In den entwickelten Gesellschaften haben sich die durchschnittlichen Realeinkommen in den vergangenen 50 Jahren vervierfacht oder sogar verfünffacht. Die heutigen Waren und Dienstleistungen gleichen kaum mehr denen, die vor 50 oder 100 Jahren existierten. Nicht nur der Umfang, sondern auch das »Wo und Wie« des Konsumierens und Produzierens haben sich radikal verändert. Dennoch stammen viele unserer wichtigsten Vorstellungen von den Eigenschaften des Marktes und unserem angeblich typischen Marktverhalten aus einer Welt, die keinen verbreiteten Wohlstand und kein allgemeines Bildungswesen, sondern nur ausgesprochene Armut, umfassende Machtlosigkeit, verbreiteten Hunger und Analphabetismus kannte. Diesen Widerspruch versucht die vorliegende Studie zu analysieren.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Peter Bendixen schätzt besonders die wissenschaftliche Zurückhaltung des Autors, keine "vorschnellen" Folgerungen aus seiner Analyse zu ziehen. Zunächst einmal würde Nico Stehr die bekannte These von der Moralisierung der Märkte theoretisch einordnen in die weit zurück reichenden Positionen sowohl des "ökonomischen Determinismus" als auch von deren gesellschaftskritischen Widersachern. Beide Standpunkte, referiert der Rezensent, gingen an der empirischen Realität des Konsumentenverhaltens jedoch vorbei, das sich dank Zunahme an Wohlstand und Wissen verändert habe. Jeder empirische Marktforscher wisse hingegen, dass sich eine Art von "Gemeinschaftshandeln" herausgebildet habe, dass von einer "wissensbasierten Lebensführung" heutiger Konsumenten bestimmt sei. Nico Stehr verweise hier auf den zunehmenden Markt mit ökologischen Produkten. Der Rezensent vermisst allerdings die Frage, welche auch kulturellen Veränderungen für die neuen Lebensmuster relevant seien, reines Wissen würde ja nicht allein zu verändertem Verhalten führen. Insgesamt aber trumpfe der Autor mit vielen "bemerkenswerten" Überlegungen auf, die nicht nur für den Fachsoziologen von Interesse seien.
© Perlentaucher Medien GmbH
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