Die Geschichte der Primzahlforschung
Marcus du Sautoy beschreibt in dem populärwissenschaftlichen Buch „Die Musik der Primzahlen“ die Entwicklung der Primzahlforschung von der Antike bis in die Gegenwart. Sautoy bezeichnet Primzahlen als die „Atome der Arithmetik“. In dieser Metapher kommt ihre
Bedeutung als Fundament der Zahlensysteme prägnant zum Ausdruck.
Ist es dem Autor gelungen, dieses…mehrDie Geschichte der Primzahlforschung
Marcus du Sautoy beschreibt in dem populärwissenschaftlichen Buch „Die Musik der Primzahlen“ die Entwicklung der Primzahlforschung von der Antike bis in die Gegenwart. Sautoy bezeichnet Primzahlen als die „Atome der Arithmetik“. In dieser Metapher kommt ihre Bedeutung als Fundament der Zahlensysteme prägnant zum Ausdruck.
Ist es dem Autor gelungen, dieses eher trockene Thema aus dem Bereich der Zahlentheorie (Arithmetik) so interessant darzustellen, dass eine breite Leserschaft angesprochen wird?
Das Buch enthält Biographien zahlreicher berühmter Mathematiker, Erläuterungen zu mathematischen Zusammenhängen und interdisziplinäre Verbindungen zur Physik, Informatik und Musik. Der Autor verzichtet weitgehend auf Formeln. Die wenigen im Buch beschriebenen Funktionen, Reihen und Grafiken sind für das Verständnis des Themas unverzichtbar.
Bereits die alten Griechen haben die Eigenschaften der Primzahlen analysiert und herausgefunden, dass es unendlich viele davon geben muss. Pythagoras fand bei Klangexperimenten mit unterschiedlich gefüllten Tonkrügen eine Beziehung zwischen einfachen Brüchen und harmonischer Musik. Der Begriff Sphärenmusik hat hier seinen Ursprung.
In späteren Jahrhunderten haben Mathematiker wie Leonhard Euler und Carl Friedrich Gauß die Primzahlforschung weiterentwickelt und neue Erkenntnisse über die Eigenschaften der Primzahlen gewonnen. Einen Höhepunkt erreichte die Primzahlforschung durch die Arbeiten des Mathematikers Bernhard Riemann.
Riemann hat die Eigenschaften der sogenannten Zeta- Funktion, einer durch eine Reihe definierten komplexwertigen Funktion, untersucht und einen Zusammenhang mit den Primzahlen und damit zwischen Analysis und Arithmetik erkannt. Es gibt eine Beziehung zwischen der Anzahl der Primzahlen und den Nullstellen der Zeta- Funktion. Riemann vermutete, dass alle nichttrivialen Nullstellen dieser Funktion auf einer Geraden liegen. Der Beweis dieser „Riemannschen Vermutung“ wird von Kennern als der Heilige Gral der Mathematik bezeichnet. Ein Beweis für die Riemannsche Vermutung steht bis heute aus.
Primzahlen waren über Jahrhunderte Gegenstand theoretischer Betrachtungen ohne praktische Anwendung. Das änderte sich im Zeitalter weltweit vernetzter Computer. Die besonderen Eigenschaften der Primzahlen haben die Methoden der Kryptographie geprägt. Die RSA- Verschlüsselung nutzt für ihr System die Erkenntnis aus, dass große Zahlen nicht auf einfache Weise in Primfaktoren zerlegt werden können. Der Schlüssel zum Verschlüsseln (Primzahlprodukt) kann daher veröffentlicht werden, ohne Gefahr zu laufen, dass der Schlüssel zum Entschlüsseln (Primfaktoren) von irgendeinem Hacker berechnet werden kann.
Im Kapitel „Von geordneten Nullstellen zum Quantenchaos“ werden Verbindungen zur Physik dargestellt. Der Mathematiker Hugh Montgomery und der Physiker Freeman Dyson haben erkannt, dass zwischen der Verteilung der Primzahlen und den Energieniveaus schwerer Atome ein Zusammenhang besteht. Diese Verbindung zur empirischen Wissenschaft lässt die Schlussfolgerung zu, dass Primzahlen mehr sind als nur ein theoretisches Konstrukt der Mathematiker.
Die Ausführungen im Buch sind interessant, weitgehend verständlich und lesenswert. Dem Autor ist es gelungen, die Faszination, die von ungelösten Problemen der Mathematik ausgeht, zu vermitteln. Gibt es etwas zu kritisieren? Vielleicht hätten die Erläuterungen zur „Riemannschen Vermutung“ kürzer gefasst werden können, weil dieses Thema einfach zu komplex für eine populärwissenschaftliche Darstellung ist.