Chevy, dem Oldtimer der…mehrWenn die kleine Welt im Kopf plötzlich lebensgroß wird - phantastische, sehr originelle Geschichte
Flo ist zwölf und ziemlich klein und schmächtig für sein Alter. Wenn es im echten Leben mal nicht so läuft, schleicht er sich heimlich auf den Dachboden zu Papas Modelleisenbahnwelt, der „kleinen Freiheit“, und denkt sich die wildesten Szenarien aus. Als er im alten Chevy, dem Oldtimer der Familie, eine kleine Auszeit nimmt, passiert es. Flo übertritt eine magische Schwelle. Plötzlich findet er sich in seiner eigenen Traummodelleisenbahnwelt wieder. Flo erkennt bald, dass er bestimmen kann, was in seiner Welt „Miniput“ alles passiert. Natürlich lässt Flo es sich nicht nehmen, die Fäden in der Hand zu behalten und ein wenig Gott zu spielen. Doch bald schon wird es gefährlich und Realität und Fantasie drohen sich immer mehr zu vermischen. Ob Flo da die Orientierung behält?
Autor Kai Pannen schreibt gut verständlich. Anfangs wirkte der Sprachstil auf uns etwas steif und altmodisch, doch nach ein paar Seiten hatten meine Mitleser und ich uns an die individuelle Sprache gewöhnt. Das Cover zeigt Figuren und Gegenstände älterer Modelleisenbahnenanlagen, erscheint ein wenig „retro“ und macht sehr neugierig. Am Anfang eines jeden Kapitels „laufen“ Gleise durch die Seiten und es ist jeweils ein Element aus der „Kleinen Freiheit“ dargestellt, zum Beispiel ein Haus oder eine Kuh. Das Buch ist zum Selberlesen für Kinder ab neun Jahren geeignet, jüngere Kinder dürften teilweise noch Schwierigkeiten mit der Überschneidung von Vorstellung und Wirklichkeit haben und werden daher die Handlung nicht vollständig erfassen können.
Flo ist nicht besonders beliebt, wenig sportlich, eher ein „Hänfling“ und nur ein durchschnittlicher Schüler. Er spielt mäßig Klavier, liest gerne und flüchtet sich immer wieder in seine besonderen Phantasien, um abzuschalten. Mit ihm können sich so manche Leserinnen und Leser sicher gut identifizieren. Als kleiner Bruder einer großen Schwester hat es Flo nicht leicht, er muss sich immer wieder die Sticheleien seiner Schwestern Heidi gefallen lassen.
Die Figuren in Miniput sind natürlich ganz besondere Figuren. Manche verhalten sich, wie Flo das bestimmt und andere verselbstständigen sich zu Flos Leidwesen. Und dann gibt es auch noch Personen, die Flo seltsam bekannt vorkommen. Eine überaus interessante und gelungene Figurenkonstellation.
Wie wäre es, wenn man sich eine Parallelwelt konstruieren könnte, um darin selbst erdachte Abenteuer hautnah am eigenen Leib zu erleben? Was für eine originelle, spannende und wirklich faszinierende Vorstellung!
Extrem kreativ und aufregend, was Flo sich ausdenkt und wie er plötzlich alles doch nicht mehr so unter Kontrolle hat, wie er das eigentlich geplant hatte. Gut gefallen haben uns auch die Anspielungen auf Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“, das Flo im Deutschunterricht für die Schule lesen muss. Meine Mitleser im Alter von sechs bis zehn Jahren waren von Flos spezieller Geschichte begeistert, schwelgten nach der Lektüre selbst in ihren eigenen Vorstellungswelten. Dieses Buch motiviert und regt zweifelsohne die Phantasie auf besondere Weise an. Kai Pannen hat mit „Die magische Schwelle“ ein sehr ungewöhnliches, aber absolut lesenswertes Kinderbuch geschrieben, das uns immer wieder überrascht hat, für einige Verwirrung und viel Nachdenken gesorgt hat und uns vor allem ganz prima unterhalten hat. Wir können Lesern mit Sinn für Phantasie nur wärmstens empfehlen, mit Flo die Reise nach Miniput anzutreten.