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Michael Ahearn hat als Familienvater und Professor in einer verschlafenen Kleinstadt tief im Mittleren Westen der USA ein scheinbar glückliches Leben. Bis eine neue Professorin aus der Karibik an sein College kommt: die geheimnisvolle Lara Purcell, deren erotischen Reizen Michael verfällt. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt, in deren Zuge die Professorin Michael überredet, sie in ihre karibische Inselheimat zu begleiten. Gemeinsam treten sie die Reise in eine Welt voll Verbrechen und archaischen Voodooglauben an, in der Michael sich am Ende in der Dunkelheit des eigenen Herzens verliert.

Produktbeschreibung
Michael Ahearn hat als Familienvater und Professor in einer verschlafenen Kleinstadt tief im Mittleren Westen der USA ein scheinbar glückliches Leben. Bis eine neue Professorin aus der Karibik an sein College kommt: die geheimnisvolle Lara Purcell, deren erotischen Reizen Michael verfällt. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt, in deren Zuge die Professorin Michael überredet, sie in ihre karibische Inselheimat zu begleiten. Gemeinsam treten sie die Reise in eine Welt voll Verbrechen und archaischen Voodooglauben an, in der Michael sich am Ende in der Dunkelheit des eigenen Herzens verliert.
Autorenporträt
Rudolf Hermstein, geboren 1940, studierte Sprachen in Germersheim und ist der Übersetzer von u.a. William Faulkner, Allan Gurganus, Doris Lessing, Robert M. Pirsig und Gore Vidal. Er wurde mit dem Literaturstipendium der Stadt München sowie mehrfach mit Stipendien des Deutschen Übersetzerfonds ausgezeichnet. 2009 erhielt Rudolf Hermstein den "Münchner Übersetzerpreis".

Robert Stone, geboren 1937 in Brooklyn, unterrichtete in Yale. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem "William Faulkner Foundation Award" und dem "National Book Award". Robert Stone verstarb 2014.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.2004

Im Bett mit Graham Greene
Fauler Voodoo-Zauber: Robert Stones Roman "Die Professorin"

Die Karibik war im Kalten Krieg ein bevorzugter Tummelplatz tropisch erhitzter Agententhriller. Im Bermudadreieck zwischen Papa Doc, Fidel Castro und dem Voodoogott Baron Samedi hat James Bond Weltverschwörungen aufgedeckt und Graham Greene Doppelagenten Gottes stranden lassen, und so war es nur eine Frage der Zeit, wann Robert Stone, der mit seinen Politthrillern seit bald vierzig Jahren die Nase im Wind hat, den Hinterhof Amerikas betreten würde. Stone tourte einst mit Ken Keseys "Merry Pranksters" durchs Land, und er hat dem Geist der Beatniks, Hippies und studentischen Linken nie abgeschworen, auch wenn seine Romane, randvoll mit Drogenhalluzinationen, spirituellen Epiphanien und antikolonialistischem Furor, ihrer Zeit oft voraus waren. In seinem Meisterwerk "Dog Soldier" verfolgte er einst die Blutspur Amerikas in Vietnam; in seinem letzten Roman, "Damascus Gate" (Das Jerusalem-Syndrom) beschrieb er schon 1998 den fundamentalistischen Terror im Nahen Osten.

In seinem neuen, seinem siebten Roman ging Stone nach St. Trinity, einem fiktiven karibischen Eiland, das Züge von Haiti und Grenada trägt; aber diesmal kommt er zu spät. Sein Oberst Junot wirkt wie die Karikatur eines Putschistengenerals von Washingtons Gnaden, Hilda, das ruppige Latino-Flintenweib, wie eine KZ-Aufseherin im Exil, und auch seine übrigen Schurken - Todesschwadronen, Drogenbarone, Black-Power-Aktivisten mit Hitler-Faible, trinkfeste Europäer, zwielichtige Honorarkonsuln und Reporter - haben ihre beste Zeit hinter sich.

Die "Professorin" selbst hat einst sowohl Fidel Castro wie Graham Greene "beigelegen", und das ist nicht das einzige, was ihren Kollegen Michael Ahearn fasziniert. Lara Purcell, schön, klug, dekadent und auf mondäne Weise politisch unkorrekt, spielt Squash wie der Teufel, fährt einen Saab und bedient den "akademisch gebildeten Hinterwäldler" mit Koks und Rilke, alteuropäischer Arroganz und sadomasochistischen Fesselspielen. Bei aller Auf- und Abgeklärtheit ist die Femme fatale freilich eine überzeugte Voodoo-Anhängerin, die ihre Seele an "Marinette" verloren zu haben und mit einer magischen Zeremonie zurückholen zu müssen glaubt.

Der Professor läßt sich, getrieben von Angst, Lust und Verzweiflung, nur zu gern von seiner Göttin verhexen; ihre gefährlichen Spiele, "promiskuös abgeleitet von irgendwelchen Dingen zwischen ernsthafter Kunst und den schundigsten Comicstrips", sind für ihn Rauschdroge und prickelndes Lebenselixier. Lara verkörpert mit ihrer unklaren Herkunft und ideologischen Flexibilität für ihn das "Priestertum der Lebenskraft, das Rätsel von Blut und Opfer". Das muß einen Mann aus dem Mittleren Westen faszinieren, der, obwohl Jäger, noch nie einen Schuß abgegeben hat, aber gerade ein Seminar über den literarischen Vitalismus abhält und privat an einer Identitätskrise laboriert. Seine Frau, die grobknochige, kalte Kristin, und sein pubertierender Sohn beginnen ihm zu entgleiten, und die Affäre mit der kreolischen Mata Hari entfremdet ihn seiner Familie noch weiter. So beginnt der mausgraue Literaturdozent, der sich zeitlebens über "gehemmte Libertins" lustig machte, Voodoo für ein atavistisches Gerücht und Selbsterfahrung für verschwendete Zeit hielt, sich erst mit der "Ätiologie seiner Erektionen" zu beschäftigen, um sich bald esoterischeren Phänomenen wie nordischer Mythologie oder der Dialektik von "zufallsbedingten Singularitäten" und Vorsehung zuzuwenden.

Im Angesicht des Todes, von einer Amour fou auf archaische Instinkte und existentielle Fragen zurückgeworfen, füllt sich Ahearns erschlaffter Elan vital zusehends mit Blut. Der Theoretiker einer Selbstermannung durch Grenzerfahrungen gerät auf der Voodoo-Insel in Teufels Küche; erst recht, als er bemerkt, daß seine Geliebte ihre Seele womöglich nicht verloren, sondern an Killer, KGB und CIA verkauft hat. Trommeln, Trance und Transzendenz setzen seiner intellektuellen Vernunft und seinem amerikanischen Pragmatismus derart zu, daß er sich nach einer Tauchfahrt des Schreckens selbst in eine Art Zombie verwandelt: Der "privilegierte Komödiant" verliert im Urlaubsparadies Lara aus den Augen und seinen "petite bon ange" an die Dämonen der Unterwelt.

Leider wird dabei auch der Erzähler von allen guten Geistern verlassen. Robert Stone ist nach Verlagsangaben ein "großer amerikanischer Autor, den es in Deutschland noch zu entdecken gilt", und sein Können blitzt in surrealen Bildern und dem Stakkato lakonisch dunkler Sätze immer wieder mal auf. Aber so bezwingend er die subtilen Spannungen in einer Gruppe von Hirsch- und Schürzenjägern, den Zerfall von Ahearns Familie und seine Reise ins Herz der Finsternis beschreiben kann: Spätestens mit der Ankunft auf St. Trinity verwandelt sich die arme Männerseele in ein Schattenwesen und der Campus-Roman in eine abenteuerliche Räuberpistole. Michaels politische und persönliche Verunsicherung, das Drama seiner moralischen Auflösung, seine Sinn- und Rollensuche zwischen puritanischer Scham, katholischer Erziehung und synkretistischen Kulten, die Umtriebe von Pinochet-Anhängern, Geheimagenten und gewöhnlichen Kriminellen: alles wird nur vage angedeutet und mysteriös aufgeplustert, um in einem Nebel von Alkohol, Drogen und dunklen Riten bald wieder zu verschwinden.

Stone beschwört wie besessen die bösen Geister Amerikas; aber sie erscheinen nur als fauler Zauber oder Selbstparodie. "Die verlorenen Geister dieses Buchs", schreibt er im Nachwort, "sind einzig auf der Suche nach ihrem eigenen Licht." In Wahrheit zitieren Michaels Fieberträume und Stones ekstatisch delirierende Prosa eher die seelenlosen Wiedergänger und exotischen Kulissen des klassischen Agentenromans. Statt "les mystères" und Mythen treten so die Ausgeburten raunender Mystagogie und psychedelischer Stimmungsverstärker zutage, und auch die Sexszenen sind wahrlich keine Offenbarungen: "Als er sie zum Höhepunkt brachte, sprach alles Erschaffene zu ihm, das sein Begriffsvermögen überstieg."

Es gibt ein bißchen zu viele Spiegel, Voodoo, unmotivierte Kicks und "irgendwie" in diesem Buch, und die Übersetzung schafft auch nicht mehr Klarheit. "Siehe, der Behemoth. Kannst du den Leviathan ziehen? Et cetera." Robert Stones bislang kürzester Roman ist nicht unbedingt sein bester; mit Groß-Paranoikern wie Don DeLillo oder Thomas Pynchon ist er jedenfalls nicht zu vergleichen. Nüchtern betrachtet, ist sein Bastard tatsächlich promiskuitiv abgeleitet von Greene und Castro und gezeugt im Lotterbett antiimperialistischer Kolportage.

MARTIN HALTER

Robert Stone: "Die Professorin". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Rudolf Hermstein. Mare Buchverlag Hamburg 2004. 294 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Die Professorin" gehört nach Ansicht von Rezensent Martin Halter nicht eben zu den besten Romanen von Robert Stone. Der Autor, der mit seinen Politthrillern oft der Zeit voraus war, kommt zum Bedauern Halters diesmal zu spät, die Protagonisten der wilden Mixtur aus Campus-Roman und Spionagethriller, viel Voodoo-Kult, sadomasochistischen Fesselspielchen und Drogenabgründen hätten ihre beste Zeit lange hinter sich. Für Halters Geschmack hat Stone in seiner Geschichte um den braven Familienvater und Professor Michael Ahearn, der seiner ebenso schönen wie dämonischen Kollegin Lara Purcell verfällt und ihr auf eine karibische Insel folgt, wo er in einem Sumpf aus Drogen, Alkohol, Voodoo-Riten, Killern, KGB- und CIA-Agenten gerät, zu dick aufgetragen. Er hält den Erzähler für "von allen guten Geistern verlassen". Zwischendurch blitze in "surrealen Bildern" und dem "Stakkato lakonisch dunkler Sätze" zwar Stones Können immer wieder auf, aber spätestens mit der Ankunft Ahearns auf der Insel St. Trinity werde aus dem Campus-Roman definitiv eine "Räuberpistole".

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