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München und der Nationalsozialismus - eine Beziehung, die nicht nur für Thomas Mann oder Oskar Maria Graf ein offenes Rätsel war. Mathias Rösch geht ihm aus einer neuen Perspektive nach: Er stellt die Parteibasis der NSDAP in den Mittelpunkt und findet Antworten auf viele Fragen: Wer engagierte sich in der Münchner NSDAP? Warum dominierten 1925-1928 Krise und Stagnation? Wie finanzierten sich der gewaltige Organisationsapparat und die Propaganda? War dieser Apparat überhaupt notwendig für den Erfolg? Wie wirkte sich der innerparteiliche Streit aus? Warum leistete sich eine aktivistische Partei…mehr

Produktbeschreibung
München und der Nationalsozialismus - eine Beziehung, die nicht nur für Thomas Mann oder Oskar Maria Graf ein offenes Rätsel war. Mathias Rösch geht ihm aus einer neuen Perspektive nach: Er stellt die Parteibasis der NSDAP in den Mittelpunkt und findet Antworten auf viele Fragen: Wer engagierte sich in der Münchner NSDAP? Warum dominierten 1925-1928 Krise und Stagnation? Wie finanzierten sich der gewaltige Organisationsapparat und die Propaganda? War dieser Apparat überhaupt notwendig für den Erfolg? Wie wirkte sich der innerparteiliche Streit aus? Warum leistete sich eine aktivistische Partei eigentlich ein so reges Vereinsleben? Wie reagierten Gesellschaft und Politik auf den Erfolg der NSDAP und deren Aggressivität? Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass München vor 1933 nicht die "Hauptstadt der Bewegung" war. Mathias Rösch ist Projektleiter und Referent bei der Weißen Rose Stiftung in München. Aus der Presse: "Das Ergebnis ist eine Studie, wie sie die NS-Forschung in Deutschland noch nicht gesehen hat. Detailfreudig und gut lesbar, übersichtlich strukturiert und mit einem hervorragenden Anhang ausgestattet, bietet Mathias Rösch in "Die Münchner NSDAP 1925-1933" ehrliche historische Information." Daniel Möglich, in: Die Berliner Literaturkritik vom 23.01.2003
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Dr .Mathias Rösch, geb. 1966, ist Leiter des Schulmuseums Nürnberg und der Schulgeschichtlichen Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2002

Braune Wahl im weißen Schnee
Bis in die kleinsten Parteiverästelungen hinein untersucht: Die Geschichte der NSDAP in München vor 1933

Mathias Rösch: Die Münchner NSDAP 1925-1933. Eine Untersuchung zur inneren Struktur der NSDAP in der Weimarer Republik. R. Oldenbourg Verlag, München 2002. 598 Seiten, 79,80 [Euro].

München war ein besonderes Pflaster für Hitler und seine Partei. In der bayerischen Landeshauptstadt hatte sich der in Wien beruflich Gescheiterte im Jahre 1913 niedergelassen und sich rasch in diese Stadt verliebt. Hier begann sein Aufstieg vom Bierkelleragitator über eine bayerische Provinzgröße zum reichsweit beachteten "Trommler", ehe seine Ambitionen mit dem mißglückten Putsch am 9. November 1923 jäh zerplatzten. Nach seiner Haftentlassung 1925 blieb Hitler München treu und baute von hier aus die NSDAP neu auf. Nachdem seine Partei mit der Reichstagswahl vom 14. September 1930 zur zweitstärksten Partei aufgestiegen war, expandierte die in München angesiedelte Parteizentrale und siedelte im Januar 1931 in das prunkvolle "Braune Haus" an der Brienner Straße über, das den Machtanspruch der NSDAP symbolisierte. War München also das reichsweite Aushängeschild des Nationalsozialismus, die "Hauptstadt der Bewegung", als die sie von nationalsozialistischer Seite gerne vereinnahmt wurde? Wurde die Macht in Berlin von München aus erobert?

Resistente Katholiken

Mathias Rösch läßt keinen Zweifel darüber aufkommen, daß München entgegen dieser vollmundigen Selbstdarstellung keinesfalls ein für die Hitler-Partei optimales Terrain war. Zwar nahm sie von hier aus ihren Ausgang, und München bescherte der NSDAP bis Ende der zwanziger Jahre überdurchschnittliche Wahlergebnisse. Doch nach der rasanten Expansion der Partei ab 1930 hinkten die Münchner Wahlresultate (zwischen 25 bis 29 Prozent der abgegebenen Stimmen bei den Wahlen 1932) deutlich hinter denen anderer Großstädte hinterher. In seiner detailfreudigen, nicht selten von Einzelheiten überquellenden Darstellung arbeitet Rösch überzeugend heraus, daß der Expansion der Hitler-Partei in ihrem Stammsitz enge Grenzen gezogen waren, die mit der gesellschaftlichen Verfaßtheit Münchens und den dortigen politischen Rahmenbedingungen zusammenhingen. Denn München war mit mehr als 80 Prozent Katholiken diejenige deutsche Großstadt mit dem höchsten Katholikenanteil - und damit fiel in München jener Faktor besonders ins Gewicht, den die Wahlforschung bereits seit längerem als einen wesentlichen Hemmschuh für die Ausbreitung der NSDAP identifiziert hat.

Zwar dürfte weniger als die Hälfte der Münchner Katholiken ihren Glauben aktiv praktiziert haben; aber dennoch rekrutierte sich daraus der Kern eines weitgehend resistenten katholisch-bayerischen Milieus, das für die in Bayern den politischen Ton angebende "Bayerische Volkspartei" (BVP) zu votieren pflegte. Zudem bestand ein sozialistisches Arbeitermilieu, das zwar wegen der unterdurchschnittlichen Industrialisierung der Stadt im Unterschied zu Berlin oder Hamburg nicht seinen Stempel aufdrückte, aber den Aufstieg der NSDAP ebenfalls hemmte. Hinzu kam, daß auch die Behörden das ganze Spektrum staatlicher Zwangsmittel gegen die Hitler-Partei ausschöpften und durch Versammlungs-, Uniform- und Zeitungsverbote das öffentliche Wirken der NSDAP massiv einschränkten. Nachdem der bayerische Staat bis 1923 das Treiben der Hitler-Anhänger mit Sympathie verfolgt hatte, griff er nach den Erfahrungen des Hitler-Putsches zum Teil rigoros gegen die nationalsozialistische Propaganda durch, wobei allerdings das schwächliche Verhalten der Münchner Justiz manche Maßnahmen verwässerte.

Das Schwergewicht der Studie gilt der inneren Struktur der Münchner NSDAP - und hier sind die größten Defizite zu beklagen. Denn Rösch versteift sich auf eine gedankliche Engführung, welche den Anforderungen einer modernen Parteiengeschichte kaum gerecht wird. Gerade die Zeit der Weimarer Republik ist ein Paradebeispiel, um zu zeigen, daß und wie politische Parteien einem bestimmten soziokulturellen Nährboden erwuchsen, wie sie mit einer bestimmten Lebenswelt aufs engste verwoben waren. Der erkenntnisträchtigen Frage nach der wechselseitigen Durchdringung von NSDAP und einem korrespondierenden soziokulturellen Umfeld schenkt Rösch jedoch nur ansatzweise Beachtung. Zwar operiert er gelegentlich mit dem Terminus "Milieu", der diese Wechselwirkung auf den Begriff bringt. Dabei gelingen ihm einige interessante Beobachtungen, die er aber vorzeitig abbricht und nicht weiter verfolgt. Dazu gehört etwa der Hinweis darauf, wie sehr sich in den Ortsgruppen der Münchner NSDAP schon frühzeitig ein reges Parteileben entwickelte, das mit seiner organisierten Geselligkeit in hohem Maße zur inneren Vergemeinschaftung beitrug und durchaus an die geschlossene Lebenswelt des katholischen oder sozialistischen Milieus heranzureichen scheint.

Die Partei als Großfamilie

Insbesondere das rege kulturelle Angebot für die Parteimitglieder ist hier anzumerken, an dem sich auch bekannte Münchner Volksschauspieler beteiligten. So traten etwa Weiß-Ferdl und vor allem Beppo Brem häufig auf Weihnachtsfeiern einzelner Ortsgruppen auf. Rösch konstatiert per Saldo, daß sich die Münchner NSDAP wie eine "Großfamilie" präsentiert habe, verzichtet aber auf eine konsequente Weiterverfolgung dieser Beobachtung und wirft nicht die Anschlußfrage auf, was dieses schon in den zwanziger Jahren entstandene Kernmilieu in seinem Innersten deutungskulturell zusammenhielt.

War es der grassierende Antisemitismus, war es ein ausgeprägter Nationalismus, der die Parteiaktivisten zusammenschweißte und zu diesem homogenen Binnenklima führte, das anscheinend auch unter den unvermeidlichen innerparteilichen Rivalitäten nicht wirklich litt? Um diese Fragen zu beantworten, hätte Rösch ganz andere Quellengattungen erschließen müssen als staatliche Überwachungsberichte über Versammlungen und parteiinterne Rundschreiben. Indem er der nur in Selbstzeugnissen greifbaren kulturellen Verwurzelung der NSDAP in bestimmten Kreisen der Münchner Gesellschaft praktisch keine Aufmerksamkeit schenkt, durchtrennt er die politische Nabelschnur zwischen der Hitler-Partei und ihrem lebensspendenden kulturellen Mikrokosmos.

Daher erschöpft sich seine Studie trotz mancher vielversprechender Ansätze doch im wesentlichen in einer Parteiengeschichte "von oben", die in manchmal ermüdender Langatmigkeit sämtliche organisatorischen Aktivitäten der Münchner NSDAP buchhalterisch registriert. Hier und da werden dabei auch amüsante Details des Propagandakampfes ausgegraben: So nutzten die politischen Lager den März 1932 noch reichlich vorhandenen Schnee, um vor dem zweiten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl mittels mannsgroßer Schneemänner unter anderem auch auf dem Marienplatz für ihre Kandidaten zu werben: Schneefiguren mit den Gesichtszügen des amtierenden Reichspräsidenten Hindenburg und des kommunistischen Kandidaten Thälmann waren ebenso anzutreffen wie Gestalten aus Schnee, die Hakenkreuze trugen und für die Wahl Hitlers eintraten.

Die bis in die kleinsten Verästelungen verfolgten Parteiaktivitäten unterstreichen jene Befunde, welche die Forschung schon seit vielen Jahren herausgestellt hat: Auch die Münchner Partei zeichnete sich durch eine enorme soziale Breite aus und umfaßte - mit einem Übergewicht der Selbständigen, insbesondere der Kleinkaufleute - sämtliche Berufsgruppen. Auch die Münchner Nationalsozialisten finanzierten ihre Parteiarbeit überwiegend selbst aus den Einkünften durch Mitgliedsbeiträge, Schriftenverkauf und Eintrittsgeldern aus Parteiversammlungen. Zwar verfügte die Partei über einzelne reiche Gönner aus dem gehobenen Bürgertum, größere Spenden aus der Mittel- oder gar Großindustrie sind aber für München nicht verbürgt. Insofern lebte die Münchner Partei ebenfalls von der finanziellen Opferbereitschaft vieler einfacher Mitglieder - auch ein deutliches Indiz für die Existenz milieuartiger Strukturen.

Einer vertieften kulturgeschichtlichen Betrachtung wäre der Hinweis auf die besondere Gewaltbereitschaft speziell der Münchner SA wert gewesen. Der berüchtigte Fememörder Edmund Heines, einer der brutalsten Landsknechtsnaturen innerhalb der SA, aus München gebürtig, nahm in seiner Vaterstadt am Hitler-Putsch teil und lebte bis zu seinem Wechsel nach Schlesien in der bayerischen Landeshauptstadt seine gewalttätige Natur aus. Heines steht stellvertretend für eine Vielzahl von SA-Männern, welche die Kultur der Gewalt durch ihre Erfahrungen im Weltkrieg und bei der brutalen Niederschlagung der Münchner Räterepublik 1919 verinnerlicht hatten. Hier beläßt es Rösch bei Andeutungen, die symptomatisch für die organisationsgeschichtliche Schieflage seiner Studie sind.

WOLFRAM PYTA

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"Das Ergebnis ist eine Studie, wie sie die NS-Forschung in Deutschland noch nicht gesehen hat. Detailfreudig und gut lesbar, übersichtlich strukturiert und mit einem hervorragenden Anhang ausgestattet, bietet Mathias Rösch in "Die Münchner NSDAP 1925-1933" ehrliche historische Information." Daniel Möglich in: Die Berliner Literaturkritik vom 23.01.2003