Mit dem erstmals in einer zweisprachigen, umfangreich kommentierten Edition vorliegenden Liber de platano (1537) erschließt sich ein außergewöhnliches Zeugnis des portugiesischen Humanismus. Das aus einer Abhandlung sowie einem Briefwechsel zwischen dem Dichter João Rodrigues de Sá de Meneses und dem Rhetorikprofessor Juan Fernández bestehende Werk greift mit dem Platanenbaum ein Motiv auf, das durch Platons Phaidros und Ciceros De oratore popularisiert wurde: In beiden Texten finden philosophische Gespräche unter einer Platane statt. Allerdings wird der Baum im Liber de platano zu einem mehrdeutigen Sinnbild. Zwar geht es durchaus um die botanische Frage nach dem Vorkommen der Platane im zeitgenössischen Portugal, doch erweist sich der Buam darüber hinaus auch als Inbild antiker Gesprächskultur und eines an der Antike orientierten genussvollen Lebensstils. In der einleitenden Studie stellt Roger Friedlein neben einer Einführung in den Text die Autoren sowie weitere Humanisten - Miguel da Silva, Jorge Coelho und Luís Teixeira - vor, die einerseits durch ihre Präsenz im Liber de platano von Bedeutung sind. Doch vor dem Hitergund ihrer Aufenthalte in Italien und ihrer Kontakte zu herausragenden Vertretern der italienischen Renaissance wie Pietro Bembo erscheint der Liber de platano zudem als zentrales Zeugnis für den portugiesisch-italienischen Kulturkontakt.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Christian Kaiser versteht den zweisprachigen Band als verlockende Einladung zu einer gescheiten Plauderei unter Platanen. Wenn Kaiser auch die "stupende" Gelehrsamkeit der beiden im Portugal des 16. Jahrhunderts korrespondierenden Briefpartner nicht entgeht (dabei helfen dem Rezensenten eine informative Einführung und ein prall gefüllter Anhang), so bedeutet ihm die hier präsentierte "platanische" Sicht auf das klassische europäische Geisteserbe doch auch eine gewisse Leichtigkeit. Daran, dass es sich bei dem "Liber de platano" um ein besonders vielschichtiges, über botanische Interessen weit hinausweisendes Werk handelt, hat er keinen Zweifel: Ein "intellektuelles Spektakel", notiert er begeistert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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