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Wer waren die Männer, die den militärischen Apparat Hitler-Deutschlands aufbauten und das Dritte Reich zur Eroberung fast ganz Europas und schließlich in die totale Niederlage führten? Die über Hunderttausende deutscher Soldaten sowie ein noch nie dagewesenes Waffenarsenal geboten? Auf höchstem fachlichen Niveau, gleichwohl auch für den interessierten Laien verständlich, geben die biographischen Skizzen Auskunft über die Elite der deutschen Wehrmacht, über Hitlers Generäle und Admiräle - von Dönitz bis Guderian, von Manstein bis Rommel.

Produktbeschreibung
Wer waren die Männer, die den militärischen Apparat Hitler-Deutschlands aufbauten und das Dritte Reich zur Eroberung fast ganz Europas und schließlich in die totale Niederlage führten? Die über Hunderttausende deutscher Soldaten sowie ein noch nie dagewesenes Waffenarsenal geboten? Auf höchstem fachlichen Niveau, gleichwohl auch für den interessierten Laien verständlich, geben die biographischen Skizzen Auskunft über die Elite der deutschen Wehrmacht, über Hitlers Generäle und Admiräle - von Dönitz bis Guderian, von Manstein bis Rommel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.1996

Von Verantwortung und Schuld der Generäle
Biographien zu Hitlers Militärelite und die Frage nach den Verstrickungen der Wehrmacht

Ronald Smelser, Enrico Syring (Herausgeber): Die Militärelite des Dritten Reiches. 27 biographische Skizzen. Verlag Ullstein, Berlin und Frankfurt am Main 1995. 544 Seiten, 27 Abbildungen, 68,- Mark.

"Manstein, retten Sie Deutschland!" beschwor am 8. Mai 1945 der im Sommer 1942 entlassene Feldmarschall Fedor von Bock, bei einem britischen Jagdbomberangriff in Ostholstein schwer verletzt, auf dem Sterbelager seinen Marschallskollegen. Erich von Manstein, Ende März 1944 seines Kommandos an der russischen Südfront enthoben, hatte noch bis ins Jahr 1945 hinein damit gerechnet, daß Hitler ihn rufen werde, "wenn ihm das Wasser bis zum Hals steht", und an die Chance eines "Remis" für die Wehrmacht geglaubt. In derlei historischen Details werden Realitätsferne und Mitverantwortung jener militärischen Funktionselite handgreiflich, ohne die Hitler seine Kriegszüge schwerlich hätte planen und unternehmen können.

Zu Recht betonen daher die Herausgeber des vorliegenden Sammelbandes, welcher der Thematik entsprechend unter neuem Titel eine Serie über "Die braune Elite" fortsetzt, daß sich Hitler bei militärischen Fehlentscheidungen, welche die Verfasser genretypischer Rechtfertigungsliteratur (Manstein: "Verlorene Siege") später der Blindheit des Diktators anlasteten, durchaus in Übereinstimmung mit Ratschlägen seiner Spitzenmilitärs befand. Was das ideologische Spannungsverhältnis zwischen preußisch-deutscher Militärtradition und Hitlers Expansions- und Vernichtungsdrang anbelangt, so war dieses weitgehend überdeckt durch die partielle Interessenidentität. Dabei ging es nicht nur - zuweilen gedämpft durch technische Bedenken und geringere Risikobereitschaft - um die nach dem erfolgreichen "Blitzkrieg" gegen Polen anstehende Auseinandersetzung mit dem Erzfeind Frankreich im Westen, sondern auch - ungeachtet des Intimverhältnisses der Reichswehr zur Roten Armee - um die ideologisch tief verwurzelte Bereitschaft zu einem Kreuzzug gegen den Bolschewismus.

Für eine derartige Haltung stehen unter Hitlers Feldmarschällen außer den Genannten Namen wie Walther von Brauchitsch (hier als der "überforderte Feldherr" dargestellt von Karl-Heinz Janßen) sowie Gerd von Rundstedt (von Earl Ziemke als "des Führers gehorsamer Diener" charakterisiert). In besonderer Weise verkörpert auch der im September 1938 als Nachfolger Becks zum Generalstabschef des Heeres berufene Franz Halder die verhängnisvolle Doppelrolle der alten Militärelite: Als katholisch-konservativer Monarchist stand Halder in deutlicher Ablehnung zum Regime. Mit welchem Ernst er während der Sudetenkrise 1938 Becks Staatsstreichpläne weiterbetrieb, ist für seinen Biographen Christian Hartmann nur schwer einzuschätzen. Gleichwohl erwog Halder im Herbst 1939 erneut den Staatsstreich, diesmal gar selbst entschlossen, Hitler "evtl. über den Haufen zu schießen".

1940, spätestens nach dem Triumph über Frankreich, der die Ressentiments gegenüber dem Obersten Kriegsherrn zurücktreten ließ, überließ Halder den Krieg der Logik Hitlers. War ihm ursprünglich der Sinn des Angriffs gegen den sowjetischen Bündnispartner "nicht klar" gewesen, so entwarf er jetzt zusammen mit Brauchitsch und mit seinem direkten Untergebenen Friedrich Paulus die "Blitzkriegs"-Strategie für das "Unternehmen Barbarossa". Eklatante Fehleinschätzungen im Sommer 1941 gehen ebenso auf das Konto Halders wie der im Dezember 1941 vor Moskau gescheiterte Versuch, die Entscheidung noch vor Wintereinbruch zu erzwingen. Die Verantwortung für das Desaster schob Halder Brauchitsch zu. Erst im Verlauf der Sommeroffensive 1942 kam es wieder zu Auseinandersetzungen mit Hitler und zu Halders Entlassung.

Halder verdankt es den Umständen seiner Biographie - nach dem 20. Juli 1944 wurde er ins KZ gebracht, nach dem Krieg war er hochgeschätzter Mitarbeiter der Historical Division der US-Army -, daß er sich zu Lebzeiten der Frage nach der politischen Verantwortung seines Handelns nicht zu stellen brauchte.

In anderer Weise gilt dies für Heinz Guderian, der in der Nachkriegszeit besonders erfolgreich an der Legende seiner Widerspenstigkeit gegen Hitler strickte. Sein Biograph Hans-Heinrich Wilhelm, der eine längere Studie über den "schneidigen" Panzergeneral Guderian vorbereitet, vermerkt, daß dieser mit abfälligen Berichten über den Zustand der Roten Armee die Illusionen über den Blitzkrieg im Osten verbreiten half. Mehr noch: Nach dem 20. Juli zum Generalstabschef des Heeres ernannt, steht Guderian für die Umkehrung jener anfangs so erfolgreichen Bewegungsstrategie. Jetzt klammerte man sich an die Militärdoktrin, daß völlig zerstörte Städte leichter zu verteidigen seien. In Guderians Verantwortung fällt die nach der blutigen Niederschlagung des Warschauer Aufstands systematisch betriebene Zerstörung der polnischen Hauptstadt ebenso wie die an der zusammengebrochenen Ostfront unter maßlosen Opfern praktizierte "Festungsstrategie".

Wichtiger als alles, was die längst angestaubte Memoirenliteratur korrigiert, erscheint die Frage nach der Verstrickung der Wehrmacht in die Massenverbrechen des Regimes. Wiederum hauptsächlich auf Manstein führt der Mitherausgeber Enrico Syring jene Verteidigungsstrategie zurück, welche beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß den als "verbrecherische Organisation" eingestuften Generalstab vor der Verurteilung bewahrte und zugleich den Mythos vom "unbefleckten Ehrenschild" der deutschen Wehrmacht begründete.

Mit Johannes Blaskowitz erfährt hier jener Kommandeur eine biographische Würdigung (Christopher Clark: "Der christliche General"), der mit wiederholten Protesten gegen die Mordaktionen der SD-"Polizeiverbände" und SS-"Einsatzgruppen" während der Besetzung Polens seine Vorgesetzten sowie das Offizierskorps aufzurütteln versuchte. Bei seinem Oberbefehlshaber Brauchitsch stieß er auf einen willensschwachen Vorgesetzten, der bereits 1940 seine christlichen Glaubenssätze der "vom Führer angeordneten Lösung volkspolitischer Aufgaben" zu opfern bereit war. In bezug auf Hitlers unzweideutig verbrecherische Befehle wie den zur Zusammenarbeit mit den Einsatzgruppen sowie den "Kommissarbefehl" urteilte der Widerständler Ulrich von Hassell bereits vor dem bevorstehenden Angriff auf Rußland: "Brauchitsch und Halder . . . haben die Verantwortung übernommen und durch einige . . . den Schein wahrende Zusätze (über die Notwendigkeit, die Disziplin zu wahren und so weiter) sich selbst und andere getäuscht. Hoffnungslose Feldwebel!" Berüchtigt ist der im Herbst 1941 von Reichenau (hier von dem irischen Historiker Brendan Simms als "hitleristisch, nicht nationalsozialistisch eingestellter", sportiver und politisierender General porträtiert) verfaßte Tagesbefehl, der von der Truppe "volles Verständnis für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum" forderte. Hitler schickte den persönlicher Profilierungssucht entsprungenen Reichenau-Befehl als Vorlage an die höchsten Kommandeure an der Ostfront.

Und doch ergibt sich aus den vorliegenden Beiträgen kein eindeutiges Bild ungehemmten Verbrechens im Osten: Bei Brauchitsch protestierten die Truppenführer, worauf dieser die Anordnungen Hitlers mit eigenen Befehlen unterlief. Auch bei Guderian will der Biograph Wilhelm nicht ausschließen, daß er sich den Reichenau-Befehl "nur zähneknirschend" zu eigen gemacht hat. Um die moralische Ehrenrettung der Wehrmacht hat sich nicht zuletzt der in Stalingrad an seinem militärischen Gehorsam gescheiterte Paulus verdient gemacht: Er hob im Befehlsbereich der 6. Armee den "Kommissarbefehl" und den "Härte"-Befehl Reichenaus umgehend auf (Thorsten Diedrich: "Friedrich Paulus - Patriot in zwei Diktaturen").

Angesichts der brennenden Aktualität der Frage nach dem bislang unbefleckten Ethos des deutschen Widerstands wirken die Auslassungen des FU-Politologen und Wissenschaftlichen Leiters der Stauffenberg-Gedenkstätte, Peter Steinbach, im Kontext seiner Biographie Kluges ("Zauderer im Zwielicht") auffallend widersprüchlich und wissenschaftlich fragwürdig. Steinbach erwähnt längst Bekanntes, nämlich, daß im Stabe von Kluge über die Verbrechen Klarheit herrschte. Sodann schreibt er: "Als einer der ersten befreite sich (sc. von Gehorsamszwängen) trotz der inzwischen deutlicher werdenden (!) Verstrickungen in die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen Henning von Tresckow . . ." Weiter unten heißt es aber über Tresckows drängende Einflußnahmen auf die Feldmarschälle Bock und Kluge: "Wie die Kontaktversuche verlaufen sind, entzieht sich mangels ausreichender Quellen (!) ebenso unserer Kenntnis wie die Verstrickung dieser Gruppe in die Kriegführung im Osten." In weiterem Widerspruch dazu führt Steinbach als Beleg für die "neuerdings bekannt gewordenen Verstrickungen der militärischen Widerständler, auch im Umkreis Kluges", schließlich im kommentierten Literaturverzeichnis einen Autor aus dem Katalog einer Hamburger Ausstellung an.

Daß der Begriff "Elite" weder ein moralisches noch ein fachliches Werturteil impliziert, wird in dem Buch - eben nicht nur bei Namen wie Eduard Dietl, "Sepp" Dietrich oder Ferdinand Schörner - erneut deutlich. Hier wird auch der Kriegsruhm eines Erwin Rommel von Ralf Georg Reuth als "Propagandaschöpfung" seines Gegners Montgomery sowie seiner eigenen Bemühungen demontiert. Auf der anderen Seite gewinnt der Leser von Persönlichkeiten wie dem wegen seiner Rolle am 20. Juli unrühmlich bekannten Friedrich Fromm sowie von Walter Model ein differenzierteres Bild. In der Auswahl fehlen Namen wie Busch, Küchler, Leeb und Zeitzler. Auf eine Fortsetzung der Serie - mit fundierteren Beiträgen zur Rolle der Wehrmacht im Vernichtungskrieg - darf man daher rechnen. HERBERT AMMON

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