Es ist ein Jahrhundertereignis: Ein Komet soll in diesen Tagen die Erdumlaufbahn streifen und genau über Buenos Aires erscheinen, dem Herzen Argentiniens, so, wie es schon die Alten aus grauer Vorzeit berichtet haben, an einem Himmel, der nun den Jungen gehört. Die Bevölkerung rätselt, staunt, zensiert sich und wartet doch gebannt, in stiller Übereinkunft darüber, dass etwas Neues beginnt.Wie die titelgebende Erzählung Liliana Hekers handeln die Geschichten in dieser Anthologie von Nöten und Hoffnungen eines Landes, in dem es im letzten Jahrhundert mehr als turbulent zuging. Juden wie Nazis haben sich hierher geflüchtet, wo später Männer wie Frauen spurlos verschwunden sind, wo heute ein Jahrzehnt Diktatur aufgearbeitet wird, während man sich noch aus der jüngsten Wirtschaftskrise befreit, und in dem man sich immer wieder nach den eigenen europäischen Wurzeln sehnt. Kurz, literarisches Talent fällt hier auf überaus fruchtbaren Boden. Mal mit zynischem Pathos, mal gelassen und weise, oft mit Hang zum Tragikomischen hin erzählen die Stimmen in diesem Band von enttäuschten Erwartungen und von Wünschen, die es noch zu erfüllen gilt. Zum Beispiel, der kleinen Tochter eine Süssigkeit aus dem Supermarkt mitzubringen, aber nach dem legalen Prinzip; sich vom Objekt der Begierde zu trennen, ohne in Grossstadtneurosen zu fallen; oder eine Gewerkschaft zu improvisieren, anstatt die Tage ohnmächtig und vereinzelt bis in den Todweiterzuführen - oder gar, bis der Komet erneut am argentinischen Horizont erglüht.Mittels einer Vielzahl Stimmen unterschiedlichen Alters gelingt es diesem Erzählband, ein generationsübergreifendes Panorama zu schaffen. Gleichzeitig holt er eine argentinische Perspektive über den Ozean, die man im deutschsprachigen Raum bislang nur vermisst gemeldet kennt: eine weibliche. Insgesamt zwölf Autorinnen, geboren zwischen 1928 und 1982, kommen in diesem Buch zu Wort, darunter renommierte Schriftstellerinnen, wie Liliana Heker, Ángela Pradelli, Angélica Gorodischer, und sich nach oben schreibende, wie Samanta Schweblin, Natalí Tentori, Alejandra Laurencich. So haben die Lesenden hier ihre Freude daran, zu verfolgen, wie die Mütter die Kindeskinder beäugen und die Töchter die Elterngeneration, wie aber keine von ihnen vergisst, im Schlamassel der Protagonisten auch das Kapitel Machismo aufzuschlagen.
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