Dieses Buch ist das Ergebnis eines ungezügelten Interesses, einer unstillbaren Lust zur kognitiven Anspannung, was an Bizarrem auch immer dabei herauskommen mag. Interesse und Anspannung beziehen sich auf eine einzige Frage: Was kann das heißen: System als Differenz?Was ist das: System als konditionierte Koproduktion? Wie hat man dieses Phänomen, dieses Nicht-Objekt, diesen Unzustand, der durch das Wort Differenz bezeichnet ist, beobachtet, bevor ein Begriff dafür zur Verfügung stand, der im übrigens noch gar kein Begriff, sondern nur ein Name für etwa Unaufgeklärtes ist? Und wären wie immer vorläufige Antworten darauf nicht zusammengeschlossen mit dem, was in einem eigentlichen Sinne Methexis, Partizipation, Teilnahme heißen könnte? Unio mystica gar, wenn man auf 'heißere' Anschlussmöglichkeiten aus wäre?Alle Studien dieses Buches widmen sich dieser Frage, und es sind vorbereitende - oder vielleicht besser: experimentelle Detailstudien. Was ist gedacht und sozial konstruiert worden im Blick auf das Problem, dass das Innen/außen-Schema, das System als Objekt, eine nachträgliche Beschreibung und die Vereinfachung einer kuriosen Zweiheit ist, jener »unbestimmten Zweiheit« Platons?Es versteht sich von selbst, dass dieses Buch nicht einfach sein kann, aber im Umgang mit Un-jekten wird man Einfachheit nicht erwarten dürfen. Zweifachheit mindestens, also das, was im Ursprung jeder Komplikation steht. Peter Fuchs liebt Komplikationen. Und das ist wieder ganz einfach zu begreifen. Aus dem Alltag weiß man, dass ein Leben ohne Verwicklungen extrem langweilig ist und vielleicht gar keines wäre. Verwicklung, Entwicklung, Faltung, Einfaltung, Ausfaltung, complicatio, explicatio - das sind dann auch Begriffe, die das Kompositionsprinzip dieses Buches umschreiben.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Jörg Lau - ein Bewunderer des Scharfsinns des Luhmann-Schülers Peter Fuchs - nennt das Buch einen "brillanten Groß-Essay" und hält es für ein "eigenartiges Werk", das sowohl "Idiosynkrasien als auch hoch abstrakte Spekulationen in einem anregenden Gedankenspiel" versammelt. Wegen dieser Haltung zieht Lau den Vergleich mit der Frühromantik. Wie die Frühromantik übertreibe die späte Systemtheorie die Unwahrscheinlichkeit von gelingender Kommunikation. Sodann beschreibt der Rezensent das Phänomen der Kommunikation im Rahmen der Systemtheorie und vergleicht diese mit dem Kinderspiel "Stille Post" und fängt den "dämonischen" Grundgedanken Fuchs' ein, der sich um die Notwendigkeit des steten Missverstehens für die funktionierende Ausarbeitung von sozialen Systemen drehe. Da Systeme keine der üblichen Substantiierungen zulassen, sondern lediglich ein "Spiel von Differenzen" darstellen, behaupte Fuchs, dass man, weil's so schwer erträglich ist, "epistemologisch blockiert" und doch irgendein Sein konstatiert. Diese epistemologische Blockade, so der Rezensent, setze auch beim Leser dieses "bizarren Buches" ein, denn auch wenn Fuchs dekonstruierend ausgezogen sei und selbst den heiligen Begriff des Systems aufs Korn nehme, bilde sich doch ein "höchst eigener Denkstil" heraus, der wiederum - so die paradoxe Pointe des Rezensenten - ein System zu sein scheint.
© Perlentaucher Medien GmbH
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