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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Kataloge der Kunstsammlungen
  • Verlag: Prestel
  • Seitenzahl: 319
  • Abmessung: 315mm
  • Gewicht: 2109g
  • ISBN-13: 9783791324302
  • ISBN-10: 3791324306
  • Artikelnr.: 08836852
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2001

Aber die Matratze auf dem Boden tut es auch
Bayrisch möbliert: Betten und andere Lustobjekte in den Schlössern Nymphenburg und Schleißheim

Als dieser unter der Regie der Bayerischen Schlösserverwaltung entstandene Möbelkatalog in der Schönheitsgalerie Ludwigs I. im Nymphenburger Schloß vorgestellt wurde, saß unter den Gästen der jetzige Chef des Hauses Wittelsbach, der einen Teil der weitläufigen Anlage bewohnt. In den angrenzenden Räumen standen die originalen Möbel der ersten Königin von Bayern, Tische, Sitzgarnituren, das kastenförmige, mit vergoldeten Bronzebeschlägen und grünem Himmel versehene Empirebett. Eine derartige Kontinuität gibt es nirgendwo sonst in Deutschland. Die preußischen Schlösser wurden in und nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört oder ausgeraubt, die Bestände mit ihren Bewohnern in alle Winde zerstreut. Andere, wie unlängst erst die Badener, verscherbelten ihren gewachsenen Besitz.

Die enorme Menge erhaltener Objekte bildet die Grundlage für die Möbelkataloge der bayerischen Schlösser, die inzwischen zu wissenschaftlichen Standardwerken geworden sind. Mag es auch anderswo, in England, Spanien, den Niederlanden, auch in Wien, kostbare historische Möbelbestände geben, so gut erforscht wie die bayerischen sind sie nicht. Der fünfte Band, der auf die Kataloge der Residenzen München und Ansbach folgt, ist Nymphenburg und Schleißheim gewidmet. Rund fünfhundert Möbel, vom Barock bis zum Historismus, sind hier erforscht und in chronologischer Folge beschrieben. Die Autorin Brigitte Langer konnte sich dabei auf Inventare und alte Rechnungsbelege stützen; im neunzehnten Jahrhundert kamen als weitere Quelle aquarellierte Zimmerbilder hinzu.Zu den Entdeckungen dieser Untersuchung gehört es zu zeigen, wie häufig Möbel und Boisserien, Überzüge und Wandbespannungen aufeinander bezogen sind, wie bildliche Leitmotive - Löwe, Schwan und Sphinx - das Raumprogramm bestimmen.

Für die Möbelforscher ist Schleißheim der schwierigere Fall. Bereits 1780 verwandelte Karl Theodor die Residenz in ein der Öffentlichkeit zugängliches Gemäldegalerieschloß. Viele Möbel wurden entfernt, auf andere Schlösser verteilt. Für diesen Band gelang es, achtunddreißig ursprünglich in Schleißheim befindliche Möbel an anderer Stelle nachzuweisen. Im neunzehnten Jahrhundert kamen mehrere Prunkstücke des Schlosses ins neu gegründete Bayerische Nationalmuseum.

Nymphenburg, kontinuierlich bewohnt, wurde dreimal neu möbliert: von Max Emanuel, der gern in Paris bestellte, von Karl Albrecht, dem späteren Kaiser, sowie vom ersten König Max I. Joseph im Stil der Regence, des Rokoko, des Klassizismus. Aus allen Phasen sind glanzvolle Beispiele erhalten. Das älteste Stück, ein Florentiner Prunktisch mit bunten, aus Edelsteinen geschnittenen Vögeln, Früchten, Ranken auf schwarzem Marmorgrund aus der Zeit um 1600, wirkt daneben fast wie ein Exoticum. Im achtzehnten Jahrhundert rückte die Münchner Hofschreinerei allmählich in den Vordergrund. Nach Entwürfen von Effner und Cuvilliés wurden hervorragende, mit feinstem Schnitzwerk versehene "Bildhauermöbel" geschaffen. Prachtvolle, mit Silber überzogene Konsoltische zieren bis heute die Amalienburg.

Überhaupt sind die vier Nymphenburger Parkschlößchen ein einzigartiger Glücksfall. Dort ist die authentische Ausstattung nahezu vollständig erhalten. Eine Spezialität, die hier erstmals ausführlich untersucht wird, stellt die "Münchner Hofkommode" des Rokoko dar, ein nußbaumfurniertes Gebrauchsmöbel aus Fichtenholz, das, in Beschlägen und Furnier reizvoll variiert, in großen Mengen erhalten ist. Die klassizistische, zum Teil von Klenze entworfene Ausstattung, die nach dem Klimasturz der Französischen Revolution auf Prunk und Luxus verzichtete, Repräsentation mit Wohnlichkeit verband, prägt das Nymphenburger Ambiente bis heute.

Manches "Schmankerl" erfährt man ganz nebenbei. Ein Inventar vermeldet, daß Teile der goldenen Borte am Imperialbett abgetrennt und offenbar entwendet wurden: "Nach Erinnerung der Schloßdiener . . . bei der Anwesenheit der Sächsischen Herrschaften." Auch ein "Retiradekabinett" von Max Emanuel findet Erwähnung, in dem sich alle intimen Verrichtungen erledigen ließen. Seine Möblierung bestand aus Leib- und Betstuhl, Waschgarnitur und Altar mit Kruzifix. Da kommt einem Oskar Maria Graf in den Sinn, der von seiner als Bäuerin und Bäckersfrau vielbeschäftigten Mutter berichtete, sie habe nur im "Häusl" auf dem Hof die Zeit gefunden, den Rosenkranz zu beten.

Man braucht kein Möbelsammler oder Möbelhistoriker zu sein, um an diesem prachtvoll ausgestatteten, hervorragend fotografierten Band Vergnügen zu haben.

RENATE SCHOSTACK.

"Die Möbel der Schlösser Nymphenburg und Schleißheim". Bearbeitet von Brigitte Langer. Prestel Verlag, München 2000. 320 S., 139 Farb- u. 410 S/W-Abb., geb., 198,- DM. An der jeweiligen Schloßkasse kartoniert 128,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Renate Schostak empfiehlt diesen fünften Band der Möbelkataloge bayerischer Schlösser nicht nur Historikern und Liebhabern von Möbeln. "Prachtvoll ausgestattet, hervorragend fotografiert", findet sie diesen Band, und vor allem auch informativ. So habe Brigitte Langer nicht nur Inventar selbst untersucht, sondern auch alte Rechnungen und Aquarelle als Quellen hinzugezogen. Sogar zahlreiche bereits im 18. Jahrhundert auf andere Schlösser verteilte Möbel des Schlosses Schleißheim seien nachgewiesen worden, begeistert sich Schostak, die "ganz nebenbei" auch so manches 'Schmankerl' in diesem Band entdeckt hat, wie beispielsweise ein Kabinett, das "Leib- und Betstuhl, Waschgarnitur und Altar mit Kruzifix" in einem ist.

© Perlentaucher Medien GmbH