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Von der Altartreppe zur Showbühne - das andere Leben der TV-Stars Beliebte Promis: Anne Will, Günther Jauch, Alfred Biolek u. a. 500.000 aktive Ministrantinnen und Ministranten derzeit im deutschsprachigen Raum. Millionen Ehemalige!
Ob Günther Jauch, Thomas Gottschalk oder Jürgen von der Lippe. Ob Frank Elstner, Alfred Biolek oder Anne Will. Sie alle standen schon als Kinder ganz vorne. Von Weihrauch umwölkt, herausgehoben aus der Gemeinde und ihren Altersgenossen durch feierliche Gewänder, durch besondere ritualisierte Formen, durch ihre besondere Rolle: Sie waren Messdiener. Heute gehen…mehr

Produktbeschreibung
Von der Altartreppe zur Showbühne - das andere Leben der TV-Stars
Beliebte Promis: Anne Will, Günther Jauch, Alfred Biolek u. a.
500.000 aktive Ministrantinnen und Ministranten derzeit im deutschsprachigen Raum. Millionen Ehemalige!

Ob Günther Jauch, Thomas Gottschalk oder Jürgen von der Lippe. Ob Frank Elstner, Alfred Biolek oder Anne Will. Sie alle standen schon als Kinder ganz vorne. Von Weihrauch umwölkt, herausgehoben aus der Gemeinde und ihren Altersgenossen durch feierliche Gewänder, durch besondere ritualisierte Formen, durch ihre besondere Rolle: Sie waren Messdiener. Heute gehen sie nicht mehr die Altarstufen hinauf, sie schreiten die Show-Treppen herunter - und sind wieder ganz vorne dabei. Das kann kein Zufall sein. Was ist geblieben von dieser Kindheit? Von den Werten, die damals galten?
Markus Schächter, selbst ehemaliger Ministrant und lange Jahre ZDF-Intendant, bringt die Stars der Branche zum Erzählen und beleuchtet Zusammenhänge, die über eine bloße biografische Spur hinaus aufschlussreich für das Verständnis unserer Mediengesellschaft sind. Ein spannendes, persönliches, farbiges Buch. Voll hintergründiger Einsichten und unerwarteter Geschichten.
Autorenporträt
Markus Schächter, Journalist und Medienmanager, Professor, war bis 2012 Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens. Herausgeber u. a. von "Was kommt. Was geht. Was bleibt.". Er lehrt heute Medienethik an der Hochschule für Philosophie, München. Zahlreiche Publikationen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.09.2014

Von Jugend auf
Muss der Weg ins Showgeschäft an den Stufen eines Altars beginnen? Verhilft Weihrauch zu Fernseherfolg?
Der ehemalige ZDF-Intendant Markus Schächter hat ein Buch über Ministranten geschrieben, die es weit gebracht haben
VON HERMANN UNTERSTÖGER
Als Georg Lohmeier vor Jahr und Tag das Buch „Der mich erfreut von Jugend auf“ herausbrachte, gab es noch viele Leute, die das den Titel bildende Zitat nicht nur zuordnen, sondern auch dessen lateinische Urform aufsagen konnten. Es handelt sich um den Beginn des die Messe einleitenden Stufengebets. Der Priester sagt: „Zum Altare Gottes will ich treten“, worauf die Ministranten antworten: „Zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf – Ad Deum, qui laetificat juventutem meam.“
  Es war der Stolz jedes Ministranten, diese und andere Stellen des Messtextes fehlerfrei und mit zeitsparender Geläufigkeit zu deklamieren, und ebenso brennend war sein Ehrgeiz, die der Liturgie eigene Choreografie zu beherrschen. Banal gesagt wollte kein Messdiener auf den Saum seines Ministrantenrocks treten oder gar mit dem Messbuch samt Pult die Altarstufen hinunterstürzen. Wer dem Ritual in Wort und Gestik gewachsen war, sah sich dem Himmel vergleichsweise nahe, und wenn ihm das zudem das Wohlwollen des Pfarrers und der Gemeinde sicherte, stand es schon dafür, den Morgenschlaf zugunsten dieses Dienstes zu opfern.
  Nun gibt es freilich im Leben fast jedes Menschen Brüche. So kann es auch nach kerzengeraden Ministrantenjahren ziemlich krumm weitergehen, wie man an Hitler sieht, der sich als Ministrant im Stift Lambach „oft und oft am feierlichen Prunke der äußerst glanzvollen kirchlichen Feste“ berauschte und dann doch vom rechten Weg abkam. Generell aber scheint der Dienst am Altar keine schlechte Vorbereitung fürs Leben zu sein, und wie sich das auf einem sehr speziellen Feld auswirkt, ist in Markus Schächters Buch „Die Messdiener – Von den Altarstufen zur Showbühne“ nachzulesen. Schächter war, sollte das jemand vergessen haben, Intendant des ZDF, hat also beste Verbindungen zu Leuten, deren Prägung durch den frühen Kirchendienst seiner Ansicht nach bedeutsam oder jedenfalls nicht ganz unwichtig für ihre späteren Karrieren war.
  Wie bei einem Autor wie Schächter zu erwarten, befragt und beschreibt er nicht die schrägen und schrillen Vögel der Branche. Das Inhaltsverzeichnis liest sich vielmehr wie eine Art Gotha des Show-Adels. Das geht von Reinhold Beckmann und Alfred Biolek über Thomas Gottschalk und Günther Jauch bis hin zu Markus Lanz, Jürgen von der Lippe und Anne Will, die allerdings keine Ministrantin werden durfte, weil ihr Pfarrer der Meinung war, Mädchen hätten am Altar nichts verloren. Das hinderte sie nicht, eine insofern sehr scharfe katholische Existenz zu führen, als sie zusammen mit dem religionskritischen Denker Ludwig Feuerbach die Grenzen ihrer Konfession besichtigte und prüfte.
  Natürlich gibt es keine haltbare soziologische These, wonach der Weg ins Showgeschäft, soll er denn erfolgreich sein, an den Stufen des Altars beginnen müsste. Indessen hat die eine Sphäre mit der anderen mehr zu schaffen, als man prima vista annehmen möchte. Der katholischen Liturgie, insbesondere der vor dem Zweiten Vatikanum geübten und von vielen bis heute schmerzlich entbehrten, hat man es ja immer schon bestätigt oder, je nachdem, hämisch nachgesagt, dass sie in Sachen Show und Glamour die Nase seit Jahrhunderten im Wind habe. Und in der Tat herrscht bei Pontifikalämtern ein Schreiten, Drehen und Verneigen, ein Räuchern und Orgeln, ein Deklamieren und Psalmodieren, dass einem ganz anders wird und man sich eigentlich nur noch fragt, ob und wann das Fernsehballett oder die Mainzelmännchen feierlich in die Kirche einziehen.
  Wie es aussieht, gewinnen junge Leute, die schon am Altar reüssieren, dabei sehr viel Sicherheit und vor allem jenes Selbstbewusstsein, das es ihnen später erlaubt, in den flimmernden Kulissen der Fernsehshows souverän herumzulaufen und mit den Gästen zu scherzen, als hätten sie den Kaplan oder Mesner vor sich. Das Kapitel über Thomas Gottschalk legt diese Zusammenhänge exemplarisch offen, wobei Gottschalks fromme Statements Schächter hin und wieder derart überwältigen, dass er vom Biografen fast zum Hagiografen wird. „Ein echtes Vorbild!“, bricht es dann aus ihm heraus, und man denkt bei sich: Ist ja gut, Schächter, passt schon.
Markus Schächter: Die Messdiener. Von den Altarstufen zur Showbühne. Erfahrungen der Showstars von Günther Jauch bis Matthias Opdenhövel; Herder Verlag, Freiburg 2014, 239 Seiten, 18,99 Euro.
Man fragt sich, wann das
TV-Ballett in die Kirche einzieht
Gelernt ist gelernt: Thomas Gottschalk schwenkt 2006 bei Wetten, dass . . ? ein Weihrauchfass, wie früher als Messdiener in Kulmbach.
Foto: dpa
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.09.2014

So verbeugt sich nur ein Messdiener

Gottschalk, Jauch, Elstner, Raab und viele andere: Zahlreiche Showgrößen sind in ihrer Kindheit Ministranten gewesen. Der frühere Chef des ZDF versucht nun zu ergründen, ob das ein Zufall oder göttliche Fügung ist.

Von Jörg Thomann

Das ist doch mal eine gute Idee, um sich während der sonntäglichen Messe die Zeit zu vertreiben. Wenn sich die Predigt des Priesters mal wieder arg in die Länge zieht, könnte man sich der Reihe nach alle Ministranten anschauen und überlegen, welchem von ihnen die ganz große Karriere bevorstehen mag. Dem Kleinen ganz links, der den Leuchter hält? Der Kreuzträgerin mit den Zöpfen? Oder doch dem Schlaks, der so lässig das Rauchfass schwang? Man sollte sich ihre Gesichter gut merken, denn eines Tages könnte man sie im Fernsehen wiedersehen. Und zwar gar nicht unbedingt beim "Wort zum Sonntag", sondern in einer Unterhaltungssendung.

Wenn man nämlich einem neuen Buch Glauben schenkt, dann ist unsere Showbranche in weiten Teilen unterwandert worden. Nicht von Freimaurern oder ähnlichem, sondern von ehemaligen Messdienern. Unter den 25 bis 30 größten Showmastern der jüngeren Zeit, schreibt Markus Schächter in seinem Buch "Die Messdiener", sagten "gut 15" von sich, dass sie einst Ministranten waren. Auf der beeindruckenden Liste stehen Thomas Gottschalk, Günther Jauch, Stefan Raab, Jürgen von der Lippe, Alfred Biolek, Frank Elstner oder Reinhold Beckmann. Grund genug für Schächter, "eine besondere, bisher unbeachtete Verbindungslinie zwischen Showbiz und Messdienst" zu suchen.

Nun ist gerade der Buchautor selbst ein Beispiel dafür, dass es auch anders laufen kann, dass es einen ehemaligen Ministranten nicht auf die Bühne zieht, sondern hinter die Kulissen. Jahrelang war Schächter in leitenden Positionen beim ZDF tätig, bis März 2012 war er dessen Intendant. Immerhin half ihm seine Vita, problemlos Zugang zu seinen prominenten Gesprächspartnern zu bekommen. Und wenn auch das Phänomen des massierten Messdienerauftretens im Showgeschäft kein unbekanntes ist, so haben doch noch nie so viele seiner Vertreter freimütig über ihre Jahre im Talar gesprochen wie nun mit Markus Schächter.

"Ich nehme an, dass ich schon früh eine Vorliebe für die Musik, den Weihrauch und die Gewänder hatte", sagt Alfred Biolek. "Ich stand als Ministrant ja auch vorne, vor Publikum. Das hat mir damals schon gefallen und hat mich mein Leben lang begleitet, nur auf anderen Bühnen." Als Lektor während der Messe, so Reinhold Beckmann, sei ihm klargeworden, dass es ihm liege, "mit meiner Stimme zu arbeiten, und ich habe den Klang der Worte im Kirchenschiff sehr bewusst erlebt". Einen Messdiener und einen Moderator vereine, "dass sie Gefallen daran haben, Teil einer Show zu sein", glaubt die Kinderfernsehlegende Willi Weitzel. "Als Messdiener steht man am Altar mittendrin und lernt das, was man Timing nennt: die richtige Verbeugung, das synchrone Umdrehen mit seinem Messdienerkollegen oder das punktgenaue Klingeln, wenn der Kelch hochgeht." Als Musterbeispiel sieht Weitzel einen großen Kollegen: "Wenn sich Thomas Gottschalk vor seinem Publikum verneigt, dann merkt man, wo er das gelernt hat. So verbeugen sich nur ehemalige Messdiener."

Wenn es denn stimmt, dass einstige Ministranten ihrer Konkurrenz nicht nur den korrekten Diener, sondern auch das Gespür für Timing und den großen Auftritt voraushaben, dann verwundert es nicht, dass Elstner und Gottschalk mit "Wetten, dass..?" reüssierten, wohingegen der jugendgeweihte Wolfgang Lippert scheiterte. Beherrscht womöglich eine Klingelbeutel-Connection die Medien? Andererseits hat Markus Lanz, der die Show gerade zu Grabe tragen muss, eine der schillerndsten Ministrantenkarrieren hinter sich. "Die Kirche lag direkt neben der Skipiste", erinnert er sich an seine Kindheit, in der er morgens um sechs durch den Tiefschnee auf den Berg stapfen musste. "Oft war es so, dass wir vor der 14-Uhr-Andacht über die Skischuhe und den Skianzug noch schnell die Messdienerröcke angezogen haben."

Lanz zählt auch zu den gar nicht wenigen Porträtierten, die die Besonderheit der Messdienerkindheit herunterspielen. In seinem Tiroler Heimatdorf habe man sich eher gefragt: "Wie schafft man es, nicht Messdiener zu werden?" Ähnlich argumentiert Jürgen von der Lippe: "Jungs meiner Generation, die in katholischen Hochburgen aufwuchsen, waren einfach für eine gewisse Zeit Messdiener."

So holt sich Schächter bei seinen Bitten, den Aufstieg so vieler Ministranten zu Showmastern zu erklären, eine Abfuhr nach der anderen: "Ich weiß, dass es so ist, aber eine Erklärung habe ich nicht dafür" (Alfred Biolek), "nein, eine schlüssige Erklärung habe ich nicht" (Reinhold Beckmann), "vielleicht ist es auch purer Zufall" (Matthias Opdenhövel). Auch Günther Jauch zweifelt an der These, dass das sonntägliche Hochamt "die Urform der Show im Fernsehen" sei, räumt aber ein, die Messdienerzeit habe ihn Disziplin, Präzision und Teamfähigkeit gelehrt.

Daran gebrach es Hape Kerkeling, der einmal den Zeitpunkt fürs Glockenläuten verpasste und nach "einem lauten Lachanfall" die fromme Schar verlassen musste. Für ihn scheint viel prägender als die Zeit in der Kirche jene in der Sporthalle gewesen zu sein, namentlich "dieses Auswahlverfahren beim Völkerball. Iris Wagner, die Kleinste in der Klasse, und ich, der Unsportlichste, waren immer die Letzten, und das hat aus mir am Ende einen Komiker gemacht."

Mit einigem Recht also hätte Schächter auch ein Buch über Völkerball schreiben können. Oder über andere verbindende Erfahrungen wie das Pfadfinderwesen (Elstner, Gottschalk, Jauch und Raab waren Pfadfinder), die Theater-AG oder das Lutschen von Nogger-Stieleis. So etwas hätte dem katholisch gefärbten Herder-Verlag allerdings kaum ins Programm gepasst. Und auch abgesehen davon ist es schon die richtige Entscheidung gewesen. Etwas altväterlich und allzu affirmativ muten Schächters Porträts mitunter an, doch seine Gesprächspartner zeigen sich bemerkenswert offen. Wie Willi Weitzel, der offenbart, wie er sich als Ministrant der Übergriffe eines Priesters erwehren musste.

Locker hätte Schächter zahlreiche weitere Prominente porträtieren können, die einst den Talar trugen; Oliver Geissen, Markus Kavka, Mario Barth etwa werden gar nicht erwähnt. Sollten die Messdienergruppen wirklich eine wichtige Nachwuchsschmiede fürs Showbusiness sein, dann ist es vermutlich kein Zufall, dass mit dem von Schächter diagnostizierten Niedergang der Volkskirche eine Krise des Fernsehens einhergeht. Auch den Hohepriestern der Unterhaltung schließlich gelingt es weit weniger als früher, ihre Schäfchen vorm Bildschirm zu versammeln.

Dass die Zeit von Pomp und Pathos vorbei ist, zeigen die Moderatoren der jüngeren Generation wie Jan Böhmermann, der schon mal twittert: "Die beiden Kirchen verletzen jeden Tag meine atheistischen Gefühle, zutiefst und massiv." Und sosehr die Duelle von Joko und Klaas auch an altchristliche Rituale der Selbstkasteiung gemahnen, so wenig kann man sich beide als Messdiener vorstellen.

So liegt es vielleicht in der Hand der Mädchen, die Tradition ehemaliger Messdiener im Fernsehgeschäft zu bewahren; unter den Ministranten sind sie heute in der Überzahl. Eine ihrer Ahninnen ist Anne Will, die als einzige Frau in Schächters Buch auftaucht, obwohl sie sich nie Messdienerin nennen durfte - und die es als Sternsingerin dann doch in die Prozession schaffte. Trotz der damit erwiesenen Durchsetzungskraft hat sie ihren Talkshow-Sendeplatz am Sonntagabend vor einiger Zeit an Günther Jauch abtreten müssen. Einen ehemaligen Messdiener. Am Ende ist an der Klingelbeutel-Connection dann doch etwas dran.

Markus Schächter: "Die Messdiener. Von den Altarstufen zur Showbühne", Herder-Verlag, 192 Seiten, 18,99 Euro.

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