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Vierzehn Gedichtbände sind von Sophia de Mello Breyner Andresen, einer der wichtigsten Stimmen der portugiesischen Lyrik des 20. Jahrhunderts, zu Lebzeiten erschienen. Unsere Edition vereint ihren zweiten und ihren letzten Lyrikband: "Dia do Mar" und "O Búzio de Cós", ergänzt durch fünf "Artes Poeticae", in denen sie ihr Schaffen reflektiert. - "Portugal-Leipzig 2021".

Produktbeschreibung
Vierzehn Gedichtbände sind von Sophia de Mello Breyner Andresen, einer der wichtigsten Stimmen der portugiesischen Lyrik des 20. Jahrhunderts, zu Lebzeiten erschienen. Unsere Edition vereint ihren zweiten und ihren letzten Lyrikband: "Dia do Mar" und "O Búzio de Cós", ergänzt durch fünf "Artes Poeticae", in denen sie ihr Schaffen reflektiert. - "Portugal-Leipzig 2021".
Autorenporträt
Sophia de Mello Breyner Andresen (1919-2004) gilt als die bedeutendste portugiesische Lyrikerin des 20. Jahrhunderts. Bereits im Alter von zwölf Jahren schrieb "a Sophia", wie sie in Portugal liebevoll genannt wird, erste Gedichte. Einer ihrer Vorfahren stammte aus Dänemark. Ende des 19. Jahrhunderts erwarb die Familie in Porto die "Quinta do Campo Alegre" - den heutigen Botanischen Garten, wo Sophia in aristokratischer Umgebung aufwuchs. Sie studierte klassische Philologie und engagierte sich in katholisch geprägten Widerstandsgruppen gegen das faschistische Salazar-Regime. Nach der "Nelkenrevolution" (1974) wurde sie als Abgeordnete für die Sozialistische Partei in die Verfassungsgebende Versammlung gewählt. Sie veröffentlichte zahlreiche Lyrikbände sowie Erzählungen, Kinderbücher, Essays und Theaterstücke. 1999 erhielt sie als erste Frau mit dem "Prémio Camões" den wichtigsten Literaturpreis in der portugiesischsprachigen Welt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2021

Die Nacht ist mit helldunklen Wüsten bestückt

Eine Vergessene wird wiederentdeckt: Gedichte und Prosa der bedeutenden portugiesischen Schriftstellerin Sophia de Mello Breyner Andresen.

Von Paul Ingendaay

Als die Lyrikerin Sophia de Mello Breyner Andresen 2004 im Alter von 84 Jahren in Lissabon starb, verlor Portugal eine Jahrhundertstimme, liebevoll "Sophia" genannt, die Welt jedoch eine Literatin, die sie nur aus großer Ferne kannte. Jetzt hält der Elfenbein Verlag mit den "Exemplarischen Erzählungen" und der Gedichtauswahl "Die Muschel von Kos" ein engagiertes Plädoyer für diese Autorin, die 1999 den Camões-Preis erhielt, die höchste literarische Auszeichnung ihres Landes.

Sophia de Mello Breyner Andresen, geboren in Porto, war die Urenkelin eines dänischen Einwanderers und wuchs in einer liberalen aristokratischen Familie auf. Ihre überragende Bedeutung in Portugal erhielt sie durch ihre Lyrik, die sie ein Leben lang schrieb, aber sie verfasste auch Erzählungen, Essays, Kinderbücher, ein Theaterstück und Übersetzungen antiker Autoren. Als gläubige Katholikin und Mutter von fünf Kindern entsprach sie nicht unbedingt dem Künstlerklischee des zwanzigsten Jahrhunderts - mit dem Effekt, dass ihre ästhetischen Schriften heute angenehm frisch wirken, den politischen Moden enthoben. Als Gegnerin des Salazar-Regimes, das Portugal bis zur Nelkenrevolution von 1974 beherrschte, zog sie eine scharfe Linie zwischen ihrer eigenen Gläubigkeit und dem Ordnungskatholizismus des faschistischen "Estado Novo", und man entdeckt diese Spuren auch in den sorgfältigen Formulierungen ihrer Prosa, ganz so, als hätte ihr jede vermutete ideologische Nähe zu den Machthabern körperliches Unbehagen bereitet.

Die beiden jetzt erschienenen Bände haben unterschiedliches Gewicht. In den "Exemplarischen Erzählungen", übersetzt von Michael Kegler und leider schlampig lektoriert, lernen wir eine Autorin kennen, bei der die oft betörende poetische Atmosphäre gegen den moralisierenden Gehalt ankämpft. Gewiss verstand Sophia de Mello diese beiden Kräfte nicht als Gegensatz, sonst hätte sie diese Texte anders angelegt, aber den Sprung ins Metaphysische werden nicht alle erfahrenen Short-Story-Leser, an Tschechow, Hemingway und Carver geschult, mit Selbstverständlichkeit unternehmen.

Obwohl "Das Abendessen für den Bischof", die längste Erzählung des Bandes, in Gestalt eines mysteriösen "Wichtigen Mannes" auch den Teufel auftreten lässt, ist das Anliegen der Autorin hier wie auch in anderen Texten ganz diesseitig: das Augenmerk auf schreiende Armut und selbstzufriedenes Klassendenken zu richten, gerade in einem Staat, der sich auf seine katholischen Werte so viel zugutehält. Wie dicht Sophia de Mello schrieb, sieht man in der Parabel "Die Reise", die vom Davongleiten aller Ambitionen, dem Verpassen aller Chancen während des Ausflugs eines Paares erzählt: Die Landschaft verschwindet, Häuser und Wegzeichen verschwinden, die Lebenszeit läuft ab. Im Gedächtnis bleibt nicht die moralisierende Lehre, sondern das poetische Bild. Es passt zu dieser Autorin vom Meer, dass sie im Rufen eines Landstreichers unter freiem Himmel die Geste Homers sieht, einen modulierten Gesang: "Worte, so glänzend wie Fischschuppen, Worte, so groß und einsam wie Strände".

Mit dieser Prosazeile ist man schon bei der Dichterin Sophia. Denn die sie umgebenden Naturdinge - Bäume, Wälder, die Farbe einer Amphore oder des Meers, der Duft des Majorans - bestimmen ihre von wunderbarer Konkretheit erfüllte Erfahrungs- und Gedankenlyrik. Sie kann der äußeren Welt gelten, aber auch einem Bild Michelangelos oder einer Begebenheit der griechischen Mythologie. Als "Verbundenheit mit den Dingen" hat die Autorin ihr Weltverhältnis beschrieben. Ihre Verse klingen reich, aber nicht gesucht, sie sind oft überraschend, aber blenden nicht. Den Vokalen des Portugiesischen überlässt sie sich mit der Natürlichkeit einer Handwerkerin, die mit ihrem Material spricht, und wo es reimlos ist, findet die Übersetzerin dafür ansprechende Lösungen. "Die Nacht", heißt es in dem gleichnamigen kurzen Gedicht, "ein Flüstern von Blatt zu Blatt, / Totenstille, weiß, das Sternenmeer schwarz, / Mit helldunklen Wüsten bestückt, tanzt / In lautlosen Schwingungen, schwerelos."

Man liest diese Gedichte wohl nur, wenn man mit der portugiesischen Sprache etwas anfangen kann. Dann sind die Übertragungen und das Nachwort von Sarita Brandt außerordentlich nützlich. Denn die Übersetzerin legt Kratzer und Kampfspuren offen, wenn sie Entsprechungen für Reime finden, aber auch die Metrik bedienen muss. Im Notfall greift sie zu altertümelndem Stil oder archaisierender Wortstellung, die mit der Zeitgenossenschaft von Sophias Dichtung wenig zu tun haben. Die mehrfach auftauchende Wendung "em tudo cuanto amei" (in allem, was ich liebte) heißt einmal "durch alles, was ich geliebt so sehr", acht Seiten später "in allem, was ich einst liebte, nur ich". In beiden Fällen sind die hinzuerfundenen "so sehr" und "nur ich" allein dem deutschen Reimwort geschuldet. Das macht die Verse als deutsche Lyrik wertlos - es sei denn, man begreift sie so, wie sie wohl gemeint sind: als Anregung, sich dem Original zu nähern.

Es war eine kluge Entscheidung der Übersetzerin, fünf kurze poetologische Texte in den Band aufzunehmen. So erfahren wir von Sophia de Mellos frühester Erinnerung, dem poetischen Urmoment: ein Zimmer am Meer, auf dem auf einem Tisch ein großer roter Apfel liegt. Daraus erwuchs die Vorstellung, das Kunstwerk sei Bestandteil des Wirklichen, "Schicksal, Erfüllung, Erlösung und Leben" - der um einen Gegenstand herum gezogene Kreis, "in dem der Vogel des Realen gefangen ist". Wir erfahren aber auch von der Erkenntnis, die lebensbestimmend wurde und in den Versen dieser schönen Auswahl pulsiert: "Ich bin der Dichtung begegnet, bevor ich wusste, dass es Literatur gibt."

Sophia de Mello Breyner Andresen: "Exemplarische Erzählungen".

Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler. Elfenbein Verlag, Berlin 2021. 200 S., geb., 22,- [Euro].

Sophia de Mello Breyner Andresen: "Die Muschel von Kos und andere Gedichte".

Aus dem Portugiesischen von Sarita Brandt. Elfenbein Verlag, Berlin 2021. 250 S., geb., 22,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Paul Ingendaay empfiehlt die zweisprachige Ausgabe mit Gedichten der portugiesischen Schriftstellerin Sophia de Mello vor allem Lesern mit Portugiesischkenntnissen. Sarita Brandts Übersetzungen der laut Ingendaay durch ihre Konkretheit und ihren Klangreichtum auffallenden Gedanken- und Anschauungslyrik scheinen dem Rezensenten nur da wirklich brauchbar, wo die Autorin reimlos dichtet. Bei den reimenden Gedichten dienen sie Ingendaay nur als Anregung, die Originaltexte zu lesen, weil Brandt um des Reims willen Wendungen hinzuerfindet. Brandts Nachwort findet er aber "nützlich", und die poetologischen Texte im Band aufschlussreich, was die Genese dieser Dichterin betrifft.

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