Der Zusammenbruch der Sowjetunion wirkte einst wie ein großartiger Sieg der liberalen Ordnung über die sozialistische Unterdrückung. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Von »links« wird sie für die Finanzkrise sowie eine ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen kritisiert. Von »rechts« wird sie als Bedrohung für nationale Identität und Wohlstand durch fremde Mächte verschrien. Das führt zu bizarren Verbrüderungen der politischen Linken und Rechten gegen einengemeinsamen Feind: die liberale Ordnung.Angesichts der enormen Leistungen der liberalen Ordnung wirken die Anfeindungen absurd. Warum verteufeln die Menschen ein Prinzip, das nachweislich zu Wohlstand beigetragen und ein Leben in Freiheit ermöglicht hat, und fordern stattdessen einesozialistische Gesellschaftsordnung, obwohl alle politischen Systeme, in denen diese gelebt wurde, gescheitert sind?Manager Magazin-Bestsellerautor Thomas Mayer zeigt, warum wir den Prinzipien des Liberalismus verdanken, was wir erreichthaben und was wir sind. Und er gibt einen Ausblick darauf, was passiert, wenn die Prinzipien der liberalen Gesellschaftsordnungnicht mehr verstanden und stattdessen von Politikern, die an menschliche Instinkte statt an den Intellekt appellieren, ausgehebelt werden: Wir verlieren alles - unsere Freiheit und unseren wirtschaftlichen Wohlstand.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2019Eine Lanze für die Freiheit
Thomas Mayer rechnet mit den Sozialisten ab
Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und Honorarprofessor an der Universität Witten/Herdecke. In seinem jüngsten Buch analysiert er die liberale Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und die Gefahr der Selbstzerstörung, der diese Gesellschaft ausgesetzt ist. An der Übernahme von Hayeks Widmung aus dessen "Weg zur Knechtschaft", nämlich "den Sozialisten in allen Parteien", erkennt man schnell den Hayekianer. In den ersten drei Kapiteln entwickelt Mayer sein Gesellschaftsmodell, wobei er in Stammesgesellschaften historische Vorläufer liberaler Gesellschaften sieht, nach deren Geborgenheit sich aber viele Menschen zurücksehnen. Politiker mit konstruktivistischen Neigungen oder gar zentralplanerischen Absichten können darauf aufbauen.
Eine liberale Gesellschaftsordnung geht von Selbstbestimmung, individueller und unternehmerischer Freiheit, verbunden mit Eigenverantwortung, aus, die im Falle von Fehlern oder Scheitern recht lästig werden kann. Nach Mayer sind Privateigentum, Gewaltenteilung und Rechtsstaat, also Einschränkungen der Herrschaftsgewalt, wesentlich für den Wohlstand der westlichen Länder verantwortlich. Aber der Erfolg dieses Gesellschaftsmodells hat weder Konservative wie Bismarck noch Sozialdemokraten, noch die 1968er Generation überzeugen können.
Im vierten bis siebten Kapitel beschäftigt sich Mayer mit den Versuchen, dem Kapitalismus seine Härten zu nehmen, von Keynes und der Globalsteuerung über dritte Wege bis zum behütenden Sozialstaat und zur Wirtschaftslenkung über Zentralbanken und Geldpolitik. Nach Mayer sind all diese Versuche letztlich gescheitert. Gründe dafür sind Wissensdefizite der lenkenden Instanzen, Preisverzerrungen und Anreizverzerrungen mit daraus resultierenden Fehlallokationen. Das gilt auch für die Energie- und Klimapolitik oder die Migrationspolitik der offenen Grenzen und das "Wir schaffen das". Soziale Gerechtigkeit hält Mayer für ein "Luftschloss", Chancengerechtigkeit für nicht machbar.
Die interventionistische Politik führt in eine Art Privilegiensystem, bei dem die Reichen und Mächtigen beste Durchsetzungschancen haben. Die Erwartungen und Hoffnungen der Mündel des Sozialstaates werden durch Globalisierung, Finanzkrise, Euro-Krise und offene Grenzen für Zuwanderer aus armen Ländern zunehmend enttäuscht. Die Mündel empfinden Ressentiments und Wut statt Vertrauen zu den Eliten.
Im achten Kapitel behandelt Mayer die chinesische Diagnose des westlichen Niedergangs, wonach die Massendemokratie mit der kurzsichtigen Prägung durch Wählerwünsche vor allem nach Umverteilung mit der langfristigen Wahrung nationaler Interessen inkompatibel ist. Mayer hält es zumindest für möglich, dass der harte Interventionismus der chinesischen Diktatur auch dank konsequenter Ausnutzung der Überwachungsmöglichkeiten relativ besser funktioniert als der Ad-hoc-Interventionismus der westlichen Eliten. Damit will er natürlich nicht die Übernahme des antiliberalen chinesischen Modells empfehlen.
In den abschließenden Kapiteln empfiehlt er stattdessen die Rückkehr zu den freiheitlichen Idealen. Konkret bedeutet das eine Stärkung der privaten Eigentumsrechte und ein Ende der heimlichen Enteignungen durch das Kreditgeldsystem. Mayer weist darauf hin, dass der Euro seit seiner Einführung schon 38 Prozent seiner Kaufkraft verloren hat, dass das Inflationsziel der EZB pro Jahrzehnt eine Geldentwertung von 21 Prozent anpeilt. Er sympathisiert mit Vollgeld, konkurrierenden Währungen, weniger progressiven Steuern, eher mit höheren Verteidigungsausgaben als mit höheren Sozialleistungen, einer schärferen Kontrolle der Zuwanderung, auch unter dem Gesichtpunkt der Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit von Zuwanderern. Mayers Reformvorschläge sind an vielen Stellen von einem Vertrauen in das Recht, Juristen und die Gerichte geprägt, obwohl er an anderen Stellen einen allzu souveränen Umgang der Politik mit dem Recht kritisiert.
ERICH WEEDE
Thomas Mayer: Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde. Vom Aufstand der Verlassenen gegen die Herrschaft der Eliten. FinanzBuch Verlag, München 2018, 238 Seiten, 17,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Thomas Mayer rechnet mit den Sozialisten ab
Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und Honorarprofessor an der Universität Witten/Herdecke. In seinem jüngsten Buch analysiert er die liberale Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und die Gefahr der Selbstzerstörung, der diese Gesellschaft ausgesetzt ist. An der Übernahme von Hayeks Widmung aus dessen "Weg zur Knechtschaft", nämlich "den Sozialisten in allen Parteien", erkennt man schnell den Hayekianer. In den ersten drei Kapiteln entwickelt Mayer sein Gesellschaftsmodell, wobei er in Stammesgesellschaften historische Vorläufer liberaler Gesellschaften sieht, nach deren Geborgenheit sich aber viele Menschen zurücksehnen. Politiker mit konstruktivistischen Neigungen oder gar zentralplanerischen Absichten können darauf aufbauen.
Eine liberale Gesellschaftsordnung geht von Selbstbestimmung, individueller und unternehmerischer Freiheit, verbunden mit Eigenverantwortung, aus, die im Falle von Fehlern oder Scheitern recht lästig werden kann. Nach Mayer sind Privateigentum, Gewaltenteilung und Rechtsstaat, also Einschränkungen der Herrschaftsgewalt, wesentlich für den Wohlstand der westlichen Länder verantwortlich. Aber der Erfolg dieses Gesellschaftsmodells hat weder Konservative wie Bismarck noch Sozialdemokraten, noch die 1968er Generation überzeugen können.
Im vierten bis siebten Kapitel beschäftigt sich Mayer mit den Versuchen, dem Kapitalismus seine Härten zu nehmen, von Keynes und der Globalsteuerung über dritte Wege bis zum behütenden Sozialstaat und zur Wirtschaftslenkung über Zentralbanken und Geldpolitik. Nach Mayer sind all diese Versuche letztlich gescheitert. Gründe dafür sind Wissensdefizite der lenkenden Instanzen, Preisverzerrungen und Anreizverzerrungen mit daraus resultierenden Fehlallokationen. Das gilt auch für die Energie- und Klimapolitik oder die Migrationspolitik der offenen Grenzen und das "Wir schaffen das". Soziale Gerechtigkeit hält Mayer für ein "Luftschloss", Chancengerechtigkeit für nicht machbar.
Die interventionistische Politik führt in eine Art Privilegiensystem, bei dem die Reichen und Mächtigen beste Durchsetzungschancen haben. Die Erwartungen und Hoffnungen der Mündel des Sozialstaates werden durch Globalisierung, Finanzkrise, Euro-Krise und offene Grenzen für Zuwanderer aus armen Ländern zunehmend enttäuscht. Die Mündel empfinden Ressentiments und Wut statt Vertrauen zu den Eliten.
Im achten Kapitel behandelt Mayer die chinesische Diagnose des westlichen Niedergangs, wonach die Massendemokratie mit der kurzsichtigen Prägung durch Wählerwünsche vor allem nach Umverteilung mit der langfristigen Wahrung nationaler Interessen inkompatibel ist. Mayer hält es zumindest für möglich, dass der harte Interventionismus der chinesischen Diktatur auch dank konsequenter Ausnutzung der Überwachungsmöglichkeiten relativ besser funktioniert als der Ad-hoc-Interventionismus der westlichen Eliten. Damit will er natürlich nicht die Übernahme des antiliberalen chinesischen Modells empfehlen.
In den abschließenden Kapiteln empfiehlt er stattdessen die Rückkehr zu den freiheitlichen Idealen. Konkret bedeutet das eine Stärkung der privaten Eigentumsrechte und ein Ende der heimlichen Enteignungen durch das Kreditgeldsystem. Mayer weist darauf hin, dass der Euro seit seiner Einführung schon 38 Prozent seiner Kaufkraft verloren hat, dass das Inflationsziel der EZB pro Jahrzehnt eine Geldentwertung von 21 Prozent anpeilt. Er sympathisiert mit Vollgeld, konkurrierenden Währungen, weniger progressiven Steuern, eher mit höheren Verteidigungsausgaben als mit höheren Sozialleistungen, einer schärferen Kontrolle der Zuwanderung, auch unter dem Gesichtpunkt der Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit von Zuwanderern. Mayers Reformvorschläge sind an vielen Stellen von einem Vertrauen in das Recht, Juristen und die Gerichte geprägt, obwohl er an anderen Stellen einen allzu souveränen Umgang der Politik mit dem Recht kritisiert.
ERICH WEEDE
Thomas Mayer: Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde. Vom Aufstand der Verlassenen gegen die Herrschaft der Eliten. FinanzBuch Verlag, München 2018, 238 Seiten, 17,99 Euro
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