»The Night of Time«, so der Originaltitel, wurde 1955 in den USA publiziert, übersetzt von Richard und Clara Winston. Das deutsche Originalmanuskript verdanken wir einer intensiven Suche in amerikanischen Archiven. »A war novel to end all war novels«, steht auf der Taschenbuchausgabe von 1962. Es geht um Adam Ember, der in den Krieg zieht, dabei zuerst in einem endlosen Marsch zu einem Ort namens Turka durch Nacht, Nebel und Schlamm getrieben wird, um schließlich beim Hügel 317 anzukommen, den es aus irgendeinem Grund zu verteidigen gilt. Die Überlebenden seiner Einheit werden dort eingesetzt, und bald wird er zum Totengräber ernannt, dank der feindlichen Artillerie auf dem nächsten Hügel ein ausfüllender Job. Adam arbeitet für die »Bataillone unter der Erde«, wie ihm sein »Totenhauptmann« erklärt: »Was wissen schon die Lebenden von den Geschäften des Todes?« Dieses Geschäft lernt Adam Ember immer besser kennen. Sein Name weist ins Überzeitliche: Adam (hebräisch: Mensch) Ember(ungarisch: Mensch). Und sein Krieg trägt zwar Züge des Ersten Weltkriegs, führt jedoch weit darüber hinaus, bis zur Atombombe: Alle Ortsnamen sind fiktiv, und die Figuren tragen Namen aller möglichen Länder und Kulturen. Sie sind nicht in einem Krieg, sondern in Dem Krieg. Jenem Krieg, der nie wirklich endet. In einem surrealistisch-mythologischen Finale sieht Adam Ember die Armeen der Toten vorbeiziehen, der Toten aller Kriege, von Troja bis Stalingrad, begleitet vom Klagen der Frauen und Mütter.
Die alptraumhaft-surrealistische Vermengung der Welten von Kafka und Remarque legt einen düsteren Schleier auf den Roman. Die vielen erschreckend realistischen Details sind Teile eines merkwürdig unrealistischen Ganzen. Pathetischer Symbolismus wird von fröhlicher Satire konterkariert, und in die schmerzvolle Trauer über den selbstzerstörerischen Wahn der Menschen ist eine große Wut gemischt. Orville Prescott, New York Times
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Froh ist Rezensent Oliver Jungen, dass dieser große, erstmals 1955 auf Englisch erschienene Antikriegsroman von René Fülöp-Miller nun endlich auch in der Originalversion auf Deutsch vorliegt: Der Autor beschreibt darin, angelehnt an die Karpatenschlacht im Ersten Weltkrieg, von der Kriegsfront in einem hier nicht genannten Krieg erzählt. Wobei sein Bericht mit allen Wassern der literarischen Moderne gewaschen ist, so Jungen: Surreal und zugleich beißend sarkastisch schreibe Fülöp-Miller über die "zwar stotternde, aber letztlich gründliche Maschine", die der Krieg ist, ""alle Höllen des Verhungerns und Verdurstens" müssen die Figuren durchwandern, erklärt der beeindruckte Kritiker. Dieser Roman sollte mit all seiner Schreckenswucht in den Schulen gelesen werden, wünscht er sich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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