"Petersburg-Panegyrik" bezeichnet die Tradition der epideiktischen Stadtdarstellung, die im 18. Jahrhundert einen wesentlichen Beitrag zur Herausbildung der kulturellen Semantik der neuen Zarenresidenz leistete. Diese Tradition, welche die noch "rhetorikfreie" Stadt in ein textuelles Gewebe aus Petrinischen Ideologemen, Stadtmythemen und der Topik des rhetorischen Städtelobes einflocht, bildet das Fundament des literarischen Petersburg-Mythos. Die Untersuchung dieses bislang wenig beachteten Stadtdiskurses, der in der Petrinischen Epoche entstand und seinen "manieristischen" Endpunkt in der Dichtung Semen Bobrovs erfuhr, hebt insbesondere drei Aspekte hervor: das mythopoetische Substrat, die kulturelle Dimension (im Sinne der Konstruktion kultureller Identität) und die rhetorisch-textuelle Faktur. Damit geht sie im Ansatz über das kultur-semiotische Konzept des "Petersburger Textes" (V. Toporov) hinaus.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Größtenteils voller Zufriedenheit bespricht der mit "ld" zeichnende Rezensent diese Dissertation von Riccardo Nicolosi. Es geht um die lyrische Thematisierung des gerade erst von Peter dem Großen gegründeten St. Petersburg, das von den Dichtern hoch gelobt wurde, von der Bevölkerung jedoch eher als "unrussisch" und "künstlich" empfunden wurde. Die Dissertation sei dabei "faktenreich, historisch wie theoretisch gleichermaßen ausgearbeitet", lobt der Rezensent. Der einzige Kritikpunkt ist allerdings, dass Nicolosi die Thematik zwar in formaler Hinsicht hervorragend analysiere, eine Überprüfung auf Übereinstimmungen der dichterischen Lobpreisungen mit der offiziellen Botschaft allerdings vollständig fehle.
© Perlentaucher Medien GmbH
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