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Die deutsche Reichs- und Freikonservative Partei war eine bedeutende politische Kraft im Deutschen Kaiserreich vor 1890. Nach dem Krieg gegen Österreich in Preußen 1866 gegründet, unterstützte die Partei vehement die Reichsgründungspolitik des preußischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzlers Otto von Bismarck. Sie war letztlich die Partei Bismarcks. Als wichtigstes parlamentarisches Instrument Bismarckscher Politik spielte sie bis zu dessen Rücktritt im Jahre 1890 eine zentrale Rolle im Reich und in Preußen. Innerhalb des deutschen Konservativismus repräsentierte die Partei all jene…mehr

Produktbeschreibung
Die deutsche Reichs- und Freikonservative Partei war eine bedeutende politische Kraft im Deutschen Kaiserreich vor 1890. Nach dem Krieg gegen Österreich in Preußen 1866 gegründet, unterstützte die Partei vehement die Reichsgründungspolitik des preußischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzlers Otto von Bismarck. Sie war letztlich die Partei Bismarcks. Als wichtigstes parlamentarisches Instrument Bismarckscher Politik spielte sie bis zu dessen Rücktritt im Jahre 1890 eine zentrale Rolle im Reich und in Preußen. Innerhalb des deutschen Konservativismus repräsentierte die Partei all jene reformbereiten Kräfte, die sich den politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen der Zeit nicht entgegen stellen wollten und im Bündnis mit den Mächten der Moderne die führende Stellung im Staat und in der Gesellschaft zu bewahren trachteten.
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Autorenporträt
Volker Stalmann, Dr. phil., geboren 1964 in Duisburg, studierte Geschichte und Romanistik, seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter der KGParl.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Günter Wollstein findet das Bild der Deutschen Reichs- und Freikonservativen Partei partiell "schillernd" und schreibt eine völlig unschillernde Besprechung der insgesamt "untadeligen Arbeit" von Volker Stalmann. Einziger Wermutstropfen für Wollstein: Neuere Studien zur frühen Parteigeschichte der Konservativen in Preußen sind nicht berücksichtigt. Bevor er zu diesem Urteil kommt, referiert er jedoch erst mal ausführlich, wie die Honoratiorenpartei an der Verfassung, der neuen Kreisordnung und dem Kulturkampf beteiligt war und vom Mitgestalter zum Mitläufer wurde. Die Partei ohne Organisation und mit einem Wähleranteil von sechs bis 13 Prozent konnte als Vermittlerin zwischen Bismarck und den Nationalliberalen einige Zeit eine wichtige Rolle spielen. Sie suchte den Einfluss des Adels zu bewahren und war ewig Kanzler-treu, berichtet Wollstein.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2001

Bismarcks parlamentarische Leibgarde
Aufstieg und Niedergang der Deutschen Reichs- und Freikonservativen Partei 1866 bis 1890

Volker Stalmann: Die Partei Bismarcks. Die Deutsche Reichs- und Freikonservative Partei 1866 - 1890. Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 121. Herausgegeben von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Droste Verlag, Düsseldorf 2000. 545 Seiten, Abbildungen, 118,- Mark.

Die 1866 aus einer Abspaltung der preußischen Konservativen hervorgegangene, sich seit 1867 Freikonservative Partei und ab 1871 Reichspartei nennende Gruppierung gehörte zu den wichtigen Kräften der Bismarckzeit, obwohl sie mit einem Wähleranteil zwischen 6 und 13 Prozent zu den kleinen Parteien gehörte. Dies galt in besonderem Maße für die "liberale" Phase Bismarckscher Politik 1866 bis 1878/79, die dem deutschen Kaiserreich seine Konturen gab.

In jenen Jahren waren die Nationalliberalen die führende Partei, die auf die Errichtung eines kräftigen unitarischen Staates mit rechtsstaatlichen Normen drängte, in dem das Bürgertum in Wirtschaft und Handel freie Bahn hatte. Die Freikonservativen, "junge Wilde" um Eduard Graf von Bethusy-Huc und Wilhelm von Kardorff, die sich von dem (mit dem "weißen Revolutionär" Bismarck noch hadernden) Gros der Konservativen absetzten, teilten die Grundanschauungen der Nationalliberalen. Sie lehnten sich aber gleichzeitig aufs engste an Bismarck an, der gegenüber seinen nationalliberalen Juniorpartnern strikt darauf achtete, daß in dem neuen Deutschland die Domänen des preußischen Adels in Regierung, Bürokratie, Diplomatie und Armee erhalten und abgesichert wurden. Die Freikonservativen boten sich daher zunächst als idealer Vermittler und einflußreiche "parlamentarische Leibgarde" Bismarcks an.

Von bleibender Bedeutung war hierbei vor allem die Verfassungsschöpfung. Entsprechend den Vorstellungen der Nationalliberalen wurde beispielsweise eine unitarische und kräftige Regierung eingerichtet. Doch auch Bismarcks Vorbehalte wurden verankert. Vor allem Freikonservative ebneten den Weg für Bestimmungen, die kein "normales" Ministerkollegium zuließen, sondern nur einen vom Kaiser einzusetzenden und zu entlassenden Reichskanzler, mit eng begrenzter "Verantwortung" gegenüber dem Parlament und starker Rückendeckung durch den föderativen Bundesrat. Auch bei der neuen Kreisordnung von 1872 lag ein nationalliberaler Durchbruchserfolg vor, der auf entsprechend freikonservativen Vorstellungen relativiert wurde. So fielen die Bestimmungen, die den Rittergutsbesitzern auf dem Lande Verwaltungs- und Polizeibefugnisse zusprachen. Auf der anderen Seite wurde dafür gesorgt, daß die neue Lokal- und Kreisverwaltung den überragenden regionalen Einfluß des landbesitzenden Adels nicht aufhob.

Schon in den Jahren ab 1873, als Wirtschaftskrise und Revolutionsfurcht die Gemüter bewegten, zeichneten sich aber Vorbehalte der Reichspartei gegenüber einem freien Spiel der Kräfte in einer pluralistischen Gesellschaft ab. So reihte sie sich in die treibenden Kräfte im Kulturkampf ein. Als "staatserhaltende" Partei trug sie zudem bedenkenlos den Kampf gegen die Sozialdemokraten als vermeintliche Reichsfeinde mit. Schließlich war sie als Helfer Bismarcks zur Hand, als über die Station einer Umstellung zum Wirtschaftsprotektionismus 1878/79 die grundlegende "konservative Wende" im Kaiserreich vollzogen wurde.

Allerdings erwies sich diese Weichenstellung für die Partei als fatal, denn durch sie verlor sie ihre politische Scharnierstellung zwischen Staatsführung und Parlament. Die Freikonservativen mit nunmehr deutlich geringerer Lenkungsfunktion wurden ein - wenn auch bleibend treuer - Teil von austauschbaren Partnern Bismarcks, die sich meist als wenig harmonierendes "Kartell" aus konservativen und liberalen Parteien, bisweilen als "blau-schwarzer Block" aus Konservativen und Zentrum formierten. Auch wenn führende Freikonservative weiterhin wichtige Regierungsfunktionen erhielten, wurde die Partei zum Mitläufer Bismarcks. Ihr verbliebener Einfluß mußte in dem Moment, in dem Bismarck abtrat, nochmals schrumpfen, womit für die Zeit nach 1890 ihr Abstieg zur Splittergruppe vorgezeichnet war.

Zu den Ursachen zählte, daß die Freikonservativen ihre strukturellen Defizite nicht beseitigen konnten. So endeten sie, wie sie gestartet waren, als Honoratiorenpartei ohne nennenswerte Organisation und ohne aussagekräftiges Programm. Die Partei trat bei den jeweiligen Wahlen nur in einigen Regionen Deutschlands an und konnte nirgendwo in die entscheidenden Milieus eindringen. Die sich 1876 formierenden Deutschkonservativen eroberten und hielten demgegenüber ihre agrarisch-protestantischen Bastionen im ostelbischen Raum, die Sozialdemokraten die protestantisch-gewerblichen Gebiete und das Zentrum seine katholischen Territorien. Besonders kennzeichnend war, daß den Freikonservativen in den preußischen Kernlanden kein Durchbruchserfolg gelang; hier sprangen beispielsweise in Brandenburg und Pommern nur Achtungserfolge heraus, die aus persönlichen Entscheidungen einzelner regionaler Autoritäten resultierten.

Dies bedeutete nichts anderes, als daß die Partei, sieht man von ihrer Nähe zu Bismarck und zur Verwaltung ab, peripher blieb. Ihre Hochburg war (nach einem frühen Verlust des Rheinlandes an das Zentrum) Schlesien, es folgten mit Abstand die Königreiche Sachsen und Württemberg. Die anfängliche jugendliche Dynamik, getragen von liberalen Adligen und Katholiken, die sich zu Bismarck bekannten, schmolz rasch dahin. Die Freikonservativen wurden zu einer kleinstädtisch-ländlichen und protestantischen Kraft, in der neben schlesischen Magnaten und süddeutschen Standesherren höhere Staatsbeamte und zunehmend führende Vertreter aus Wirtschaft und Handel das Sagen hatten. Hierbei blieb im Reichstag der Adel tonangebend, während im Preußischen Abgeordnetenhaus das Bürgertum dominierte.

Vielfach kam die Partei nur dort zum Zuge, wo die Notabeln noch auf feste hierarchische und patriarchalische Verhältnisse bauen konnten und "reichstreue" Voten verlangten und erreichten. Selbst diese Erfolge basierten in erheblichem Maße auf einer massiven Wahlunterstützung durch den Verwaltungsapparat. Noch entscheidender war die von den Wahlkandidaten eigenhändig betriebene Wahlbeeinflussung. Insbesondere in Oberschlesien wurden Arbeiter geschlossen zur Wahl geführt, mit den "richtigen" Stimmzetteln versehen und bei der Stimmabgabe kontrolliert. Magnaten und Unternehmer, die "ihrem" Wahlvolk Arbeit und Wohnung gaben, hielten sich für berechtigt, ihrem Anspruch auf politische Loyalität mit Geldprämien und Strafen rigoros Nachdruck zu verleihen.

Solche Begleiterscheinungen lassen das Bild dieser Honoratiorenpartei schillernd erscheinen. Generell stellt sich die Frage, wieso es so gründlich mißlang, im preußisch geprägten Kaiserreich eine konservative Partei zu etablieren, die den parlamentarischen Fundus, über den dieser Beamten- und Militärstaat ja durchaus verfügte, gestaltend mittrug.

Der Autor bleibt in seiner ansonsten untadeligen Arbeit, die auf verstreuten Quellenbeständen fußt und gut lesbar ist, die Antwort auf diese Frage schuldig. Der Grund hierfür ist, daß er bei seinen Fragestellungen die Ergebnisse der neueren Studien zur frühen Parteiengeschichte der Konservativen in Preußen nicht berücksichtigte. Sie zeigen, wie in der Revolution 1848/49 ein konstruktiver, mit dem Parlamentarismus versöhnter Konservativismus schlagartig aufblühte, dann aber unter dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. resolut unterdrückt wurde. Nahtlos fügt sich an, daß Bismarck in der Reichsgründungszeit mit gravierenden Konsequenzen für die Freikonservativen eine Renaissance des parlamentarisch orientierten Konservativismus in Deutschland zu verhindern wußte.

GÜNTER WOLLSTEIN

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