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Der Zweite Weltkrieg, die vielleicht größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte, forderte mehr als 50 Millionen Menschenleben; darunter waren 25 bis 30 Millionen Zivilisten. Die politische und moralische Hauptverantwortung für die europäische Komponente dieses Ereignisses und seine Folgen trägt die nationalsozialistische Führung Deutschlands. Aus dieser Verantwortungszuschreibung folgt jedoch nicht, dass sich Fragen nach der Mitverantwortung der am Krieg beteiligten Staaten erübrigten. Allein die unvorstellbaren Opferzahlen lassen es geboten erscheinen, die geschichtliche Aufarbeitung dieses…mehr

Produktbeschreibung
Der Zweite Weltkrieg, die vielleicht größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte, forderte mehr als 50 Millionen Menschenleben; darunter waren 25 bis 30 Millionen Zivilisten. Die politische und moralische Hauptverantwortung für die europäische Komponente dieses Ereignisses und seine Folgen trägt die nationalsozialistische Führung Deutschlands.
Aus dieser Verantwortungszuschreibung folgt jedoch nicht, dass sich Fragen nach der Mitverantwortung der am Krieg beteiligten Staaten erübrigten. Allein die unvorstellbaren Opferzahlen lassen es geboten erscheinen, die geschichtliche Aufarbeitung dieses Geschehens auch unter dem Blickwinkel von Handlungsalternativen zu betreiben.
Der Krieg der Alliierten, insbesondere der Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland, gilt heute als der Prototyp eines gerechten Krieges. Sowohl humanitäre Interventionen als auch Präventivkriege wurden in den letzten Jahren unter Berufung auf das Wirken der Anti-Hitler-Koalition und die mutmaßlichen Lehren des Kampfes gegen Hitler gerechtfertigt. Damit wurde eine Legitimationsressource geschaffen, die sich bei Bedarf scheinbar problemlos
abrufen lässt. Ist dieses Vorgehen in jeder Hinsicht akzeptabel?
Der Denkansatz des Buches beruht auf einem unstrittigen Grundsatz: nämlich, dass auch ein gerechtfertigter Verteidiger bei seiner Verteidigung Regeln zu beachten hat. Diese Regeln sind teils völkerrechtlicher, teils moralischer Natur.
Das Anliegen des Buches ist es, am Beispiel der westalliierten Flächenbombardements die Begründungslast aufzuzeigen, die zu tragen hat, wer die alliierte Kriegführung pauschal als legitim betrachtet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2007

Adolfs Angst und Winstons Wut
Lothar Fritzes problematische Sicht auf die alliierten Flächenbombardements im Zweiten Weltkrieg

Die Flächenbombardierungen, mit denen Briten und Amerikaner das Deutsche Reich während der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkrieges überzogen, werden ungeachtet davon abweichender Einschätzungen des schrecklichen Sachverhalts zunehmend kritisiert, abgelehnt und verurteilt. In dieser Perspektive konstatiert Lothar Fritze mit großer Entschiedenheit: "Der strategische Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung war von Anfang an völkerrechtlich unzulässig." Insofern erhebt der Autor beredte Anklage gegen den Chef des britischen Bomberkommandos, den 1946 zum Luftmarschall beförderten Arthur Harris, der auch im eigenen Land niemals unumstritten war.

Weit darüber hinaus zieht er die amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman und Franklin D. Roosevelt sowie den britischen Premierminister Winston Churchill zur grundlegenden Rechenschaft - den einen, weil er mit dem Befehl zum Abwurf der Atombomben über Japan die Moral der Machtpolitik geopfert habe; den anderen, weil er mit seiner Forderung nach bedingungsloser Kapitulation ein vorzeitiges Kriegsende unmöglich gemacht habe; und den Dritten, weil er auf Hitlers angebliche Bereitschaft zu einem Verständigungsfrieden nicht eingegangen sei. Mit dieser Weigerung habe vor allem der englische Staatsmann maßgeblich zur Ausdehnung und Brutalisierung des Krieges beigetragen: "Angenommen", so argumentiert der Verfasser im Hinblick auf den sich im Krieg vollziehenden Genozid an der jüdischen Bevölkerung Europas, "angenommen, es ließe sich plausibel machen, dass ein Verbrechen - beispielsweise das der Judenvernichtung - nicht auf einen konkreten Plan und einen Befehl Hitlers zurückgeführt werden kann, sondern etwa als Resultat eines Prozesses ,kumulativer Radikalisierung' zu begreifen ist, eines Vorganges, der außerhalb des Krieges so kaum vorstellbar gewesen wäre - obgleich der Krieg auch Tarnung für Verbrechen bieten konnte -, dann führte diese Erkenntnis selbstverständlich nicht zu einer Relativierung der Schuld der Täter. Sie verdeutlichte aber - und dies ist gleichsam das Generalthema dieses Buches - die immense Verantwortung, die ein Verteidiger im Kampf gegen einen verbrecherischen Aggressor notgedrungen zu tragen hat. Gerade weil er als ,Gerechter' moralisch ansprechbar ist, kann von ihm erwartet werden, bei der Fixierung seiner eigenen Strategie gegen das Unrecht eine mögliche Radikalisierung des zu allem entschlossenen Feindes mit zu bedenken."

Dieses mehr als problematische Gedankenexperiment basiert auf Annahmen, die mit der Realität des Zweiten Weltkrieges wenig zu tun haben und gleichwohl die gesamte Darstellung durchziehen: Ein totaler Krieg wie derjenige in den Jahren zwischen 1939 und 1945 kann nicht am "Kriterium der Verhältnismäßigkeit" im Sinne eines friedensüblichen Gerichtsverfahrens gemessen werden. Der Ausgangspunkt des Verfassers nimmt sich durchgehend so theoretisch aus, dass er die Wirklichkeit eher verfehlt als trifft: "Hingegen sind die Ahndung von Unrecht durch Vergeltung und Bestrafung, die Abschreckung potentieller Feinde, die Furcht vor im Entstehen begriffenen Gefahren, die Befreiung eigener Staatsbürger aus den Fängen ausländischer Mächte, die Herstellung oder Bewahrung eines Machtgleichgewichts, die Einführung oder Durchsetzung einer humaneren Sozialordnung, die Entmachtung eines Diktators und selbst die Etablierung eines demokratischen Verfassungsstaates", postuliert der Autor, "keine zum Kriegführen moralisch legitimierenden Gründe. Zum Kriegführen legitimiert weder das Streben nach politischer oder ökonomischer Macht noch nach nationaler Größe, weder nach kultureller oder religiöser Vorherrschaft noch nach rassischer oder weltanschaulicher Hegemonie."

Fritzes fundamentale Verurteilung der europäischen Geschichte seit den Tagen des Peloponnesischen Krieges entbehrt des praktischen Bezugs und geht an den tatsächlichen Verhältnissen internationaler Politik und Kriegführung schlicht vorbei. Mehr noch: Die radikale Perspektive, auch den Täter zu verstehen, ja in Schutz zu nehmen, verführt im speziellen Zusammenhang des Untersuchungsgegenstandes zu Feststellungen, die über dem Bemühen um subjektives Verständnis den objektiven Befund schlankweg ignorieren: "Überhaupt war der größere Teil des Hitlerschen Wollens der Abwehr drohender Gefahren gewidmet, die er selbst identifiziert hatte." In dieser Perspektive wird letztlich jedwedes Handeln als ein aus Angst geborenes Prävenire missverstanden: "Selbst die Massenerschießungen durch die sogenannten SS-Einsatzgruppen hinter der Ostfront", so lautet die alles in allem mehr als fragwürdige These des Verfassers, "folgten der Idee einer präventiven Bekämpfung von Feinden."

Ohne Zweifel hat es auch auf alliierter Seite Kriegsverbrechen gegeben, und gewiss haben die Sieger des Zweiten Weltkrieges im Umgang damit Fehler gemacht. Gleichwohl besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen den Kriegsverbrechen der Briten und Amerikaner auf der einen und Hitlers Massenmorden auf der anderen Seite. Diese "erkennt man als solche gerade daran, dass sie keine Kriegsverbrechen waren", diagnostizierte bereits vor etlichen Jahren Sebastian Haffner diesen nicht miteinander zu verwechselnden Tatbestand und fährt fort: "Massaker an Kriegsgefangenen in Drang und Hitze der Schlacht; Geiselerschießungen im Partisanenkrieg; Bombardierungen reiner Wohngebiete im ,strategischen' Luftkrieg; Versenkung von Passagierdampfern und neutralen Schiffen im U-Boot-Krieg: das alles sind Kriegsverbrechen, fürchterlich gewiss, aber nach dem Kriege nach allgemeiner Übereinkunft besser allseits vergessen. Massenmord, planmäßige Ausrottung ganzer Bevölkerungsgruppen, ,Ungeziefervertilgung' begangen an Menschen, ist etwas ganz anderes." Zudem und eine Spur grundsätzlicher: Eine rigorose Unterwerfung internationaler Politik unter juristische Verfahrensweisen muss nicht notgedrungen zu einer besseren, friedlichen Welt führen; auch die Tugend läuft, wie wir spätestens seit den Tagen der Französischen Revolution wissen, nicht selten Amok. Die Diktatur einer universalen Gerichtsbarkeit kann, weil gerade unbeirrbar Rechtschaffene vor Extremismus nicht gefeit sind, leicht zum universalen Krieg führen.

KLAUS HILDEBRAND.

Lothar Fritze: Die Moral des Bombenterrors. Alliierte Flächenbombardements im Zweiten Weltkrieg, Olzog Verlag, München 2007. 347 S., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.07.2007

Der alliierte Luftkrieg und die Moral
Die Kritik an den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg wird oft der Komplexität des Themas nicht gerecht
Die schweren Bombenangriffe auf Berlin im Herbst 1943 erlebte Paul Stämpfli nicht im Luftschutzkeller, sondern in seiner Gefängniszelle
in Plötzensee. Der Schweizer war bei einer Geschäftsreise nach Deutschland verhaftet und wegen „Landesverrats” zum Tode verurteilt worden. Durch die
Bombardements gerieten Stämpfli und seine Mitgefangenen in einen schrecklichen Zwiespalt: Die Angst, umzukommen, ging einher mit der Hoffnung, „dass nun Berlin endlich zusammengeschlagen werde und sich dadurch die Aussicht auf unsere Rettung verbessere”.
Stämpfli kam Ende Oktober 1943 im Zuge eines Häftlingsaustauschs frei und konnte über seine Erlebnisse berichten. Er ist insofern ein untypischer Augenzeuge, als Erfahrungen, wie er und manche andere sie machen mussten, nur selten in jene Erinnerungskultur eingeflossen sind, die sich in der Nachkriegszeit in Gestalt unzähliger lokal- und regionalhistorischer Publikationen herausgebildet hat – entgegen der Legende vom „tabuisierten” oder „verdrängten” Bombenkrieg. Auszüge aus Stämpflis Text, der erstmals 1945 veröffentlicht wurde, finden sich jetzt in einem der aufschlussreichsten Bücher, das die neuere Debatte über den Bombenkrieg hervorgebracht hat. Die von Oliver Lubrich herausgegebene Anthologie versammelt Texte von Ausländern, die den Luftkrieg in Deutschland erlebten. Deren gab es viele: nicht nur Häftlinge oder Zwangsarbeiter, auch Korrespondenten, Geschäftsleute, Diplomaten, Flüchtlinge. 30 Zeugen lässt Lubrich zu Wort kommen und ordnet ihre Texte auf einer Zeitachse von 1939 bis 1945 an.
Grenzen überschreitende Blicke
So entsteht ein denkbar weites Spektrum unterschiedlicher Erinnerungen; nicht nur Ort und Zeitpunkt der Erlebnisse sind von Belang, auch die konkreten Lebensumstände, die nationalen, politischen, beruflichen Hintergründe beeinflussen die Wahrnehmungen und Urteile. Die von Lubrich mit großer Sorgfalt und Kompetenz kommentierte Auswahl enthält neben Texten bekannter Journalisten und Schriftsteller, wie Edward Murrow, William Shirer oder Kurt Vonnegut, auch Aufzeichnungen weniger prominenter oder in Vergessenheit geratener Zeitzeugen. Die – im Wortsinn – Grenzen überschreitenden Blicke auf den Bombenkrieg verfügen fast durchweg über hohe analytische Qualität und ein bemerkenswertes Reflexionsniveau. Aufs Ganze gesehen formen sie sich zu einem multiperspektivischen Bild des Bombenkrieges, das die Komplexität des Geschehens einfängt und sich vorschnellen, pauschalen Urteilen widersetzt.
Solche Zurückhaltung hätte man sich auch von zwei Büchern gewünscht, die sich eine „moralphilosophische” Beurteilung der Bombenangriffe vorgenommen haben. Das eine stammt von dem Briten A.C. Grayling. Als es in deutscher Übersetzung erschien, reagierte Bild geradezu euphorisiert: „Erster britischer Kriegsforscher gibt zu: Bomben auf deutsche Städte waren ein Verbrechen!” Auch von britischen Medien ist das Buch überwiegend freundlich aufgenommen worden. Und dies, obwohl sich Grayling mehrfach im Ton und in der Sache vergreift. So vergleicht er die großen Städtebombardements des Zweiten Weltkriegs mit den Anschlägen des 11. September 2001. Oder er postuliert, „in einer idealen Welt” hätten die Mitglieder des britischen Bomber Command, von denen mehr als 55 000 im Luftkrieg umgekommen sind, ihre Einsatzbefehle verweigern sollen. In einer „idealen Welt” hätte es freilich auch keinen nationalsozialistischen Angriffskrieg gegeben . . .
Graylings Kernaussagen lauten: Der Krieg der Alliierten gegen Nazi-Deutschland und Japan war zweifellos legitim, die Flächenbombardements der britischen Royal Air Force gegen deutsche Städte, ihre direkt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Angriffe hingegen nicht. Sie mögen zwar – rein legalistisch betrachtet – zum damaligen Zeitpunkt keine Kriegsverbrechen gewesen sein, doch sie waren „moralische Verbrechen”. Zudem waren die Angriffe weder militärisch notwendig noch verhältnismäßig. Das Ziel, die Moral der deutschen Bevölkerung zu brechen, wurde nicht erreicht – im Gegenteil. Ethisch unbedenklich und zugleich wesentlich wirksamer wären Präzisionsangriffe auf kriegswichtige Einrichtungen gewesen, wie sie in der Regel von den US-Luftstreitkräften praktiziert wurden (allerdings nur in Europa, nicht im Krieg gegen Japan).
Auch wenn man die Frage nach Wirkung und Notwendigkeit der Flächenbombardements nicht mit der gleichen Eindeutigkeit beantwortet wie Grayling, sind seine Kernaussagen zweifellos gut begründet. Dennoch kann das Buch insgesamt nicht überzeugen. Das liegt zunächst daran, dass Grayling seine Kritik der Flächenbombardements nach Art einer Gerichtsshow inszeniert, in der er selbst sowohl den Ankläger als auch den Richter gibt, ja sogar die Argumente der Verteidigung antizipiert und – selbstverständlich – widerlegt. All dies mit dem Anspruch, ein „endgültiges”, letztinstanzliches Urteil zu fällen. Das ist eine schwer erträgliche Anmaßung, die alle Regeln eines offenen wissenschaftlichen Diskurses konterkariert.
Auch die theoretischen Grundlagen von Graylings Argumentation sind zuweilen fragwürdig. So skizziert er die Völkerrechtsentwicklung nach 1945, die zu einem stetig verbesserten Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegen geführt habe und die Flächenbombardements des Zweiten Weltkriegs gleichsam rückwirkend zum Unrecht erkläre. Weitgehend undiskutiert bleibt allerdings das eklatante Missverhältnis, in dem die von Grayling zitierten Abkommen zur Realität moderner Kriege, erst recht zur Möglichkeit eines atomaren Krieges stehen. Noch irritierender ist der Umstand, dass Grayling seine Argumentation in weiten Teilen auf die Lehre vom „gerechten Krieg” aufbaut – ein vor allem von mittelalterlichen Moraltheologen geprägtes Konzept, das im modernen Völkerrecht keine Rolle mehr spielt; dieses postuliert vielmehr die Ächtung des Krieges und erlegt eine Pflicht zum Frieden auf.
Grayling laviert zwischen zwei Argumentationsebenen. Zum einen hält er der alliierten Kriegsführung vor, „dass es bereits unmoralisch war, Zivilpersonen überhaupt ins Visier zu nehmen”, zum anderen prüft er die „Notwendigkeit” von Flächenbombardements und verneint sie. Was aber, wenn seine Prüfung ergeben hätte, dass Flächenbombardements notwendig gewesen wären, um Nazideutschland zu besiegen? Oder dass sie den Krieg merklich verkürzt, also nicht nur Zivilisten geopfert, sondern auch gerettet hätten? Auch solch hypothetische Fragen bedürfen einer Antwort. Doch die moralischen Grauzonen und Ambivalenzen seines Themas lotet Grayling nur ungenügend aus.
Schleier der Moralphilosophie
Die gleichzeitig erschienene Arbeit von Lothar Fritze argumentiert zwar in moralphilosophischer Hinsicht präziser als Grayling, doch ansonsten führt sein Buch auf ziemlich düstere Abwege. Ohne den deutschen Angriffskrieg und die Verbrechen Nazideutschlands irgendwo in Abrede zu stellen, bringt Fritze gleichsam unterhalb dieser Schwelle jedes noch so fadenscheinige Argument an, um die deutsche Politik zu entlasten, die britische und auch die amerikanische zu belasten. Da geraten nicht allein der Bombenkrieg, sondern auch die alliierte Forderung nach „bedingungsloser Kapitulation”, das Bündnis der Westmächte mit der UdSSR, die Vertreibung und manches andere auf den Prüfstand. Wer etwa aus der Lektüre dieses Buches die Erkenntnis mitnimmt, dass Hitler den Krieg zwar begonnen, Churchill ihn aber ohne klar erkennbare Not und vermutlich aus rein nationalem Interesse eskalieren habe lassen, dürfte eine der wesentlichen Botschaften des Autors recht gut erfasst haben.
Unter dem Schleier der Moralphilosophie schüttet Fritze, Mitarbeiter des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts, den ganzen Vorrat rechts-revisionistischer Argumente, Behauptungen und Ressentiments vor dem Leser aus. Bei alledem zeigt er kaum Berührungsängste nach ganz rechts. Und er findet nichts dabei, sich auf Autoren zu berufen, die – wie der Historiker Walter Post – ihrerseits nichts dabei finden, der National-Zeitung Interviews zu gewähren. ULRICH TEUSCH
OLIVER LUBRICH (Hg.): Berichte aus der Abwurfzone. Ausländer erleben den Bombenkrieg in Deutschland 1939 bis 1945 (Die Andere Bibliothek, Bd. 266). Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2007. 479 S., 30 Euro.
A.C. GRAYLING: Die toten Städte. Waren die alliierten Bombenangriffe Kriegsverbrechen? C. Bertelsmann Verlag, München 2007. 414 S., 22,95 Euro.
LOTHAR FRITZE: Die Moral des Bombenterrors. Alliierte Flächenbombardements im Zweiten Weltkrieg. Olzog Verlag, München 2007. 347 S., 29,90 Euro.
Der durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörte Frankfurter Römer, aufgenommen einige Wochen nach den verheerenden Angriffen der Alliierten im März 1944. Im Bomben-hagel wurde das alte Frankfurt/Main völlig zerstört. 1001 Menschen kamen ums Leben. Insgesamt fielen den Bombenan- griffen in Deutschland – die Angaben variieren stark – zwischen 300 000 und 600 000 deutsche Zivilisten zum Opfer. Über die Berechtigung und mögliche kriegsentscheidende Bedeutung des Luftkriegs wird nach wie vor in Historikerkreisen gestritten. Foto: ddp
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Höchst fragwürdig erscheint Rezensent Ulrich Teusch diese Kritik am Bombenkrieg der Alliierten gegen die Deutschen, die Lothar Fritze vorgelegt hat. Die Richtung, die der Autor einschlägt, behagt dem Rezensenten überhaupt nicht. Zwar sieht er bei Fritze den deutschen Angriffskrieg und die Verbrechen Nazideutschlands nirgendwo in Abrede gestellt. Aber er hält ihm vor, "gleichsam unterhalb dieser Schwelle" das gesamte zweifelhafte Repertoire von "fadenscheinigen" Argumenten zur Entlastung der deutschen Politik bzw. Belastung der britischen und amerikanischen Politik ins Feld zu führen. "Unter dem Schleier der Moralphilosophie" würden hier alle nur denkbaren rechts-revisionistischen Argumente, Behauptungen und Ressentiments ausgebreitet.

© Perlentaucher Medien GmbH