Die vorliegende Arbeit von Walther entstand vorerst aus dringenden klinischen Bedürfnissen heraus: die neurochirurgische Klinik verlangte von der psychiatrischen Klinik klare Richtlinien über die diagnostische Verwertbarkeit, die Prognose und Therapie des psychischen Zustandes ihrer Tumorkranken. Es war offen sichtlich, daß die bisherige psychlatrische Literatur keine genügen den und eindeutigen Antworten zu dieser Fragestellung enthielt. So ergab sich die Aufgabe, die Psychiatrie der Hirntumoren erneut systematisch zu studieren. Dieser klinische Zweck der Arbeit machte es nötig, von der Gesamtheit der Tumorfälle, die dem Neuro chirurgen zukommen, auszugehen und nicht etwa (wie viele der älteren Arbeiten) jene Fälle in den Vordergrund zu stellen, welche zufolge geistiger Störungen in psychiatrische Behandlung zu treten haben. Die einer praktisch-klinischen Fragestellung entsprungene Studie stößt aber gleichzeitig in das Zentrum bedeutungsvoller theoretischer Probleme der Neurochirurgie und Psychiatrie: denjenigen über die genauere Abhängigkeit von cerebralen und psychischen Funk tionen. Je mehr man sich in diese Fragen vertieft, um so klarer muß man einsehen, wie wenig man darüber weiß. Wohl hat sich die Psychiatrie vor 100 Jahren die Hauptaufgabe gestellt, die Geistes krankheiten auf Veränderungen der Hirnstruktur zurückzuführen.