Bereits 1947 wurde im Rahmen der Havanna-Charta eine Initiative zur Schaffung einer internationalen Wettbewerbsordnung unternommen, auf die sich jedoch die internationale Staatengemeinschaft nicht einigen konnte. Die handelspolitischen Vertragsentwürfe wurden dann Basis für das General Agreement on Tarifs and Trade (GATT) als erstes Welthandelsabkommen. Vor dem Hintergrund der Handelsliberalisierungen im Rahmen der GATT-Runden, wichen die Regierungen jedoch von den tarifären Handelshemmnissen auf nicht-tarifäre, nicht in den WTO-Verträgen geregelte oder scheinbar antiprotektionistische Instrumente wie Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen aus, um ihre vom gestiegenen internationalen Wettbewerb bedrohten Unternehmen zu schützen. Durch die wettbewerbspolitischen Lücken der internationalen Wettbewerbsordnung entstanden so neue außenwirtschaftliche Problemfelder. Deshalb und aufgrund der zunehmenden Globalisierung und der gestiegenen internationalen Fusionsaktivitäten wird in den letzten Jahren das Fehlen einer grenzübergreifenden internationalen Wettbewerbspolitik immer offensichtlicher. Spätestens beim internationalen Marktzugang wird Handelspolitik zu Wettbewerbspolitik. Es erstaunt deshalb wenig, dass sich die OECD bereits in ihrer Empfehlung von 1986 für eine stärkere Berücksichtigung der Interdependenzen von Handels- und Wettbewerbspolitik aussprach und die Festsetzung international einheitlicher Wettbewerbsregeln auf der Agenda der neuen WTO-Runde von Doha stehen soll.
Der Autor hat sich mit der vorliegenden Arbeit zum Ziel gesetzt, ausgehend von den derzeitigen außenwirtschaftlichen Problemfeldern geeignete Ansätze für eine internationale Wettbewerbsordnung herauszuarbeiten, um so die aktuelle Reformdiskussion zu bereichern.
Der Autor hat sich mit der vorliegenden Arbeit zum Ziel gesetzt, ausgehend von den derzeitigen außenwirtschaftlichen Problemfeldern geeignete Ansätze für eine internationale Wettbewerbsordnung herauszuarbeiten, um so die aktuelle Reformdiskussion zu bereichern.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2006Wider den Merkantilismus
Möglichkeit und Grenzen einer Welthandelsordnung
Die Weltwirtschaft verfügt bis heute nicht über kohärente und durchsetzbare institutionelle Rahmenbedingungen. Zwar sind die Belastungen durch Zölle und andere klassische Handelshemmnisse stark gesunken, doch die Freihandelsordnung der Welthandelsorganisation (WTO) hat noch erhebliche Lücken. Eine globale Wettbewerbsordnung fehlt fast völlig, abgesehen von einigen Regeln des ursprünglichen Zollabkommens Gatt, die auch wettbewerbspolitisch ausgelegt werden können. Wenn man mit dem Autor der vorliegenden Studie die Notwendigkeit staatlicher Wettbewerbspolitik mit guten Gründen voraussetzt, dann leitet sich daraus auch für die globalisierte Wirtschaft der Ruf nach verbindlichen Normen und einer Institution ab, die sie auch gegen den Widerstand einzelner Regierungen durchsetzen kann.
Fortschritten auf diesem Gebiet stehen allerdings erhebliche Hindernisse entgegen. Dazu gehören die verschiedenen wettbewerbspolitischen Konzeptionen, die Furcht einzelner Regierungen vor einem Verlust an nationaler Souveränität im Bereich der Wettbewerbspolitik und vor allem die verschiedenen Interessen, die in den vergangenen Jahrzehnten die Entstehung eines neuen Protektionismus befördert haben. Dieser wird von Conrad ausführlich und in der gebotenen kritischen Schärfe erörtert. Das Spektrum reicht von den vielfältigen Subventionen bis hin zu den Anti-"Dumping"-Maßnahmen, die sich in vielen Industriestaaten zur verbreiteten Waffe gegen unliebsame Konkurrenz entwickelt haben.
Im Rahmen der WTO hat man immer wieder Versuche unternommen, eine solche Politik einzudämmen. Doch die Realität zeigt, daß weder der internationale Subventionskodex noch das Antidumpingübereinkommen diese Aufgabe auch nur annähernd erfüllen. Ein wesentlicher Mangel ist das Fehlen einer unabhängigen Institution, die ihre Entscheidungen auch durchsetzen kann. So kann zum Beispiel bis heute nur über die Berechtigung der Verhängung eines Antisubventionszolls durch einen dadurch geschädigten Staat entschieden, nicht aber der subventionierende Staat selbst sanktioniert werden. Auch in der Fusionskontrolle und mit Blick auf Exportkartelle gäbe es wesentliche Aufgaben für eine globale Wettbewerbspolitik. Hier ist in vielen Ländern das - unselige - geistige Erbe des Merkantilismus zu spüren.
Gerade weil eine "Weltwettbewerbsbehörde" offenbar fernab aller politischen Realität verbleibt, ist es wichtig, Modelle dafür wissenschaftlich zu erörtern. Der Autor nennt seinen eigenen Ansatz "neo-ordoliberal". In dieser Perspektive ist es die Aufgabe der internationalen Wirtschaftsordnung, dafür zu sorgen, "daß das Nutzenstreben der privaten Unternehmen und der Regierungen zu einer Maximierung der Weltwohlfahrt führt". Das kann nur durch intensiven Wettbewerb geschehen. Freilich sind Regierungen nicht selbstverständlich an einer Maximierung der Weltwohlfahrt interessiert, wie Conrad in den Passagen zur politischen Ökonomie klar und deutlich zeigt. Sie sind, so möchte man hinzufügen, nicht einmal notwendigerweise an der langfristigen Maximierung der Wohlfahrt ihres Landes interessiert. So bleibt es ein ordnungspolitisches Idealbild, das Conrad sehr folgerichtig darstellt: Eine internationale Wettbewerbsbehörde setzt ein Regelwerk durch, das einen Kodex gegen Kartellabsprachen, Fusionskontrolle und Subventionskontrolle und ein internationales Antidumpingverfahren enthält.
SASCHA TAMM.
Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung, Potsdam.
Christian A. Conrad: Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2005, 290 Seiten, 86,80 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Möglichkeit und Grenzen einer Welthandelsordnung
Die Weltwirtschaft verfügt bis heute nicht über kohärente und durchsetzbare institutionelle Rahmenbedingungen. Zwar sind die Belastungen durch Zölle und andere klassische Handelshemmnisse stark gesunken, doch die Freihandelsordnung der Welthandelsorganisation (WTO) hat noch erhebliche Lücken. Eine globale Wettbewerbsordnung fehlt fast völlig, abgesehen von einigen Regeln des ursprünglichen Zollabkommens Gatt, die auch wettbewerbspolitisch ausgelegt werden können. Wenn man mit dem Autor der vorliegenden Studie die Notwendigkeit staatlicher Wettbewerbspolitik mit guten Gründen voraussetzt, dann leitet sich daraus auch für die globalisierte Wirtschaft der Ruf nach verbindlichen Normen und einer Institution ab, die sie auch gegen den Widerstand einzelner Regierungen durchsetzen kann.
Fortschritten auf diesem Gebiet stehen allerdings erhebliche Hindernisse entgegen. Dazu gehören die verschiedenen wettbewerbspolitischen Konzeptionen, die Furcht einzelner Regierungen vor einem Verlust an nationaler Souveränität im Bereich der Wettbewerbspolitik und vor allem die verschiedenen Interessen, die in den vergangenen Jahrzehnten die Entstehung eines neuen Protektionismus befördert haben. Dieser wird von Conrad ausführlich und in der gebotenen kritischen Schärfe erörtert. Das Spektrum reicht von den vielfältigen Subventionen bis hin zu den Anti-"Dumping"-Maßnahmen, die sich in vielen Industriestaaten zur verbreiteten Waffe gegen unliebsame Konkurrenz entwickelt haben.
Im Rahmen der WTO hat man immer wieder Versuche unternommen, eine solche Politik einzudämmen. Doch die Realität zeigt, daß weder der internationale Subventionskodex noch das Antidumpingübereinkommen diese Aufgabe auch nur annähernd erfüllen. Ein wesentlicher Mangel ist das Fehlen einer unabhängigen Institution, die ihre Entscheidungen auch durchsetzen kann. So kann zum Beispiel bis heute nur über die Berechtigung der Verhängung eines Antisubventionszolls durch einen dadurch geschädigten Staat entschieden, nicht aber der subventionierende Staat selbst sanktioniert werden. Auch in der Fusionskontrolle und mit Blick auf Exportkartelle gäbe es wesentliche Aufgaben für eine globale Wettbewerbspolitik. Hier ist in vielen Ländern das - unselige - geistige Erbe des Merkantilismus zu spüren.
Gerade weil eine "Weltwettbewerbsbehörde" offenbar fernab aller politischen Realität verbleibt, ist es wichtig, Modelle dafür wissenschaftlich zu erörtern. Der Autor nennt seinen eigenen Ansatz "neo-ordoliberal". In dieser Perspektive ist es die Aufgabe der internationalen Wirtschaftsordnung, dafür zu sorgen, "daß das Nutzenstreben der privaten Unternehmen und der Regierungen zu einer Maximierung der Weltwohlfahrt führt". Das kann nur durch intensiven Wettbewerb geschehen. Freilich sind Regierungen nicht selbstverständlich an einer Maximierung der Weltwohlfahrt interessiert, wie Conrad in den Passagen zur politischen Ökonomie klar und deutlich zeigt. Sie sind, so möchte man hinzufügen, nicht einmal notwendigerweise an der langfristigen Maximierung der Wohlfahrt ihres Landes interessiert. So bleibt es ein ordnungspolitisches Idealbild, das Conrad sehr folgerichtig darstellt: Eine internationale Wettbewerbsbehörde setzt ein Regelwerk durch, das einen Kodex gegen Kartellabsprachen, Fusionskontrolle und Subventionskontrolle und ein internationales Antidumpingverfahren enthält.
SASCHA TAMM.
Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung, Potsdam.
Christian A. Conrad: Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2005, 290 Seiten, 86,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Überzeugend findet Rezensent Sascha Tamm diese Studie über Möglichkeit und Grenzen einer Welthandelsordnung, die Christian A. Conrad vorgelegt hat. Er teilt den Ruf des Autors nach verbindlichen Normen für die globalisierte Wirtschaft und einer Institution, die eine globale Wettbewerbspolitik durchsetzen kann. Allerdings sieht Tamm hier noch zahlreiche Hindernisse, etwa die Furcht einzelner Regierungen vor einem Verlust an nationaler Souveränität oder den in den letzten Jahrzehnten entstandenen neuen Protektionismus. In diesem Zusammenhang lobt er Conrads kritische Diskussion dieser Hindernisse und hebt dessen "neo-ordoliberalen" Ansatz hervor, der eine Maximierung der Weltwohlfahrt anstrebt. Das Resümee des Rezensenten: eine Studie, die "ökonomisches Hintergrundwissen" für ein "umstrittenes Politikfeld" bietet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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