Wenn Traum und Wirklichkeit verschwimmen - dramatische, sehr phantasievolle Traumgeschichte
„Das Leben in uns drin ist genauso real wie alles andere, Traum-Junge. Vielleicht sogar noch realer.“
Bei einer Mutprobe auf einem fremden Grundstück lässt der elfjährige Malcom Bell zwei merkwürdige
Gegenstände mitgehen: Trauminatoren. Mit ihrer Hilfe kann man seine Träume kontrollieren, Klar- oder…mehrWenn Traum und Wirklichkeit verschwimmen - dramatische, sehr phantasievolle Traumgeschichte
„Das Leben in uns drin ist genauso real wie alles andere, Traum-Junge. Vielleicht sogar noch realer.“
Bei einer Mutprobe auf einem fremden Grundstück lässt der elfjährige Malcom Bell zwei merkwürdige Gegenstände mitgehen: Trauminatoren. Mit ihrer Hilfe kann man seine Träume kontrollieren, Klar- oder Wachträume träumen, so verspricht es zumindest die Verpackung. Malcolm und sein kleiner Bruder Sebastian wagen den Versuch und wirklich: Sie erleben gemeinsam erstaunliche Träume, bestimmen, was im Traum passiert, träumen immer wildere, gefährliche Abenteuer. Sebastian kann von den besonderen Träumen einfach nicht genug bekommen. Doch eines Morgens passiert etwas Schreckliches. Sebastian steckt in einem Traum fest und lässt sich nicht mehr wecken. Nur Malcolm kann seinen Bruder retten. Doch ihm bleibt nicht mehr viel Zeit…
Ross Welford schreibt abwechslungsreich, klar und gut verständlich aus Malcoms Sicht in der ersten Person im Präsens. Er wendet sich manchmal an seine Leser, spricht diese dann direkt an. Meist schildert er, was aktuell passiert, erzählt in verschiedenen Rückblenden aber auch von der Vergangenheit und erklärt, wie es zur jetzigen Situation kam. Anfangs verliert man ob der Zeitsprünge als junger Leser möglicherweise einmal die Orientierung, doch das gibt sich im Verlauf recht schnell wieder und gestaltet die Handlung umso geheimnisvoller.
Vor allem Susan und ihre Oma finden oft schöne Worte wie: „Wir glauben nicht an Gott. Oder zumindest nicht an den Gott.“ (…) „Aber wir glauben an Gebete und daran, dass der Wind die Gebete für Hoffnung und Mitgefühl in jeden Winkel der Welt trägt.“
Für jüngere Kinder könnten die wilden Traumsequenzen durchaus etwas verwirrend sein, das Buch ist daher erst geeignet für Kinder ab 11 Jahren.
Malcom, dessen Eltern geschieden sind, hat es nicht leicht. Er hat einen Hang, immer wieder in Schwierigkeiten zu geraten, ohne dass er etwas dafür kann, zieht Probleme magisch an. Die Trauminatoren bringen noch mehr in seinem ohnehin schon komplizierten Leben durcheinander. Mit seinem quirligen, aufgeweckte Bruder Seb hat Malcom alle Hände voll zu tun.
Als Malcolm Susan kennenlernt, kann er diese zunächst überhaupt nicht leiden, gibt sie sich doch stets so kontrolliert und strebsam. Doch dann zeigt Susan, was wirklich in ihr steckt. Susans Großmutter Mola, die manchmal ein wenig verrückt, manchmal aber auch ziemlich weise und wissend wirkt, ist schwer einzuschätzen. Sie ist eine interessante Schlüsselfigur, die für Überraschungen sorgt und mitunter ziemlich kryptische Ratschläge auf Lager hat wie: „Die Stille ist nämlich nicht leer, Malky. Sie ist voller Antworten.“
Ebenso etwas unberechenbar, der alte Mr. McKinley, der in seiner Vergangenheit zu leben scheint. Die Figurenkonstellation ist insgesamt spannend und vielfältig, birgt viel Potential.
Eine sehr aufregende und nervenaufreibende Vorstellung, in den eigenen Träumen gefangen zu sein. Malcom, der so gerne seine Träume kontrollieren möchte, verliert plötzlich in der Wirklichkeit die Kontrolle. Für ihn verschwimmen die Grenzen zwischen Traum und Realität.
Mola rät Malcom: „Geh ans Äußerste deines Traums und darüber hinaus.“ Und das tut er, seine Träumen entwickeln sich ziemlich extrem, werden nicht nur für Malky selbst, sondern auch für die Leser zur Herausforderung. Manchmal lesen sich die Erlebnisse im Traum ganz schön verworren und schräg und sind für Kinder doch schwer zu durchblicken.
Ross Welford hat mit „Die magischen Träume des Malcolm Bell“ ein sehr phantasievolles, aufregendes Buch über Freundschaft, Zusammenhalt, Geschwisterliebe, Kontrolle, Träume und das Loslassen geschrieben. Er scheut sich nicht, auch ernst Probleme anzusprechen, konfrontiert seine Leserschaft mit Scheidung, Depression und Tod. Das alles wird zwar altersgemäß erzählt, ist aber zwischendurch ziemlich harter Tobak und nichts für schwache Nerven, auch wenn das Ende wiederum sehr glücklich und versöhnlich ist.
Trotz der manchmal ein wenig komplizierten, übertriebenen Traumsequenzen insgesamt ein fesselndes, lesenswertes, ideenreiches Buch mit viel Einfühlungsvermögen.