Die Odyssee - ein Mythos, ein Abenteuer, ein Rätsel. Der genaue Verlauf der Irrfahrt ist unbekannt:_Die Segel setzte Odysseus in Troja, doch nachdem ein widriger Wind die Umrundung des Peloponnes vereitelte, verliert sich seine Spur_... ___Auch Tobias Lehmkuhl weiß noch nicht, wann und wo sein Abenteuer enden wird, als er von Trojas Ruinen aufs Mittelmeer hinausschaut. Wie Homers Held steht er vor einer Reise ins Ungewisse. Zufälle und Unwägbarkeiten führen Lehmkuhl nach Kea und Kythera, nach Neapel und Palermo, über Gibraltar und Malta schließlich doch nach Ithaka. Die «Odyssee» im Gepäck, wandert er über Vulkan-Inseln und segelt durch die Ägäis, er verliebt sich in die Medina von Tanger, verpasst den Eingang zum Hades, lässt sich von Sirenen locken. Er freundet sich mit Grenzschützern an, lernt in Tunis vermeintliche Revolutionäre kennen, trifft Finanzinvestoren an der Costa de la Luz und besteigt den Vulkan Stromboli. Das Mittelmeer, unermesslich weit, unermesslich reich, erlebt Lehmkuhl als eine Welt, in der sich tausend Wege kreuzen, uralte und ganz neue, Wege von Kreuzfahrtschiffen und Flüchtlingsbooten, Fischern und Fernfahrer-Fähren. Eine packende Reise- und Abenteurergeschichte, die vom archaischen Zauber jener Landstriche zeugt, die als Wiege unserer Kultur gelten.
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Griechischer Wein
Mit dem Epos in der Hand die Fahrtroute des Odysseus zu ermitteln wurde schon oft versucht. Die Gelehrten halten es meist für ein müßiges Unterfangen, geeignet allenfalls, den geographischen Horizont und die nautischen Möglichkeiten der Griechen im achten Jahrhundert auszumessen (F.A.Z. vom 15. Februar 2010). Schriftsteller sind da selbstverständlich freier; sie mögen zu den Irrfahrten des ersten europäischen Menschen greifen, um ihrem Reisebericht einen roten Faden zu geben, und gewiss sein, die Insel der Phaiaken mit Korfu zu identifizieren.
Tobias Lehmkuhl spürt der Fahrt des Odysseus nach, indem er mit öffentlichen Bussen, Fähren und Zügen zwischen Troja und Gibraltar ("eine bröckelnde Fassade, eine lachhafte Maske, ein kalter Unort") reist und sich mit schmalem Budget der "Wirklichkeit des Tourismus" aussetzt, einmal sogar mit all inclusive und Animation (Tobias Lehmkuhl: "Die Odyssee". Ein Abenteuer. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2013. 302 S., geb., 19,95 [Euro]).
Das produziert Eindrücke, Begegnungen und Gespräche wie zufällig, aber auf Dauer nervt die Attitüde des naiven Beobachters von Alltäglichem und Skurrilem, der keinen Cicerone konsultiert und von einem Australier über die Schlacht bei Gallipoli ins Bild gesetzt werden muss - da hilft auch ein Moment der Selbsterkenntnis nicht. Wer nichts weiß, sieht auch nichts, die alte Baedeker-Weisheit möchte man dem Autor bisweilen zurufen. Da ist von einer "fast schon lächerlichen Griechenlandromantik" die Rede; warum die Kykladen so heißen, muss sich der Reisende erklären lassen. Wenn ihm das Unterwegssein genauso wichtig ist wie das Verweilen oder die Reise als Therapie bedacht wird, verfehlt das die Banalität nur knapp. Hin und wieder wird aus Homers Odyssee zitiert, aber Aphrodite steht trotzdem nicht "im Mittelpunkt des Epos", ebenso wenig wie der Kriegsgott Ares in der Ilias.
Sicher, es gibt präzise, auch witzige Szenen, zumal im afrikanischen Teil, und spannende Momente. Fesselnd schildert Lehmkuhl, wie er in Kardamili an der Südspitze der Peloponnes Haus und Bibliothek des englischen Reiseschriftstellers Patrick Leigh Fermor besichtigt. Danach sucht er Worte, um seine Emotionen dabei zu beschreiben - und landet im Klischee. Einmal variiert er die vielen Täuschungen im Epos, indem er eine Touristin als Bibliothekarin und Inbegriff der bildungsgläubigen deutschen Kulturbürgerin mit Hang zur landschaftlichen Schönheit und Anmut Italiens imaginiert, die sich dann aber als Engländerin und unkundig selbst der Odysseus-Figur erweist. Anderswo überlässt er es dem Leser, bei einer Schlägerei im Hafen von Palermo an den Bettlerboxkampf im Haus des Odysseus zu denken. Insgesamt: angemessen gebrochene Impressionen von der heutigen Mittelmeerwelt, aber zum titelgebenden Leitmotiv ist dem Autor nur im vorletzten Kapitel etwas eingefallen.
UWE WALTER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit dem Epos in der Hand die Fahrtroute des Odysseus zu ermitteln wurde schon oft versucht. Die Gelehrten halten es meist für ein müßiges Unterfangen, geeignet allenfalls, den geographischen Horizont und die nautischen Möglichkeiten der Griechen im achten Jahrhundert auszumessen (F.A.Z. vom 15. Februar 2010). Schriftsteller sind da selbstverständlich freier; sie mögen zu den Irrfahrten des ersten europäischen Menschen greifen, um ihrem Reisebericht einen roten Faden zu geben, und gewiss sein, die Insel der Phaiaken mit Korfu zu identifizieren.
Tobias Lehmkuhl spürt der Fahrt des Odysseus nach, indem er mit öffentlichen Bussen, Fähren und Zügen zwischen Troja und Gibraltar ("eine bröckelnde Fassade, eine lachhafte Maske, ein kalter Unort") reist und sich mit schmalem Budget der "Wirklichkeit des Tourismus" aussetzt, einmal sogar mit all inclusive und Animation (Tobias Lehmkuhl: "Die Odyssee". Ein Abenteuer. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2013. 302 S., geb., 19,95 [Euro]).
Das produziert Eindrücke, Begegnungen und Gespräche wie zufällig, aber auf Dauer nervt die Attitüde des naiven Beobachters von Alltäglichem und Skurrilem, der keinen Cicerone konsultiert und von einem Australier über die Schlacht bei Gallipoli ins Bild gesetzt werden muss - da hilft auch ein Moment der Selbsterkenntnis nicht. Wer nichts weiß, sieht auch nichts, die alte Baedeker-Weisheit möchte man dem Autor bisweilen zurufen. Da ist von einer "fast schon lächerlichen Griechenlandromantik" die Rede; warum die Kykladen so heißen, muss sich der Reisende erklären lassen. Wenn ihm das Unterwegssein genauso wichtig ist wie das Verweilen oder die Reise als Therapie bedacht wird, verfehlt das die Banalität nur knapp. Hin und wieder wird aus Homers Odyssee zitiert, aber Aphrodite steht trotzdem nicht "im Mittelpunkt des Epos", ebenso wenig wie der Kriegsgott Ares in der Ilias.
Sicher, es gibt präzise, auch witzige Szenen, zumal im afrikanischen Teil, und spannende Momente. Fesselnd schildert Lehmkuhl, wie er in Kardamili an der Südspitze der Peloponnes Haus und Bibliothek des englischen Reiseschriftstellers Patrick Leigh Fermor besichtigt. Danach sucht er Worte, um seine Emotionen dabei zu beschreiben - und landet im Klischee. Einmal variiert er die vielen Täuschungen im Epos, indem er eine Touristin als Bibliothekarin und Inbegriff der bildungsgläubigen deutschen Kulturbürgerin mit Hang zur landschaftlichen Schönheit und Anmut Italiens imaginiert, die sich dann aber als Engländerin und unkundig selbst der Odysseus-Figur erweist. Anderswo überlässt er es dem Leser, bei einer Schlägerei im Hafen von Palermo an den Bettlerboxkampf im Haus des Odysseus zu denken. Insgesamt: angemessen gebrochene Impressionen von der heutigen Mittelmeerwelt, aber zum titelgebenden Leitmotiv ist dem Autor nur im vorletzten Kapitel etwas eingefallen.
UWE WALTER
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