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Gibt es in unserer schnellen, vernetzten Welt noch Abenteuer zu erleben - und zu bestehen? Käme darauf an, wie man vernetzt definiert. Dieses Fahrtenbuch erzählt von jener »Menschenfischerei«, die immer dann möglich ist, wenn erotische Begegnungen zum Tür-Öffner werden. Plötzlich - mitunter schon in den Geständnissen einer einzigen Nacht - tun sich Welten auf, die ansonsten verborgen bleiben: Die düsteren Geheimnisse einer lateinamerikanischen Oberschichtfamilie, die Lüste und Ängste einer syrischen jeunesse dorée im Schatten der Assad-Diktatur, die Geschehnisse vor und nach der…mehr

Produktbeschreibung
Gibt es in unserer schnellen, vernetzten Welt noch Abenteuer zu erleben - und zu bestehen? Käme darauf an, wie man vernetzt definiert. Dieses Fahrtenbuch erzählt von jener »Menschenfischerei«, die immer dann möglich ist, wenn erotische Begegnungen zum Tür-Öffner werden. Plötzlich - mitunter schon in den Geständnissen einer einzigen Nacht - tun sich Welten auf, die ansonsten verborgen bleiben: Die düsteren Geheimnisse einer lateinamerikanischen Oberschichtfamilie, die Lüste und Ängste einer syrischen jeunesse dorée im Schatten der Assad-Diktatur, die Geschehnisse vor und nach der Niederschlagung der birmesischen Mönchsproteste, die multiplen Identitäten südafrikanischer Farbiger oder israelischer Araber, die Traumatisierungen eines jungen laotischen Lager-Überlebenden, erzählt in einer Nacht in Madrid ... verkürzt gesagt: Eine kleine Enzyklopädie der sexuellen Sitten und Gebräuche, der »moeurs« unserer Zeit, die nie im luftleeren Raum existieren, sondern erst durch die Schraffierung des politischen Hintergrunds an Kontur gewinnen - siehe Damaskus, Laos und Nicaragua, Danzig, Kapstadt oder Tel Aviv und eben San Salvador. Der häufige Perspektivwechsel und die Reflexion der Handlung in Kommentaren und Rückblenden ist dabei ein Antidot zur auftrumpfenden Schnurre, welche letzten Endes den Leser ausschließen würde. Auch stilistisch: Der heiter-ironische Konversationston der Zwischen-Dialoge ist bewusst gewählt als Ergänzung zur komplexen Sprache der Geschichten. Darüber hinaus erzählen vor allem diese Dialoge von einer "Liebesgeschichte in progress", in der sich ein Paar der Liebes- und Lebensmöglichkeiten jenseits einer traditionellen Monogamie versichert. Man kann das Fahrtenbuch als Entwicklungsroman in Episoden lesen: Am Ende steht nicht nur die verteidigte Liebe, sondern auch die melancholische Einsicht in das eigene Älterwerden und der Abschied von juvenilem Entdecker-Muwillen. Auch politische Umbrüche bekommen deshalb in der Wahrnehmung einer Zeitachse eine existentielle Dimension. Was daraus folgt ist ein heiteres Loslassen-Können, vor allem aber eine auf Fortdauer bauende Liebe, die sich nicht selbst betrügt. So kommen am Schluss die Melancholiker ebenso zu ihrem Recht wie die Optimisten, die politisch wie auch die erotisch Neugierigen - und, last but not least - die Bücher verschlingenden Romantiker ebenso wie die erlebnishungrigen Welt- und Körper-Vagabunden.
Autorenporträt
Marko Martin lebt, sofern nicht auf Reisen, als Schriftsteller in Berlin. In der Anderen Bibliothek erschienen seine Bücher Schlafende Hunde (Band 298) und Die Nacht von San Salvador (Band 345) und Dissidentisches Denken (Band 415).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensentin Martina Läubli singt ein Loblied auf Marko Martins neues Buch "Die Nacht von San Salvador", dass sie auf eine Reise in ferne Länder und wilde Liebesabenteuer entführt. Die Kritikerin bewundert zunächst Martins Kunst, leidenschaftliche körperliche Begegnungen deutlich und lebensecht zu schildern, ohne dabei je ins Pornografische zu rutschen. Vielmehr erscheinen ihr die Erzählungen wie ein "Atlas entlang der Linien des Begehrens", der darüber hinaus verdeutlicht, dass auch beim körperlichen Zusammensein, Hautfarbe, Machtverhältnisse und ethnische Zuschreibungen nicht an Bedeutung verlieren. Die Rezensentin reist aber mit dem Journalisten nicht nur durch die Schwulenwelt von Danzig bis Damaskus und Madrid bis Manaus, sondern erlebt auch politische Spannungen, die Martin "atmosphärisch" zu beschreiben wisse. Reiseliteratur vom Feinsten, die den Vergleich mit Gabriel Garcia Marquez, Johann Peter Hebel oder Alexander Kluge nicht zu scheuen braucht, urteilt die verzauberte Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2014

Erlebte Romantik

Gibt es in unserer heutigen, global vernetzten Welt noch Abenteuer zu erleben? Der Berliner Schriftsteller Marko Martin würde diese Frage wohl ohne Einschränkung bejahen. Sein neuer Erzählband, in schöner Ausstattung erschienen in der einst von Hans Magnus Enzensberger gegründeten Anderen Bibliothek, ist freilich keine Streitschrift gegen den gegenwärtigen Ennui, der meint, im Zeitalter von Google Maps schon alles gesehen zu haben. "Die Nacht von San Salvador" ist entsprechend ihres Untertitels "Ein Fahrtenbuch", das in stilistischer Vielfalt Geschichten erzählt, die in Manaus oder Damaskus spielen, in Danzig oder Tel Aviv, in Managua oder Südostasien. Verbunden sind sie nicht zuletzt durch die erotische Neugier des Ich-Erzählers, die in ironisch gestimmter Offenheit kein exhibitionistischer Selbstzweck ist, sondern etwas Entscheidenderes: Begegnungen, oft nur für eine Nacht, werden zum unerwarteten Türöffner für die Geheimnisse von Gesellschaften, deren autoritär-traditionelle Struktur sich ansonsten dem Fremden verschließt. So jedoch erfährt er hier ebenso von den düsteren Geheimnissen einer lateinamerikanischen Oberschichtfamilie wie von der fragilen Situation einer verängstigten jeunesse doreé im Schatten der Assad-Diktatur. Die frohgemute Weltzugewandtheit des Autors hat gute Gründe: Marko Martin ist nicht nur ein Reisender, sondern auch ein Lesender - und entdeckt deshalb im Amazonas-Dschungel Perus nicht nur die Spuren Werner Herzogs, sondern auch die Orte von Mario Vargas Llosas Romanen. Und was wäre Danzig ohne Pawel Huelles Erzählungen, was Nizza ohne die feine Melancholie von Patrick Modiano? Dieses Fahrtenbuch ist dabei nicht nur eine Hommage an die Literatur, sondern letztlich auch an die Liebe. Denn häufig reist man zu zweit und ist bei allem nichtmonogamen Hedonismus doch verbunden in langjähriger seelischer Treue. Wer mag, kann "Die Nacht von San Salvador" auch als das Buch eines Romantikers lesen, der dennoch um die Vergänglichkeit der Zeit und des Körpers weiß. Was er mit seinen Reiseschilderungen deshalb dagegensetzt, ist - Literatur.

F.A.Z.

"Die Nacht von San Salvador - Ein Fahrtenbuch" von Marko Martin. Erschienen in der Reihe "Die Andere Bibliothek" im Aufbau Verlag, Berlin 2014. 504 Seiten. Gebunden, 38 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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