Der große nordische Fantasy-Bestseller erstmals im Taschenbuch!Hirka ist in Ymsland aufgewachsen. Mit fünfzehn findet sie heraus, dass sie ein Odinskind ist - ein schwanzloses Wesen aus einer anderen Welt. Von nun an ändert sich alles: Sie weiß weder, wer sie ist, noch, wohin sie gehört. Sie weiß nur, dass ihr Leben auf dem Spiel steht. Aber das ist nur der Anfang, denn Hirka ist nicht die einzige Fremde, die es durch die Steintore nach Ym verschlagen hat ... ODINSKIND ist der furiose Auftakt der RABENRINGE-Trilogie, das große nordische Epos über eine Welt voller Vorurteile, Machtkämpfe und Liebe.
»Für mich ist diese Reihe aus Norwegen das neue 'Game of Thrones'.« KaSas Buchfinder/Katja Koesterke
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2018Das größte Abenteuer: ein Mensch zu werden
In "Odinskind" verschlägt es ein Mädchen in eine nordische Fantasy-Welt
Von Axel Weidemann
Außenseitertum ist eine Grundvoraussetzung vieler phantastischer Geschichten. Meist verdanken die Protagonisten ihre gesellschaftliche Randstellung dem Umstand, keine intakte Familie zu haben - ein uralter Märchentopos, aber eben auch der Stoff, aus dem Helden wachsen.
Die fünfzehnjährige Hirka aus Siri Pettersens frisch aus dem Norwegischen übersetztem Roman "Odinskind" ist ein Findelkind - und hat keinen Schwanz. In Ym hat von Geburt an jeder einen löwenartigen Schwanz. Die Wölfe haben ihn gefressen, sagt Ziehvater Thorrald. Eine Schutzbehauptung: In jener natürlich bitterkalten Nacht, in der er das kleine Bündel in einem der geheimnisverwitterten Steinkreise findet, die über Ymsland verteilt sind, wird er Hirka drei Wunden beibringen, damit die Lüge glaubwürdig wird und kein Ymling erfährt, dass Hirka ein "Odinskind", eine "Emblatochter", die "Fäulnis", also ein "Mensk" ist.
Solche Anspielungen auf die nordische Mythologie der Edda häufen sich in Pettersens Buch: Odin der Göttervater, Ymir der erste unter den Riesen, die Raben, die in Ymsland verehrt und als klügere Brieftauben eingesetzt werden, und eben Embla - gemeinsam mit dem männlichen Widerpart Ask bildet sie das erste Menschenpaar der nordischen Schöpfungsgeschichte. Doch bleibt es bei der reinen Nennung: In Erscheinung tritt zumindest im ersten Band der "Rabenringe"-Trilogie weder Gott noch Riese.
Drei Dinge bestimmen das Leben in Ym: der "Seher", der "Rat" und die "Gabe". Der Erste wird als eine Art Gott gewordenes Überwesen verehrt, von dem es heißt, es lenke die Geschicke Yms durch seine zwölf getreuen Ratsdiener. Ihren Einfluss sichern die zwölf zum einen, indem sie eine Meuchlertruppe, die Schwarzröcke, beschäftigen. Zum anderen, indem sie via Ritual jene aus dem Volk wählen, die sie für würdig halten, an ihrem Hof zu dienen. Ausschlaggebend ist dabei, wie stark die "Gabe" in ihnen ist. Gemeint ist eine alles durchströmende Lebensenergie, die sich zunutze machen kann, wer sie "sieht" und "umarmen" kann - was als kluge Übersetzung von Magiegebrauch zu den ausgefalleneren Ideen des Buches gehört.
Im Zentrum der Erzählung steht auch Hirkas Jugendfreund Rime. Statt seinen ererbten Platz im Rat einzunehmen, hat er sich von aller Verantwortung und den politischen Scharmützeln losgesagt und ist ein Schwarzrock geworden. Im Verlauf der Geschichte erkennt er, dass ihn diese Welt doch etwas angeht und er kein gedungener Mörder sein will. Hirka und Rime stellen sich gegen politische Ränke, Blendwerk und schließlich auch die Schauerwesen, die den Ymlingen förmlich die Seele aus dem Leib saugen.
Für ein Buch, das für "Jugendliche ab 14" Jahren empfohlen wird, geht es recht kernig zur Sache. Pettersen (Jahrgang 1971), die in Oslo geboren wurde und dort zunächst als Designerin arbeitete, räumt allen Dingen, die mit jugendlicher Identitätsfindung zu tun haben, in klaren Worten ihren Platz ein. Sex - oder zumindest das Hörensagen davon - wird hier weder abstrakt noch poetisch verhüllt. Er schlägt sich ganz handfest in den Gedanken der Fünfzehnjährigen nieder, die sich jedoch jede körperliche Annäherung versagt, da sie Angst hat, ihre als "Fäulnis" missverstandene Andersartigkeit könne tödliche Folgen haben. Ansonsten beginnt der Roman langsam und geht auch so weiter. Für ein Fantasybuch passiert vergleichsweise wenig: Ein Bösewicht fällt, eine Schlacht wird abgewendet, ein politischer Wechsel vollzogen.
Stattdessen lässt Pettersen den Leser über weite Strecken in Gedanken und durch Dialoge am Innenleben der Figuren teilhaben. Durch ihre Wahrnehmung und pointierten Beobachtungen wird Ymsland lebendig. Der Gedankenfluss bestimmt auch die Sprache. Scheinbar unfertige und Ein-Wort-Sätze stechen hervor. Das trägt nicht immer zum besseren Verständnis bei, aber zumindest bis über die Hälfte der 646 Seiten. Dann aber wünscht man sich allmählich, dass es endlich losgeht, die treibenden Kräfte zumindest einmal aus dem Schatten treten.
Man wird sich gedulden müssen. "Odinskind" bleibt im ersten Band eine zauberhafte Romanze, in der eine junge Heldin sich nach den ersten Schritten der Selbstermächtigung und Selbstfindung am Ende doch nur nach einem Paar starker Arme sehnt. Bleibt zu hoffen, dass dieses Ende nur ein neuer Anfang ist.
Siri Pettersen: "Odinskind". Roman.
Aus dem Norwegischen von Dagmar Mißfeldt und Dagmar Lendt.
Arctis Verlag, Hamburg 2018. 656 S., geb., 20,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In "Odinskind" verschlägt es ein Mädchen in eine nordische Fantasy-Welt
Von Axel Weidemann
Außenseitertum ist eine Grundvoraussetzung vieler phantastischer Geschichten. Meist verdanken die Protagonisten ihre gesellschaftliche Randstellung dem Umstand, keine intakte Familie zu haben - ein uralter Märchentopos, aber eben auch der Stoff, aus dem Helden wachsen.
Die fünfzehnjährige Hirka aus Siri Pettersens frisch aus dem Norwegischen übersetztem Roman "Odinskind" ist ein Findelkind - und hat keinen Schwanz. In Ym hat von Geburt an jeder einen löwenartigen Schwanz. Die Wölfe haben ihn gefressen, sagt Ziehvater Thorrald. Eine Schutzbehauptung: In jener natürlich bitterkalten Nacht, in der er das kleine Bündel in einem der geheimnisverwitterten Steinkreise findet, die über Ymsland verteilt sind, wird er Hirka drei Wunden beibringen, damit die Lüge glaubwürdig wird und kein Ymling erfährt, dass Hirka ein "Odinskind", eine "Emblatochter", die "Fäulnis", also ein "Mensk" ist.
Solche Anspielungen auf die nordische Mythologie der Edda häufen sich in Pettersens Buch: Odin der Göttervater, Ymir der erste unter den Riesen, die Raben, die in Ymsland verehrt und als klügere Brieftauben eingesetzt werden, und eben Embla - gemeinsam mit dem männlichen Widerpart Ask bildet sie das erste Menschenpaar der nordischen Schöpfungsgeschichte. Doch bleibt es bei der reinen Nennung: In Erscheinung tritt zumindest im ersten Band der "Rabenringe"-Trilogie weder Gott noch Riese.
Drei Dinge bestimmen das Leben in Ym: der "Seher", der "Rat" und die "Gabe". Der Erste wird als eine Art Gott gewordenes Überwesen verehrt, von dem es heißt, es lenke die Geschicke Yms durch seine zwölf getreuen Ratsdiener. Ihren Einfluss sichern die zwölf zum einen, indem sie eine Meuchlertruppe, die Schwarzröcke, beschäftigen. Zum anderen, indem sie via Ritual jene aus dem Volk wählen, die sie für würdig halten, an ihrem Hof zu dienen. Ausschlaggebend ist dabei, wie stark die "Gabe" in ihnen ist. Gemeint ist eine alles durchströmende Lebensenergie, die sich zunutze machen kann, wer sie "sieht" und "umarmen" kann - was als kluge Übersetzung von Magiegebrauch zu den ausgefalleneren Ideen des Buches gehört.
Im Zentrum der Erzählung steht auch Hirkas Jugendfreund Rime. Statt seinen ererbten Platz im Rat einzunehmen, hat er sich von aller Verantwortung und den politischen Scharmützeln losgesagt und ist ein Schwarzrock geworden. Im Verlauf der Geschichte erkennt er, dass ihn diese Welt doch etwas angeht und er kein gedungener Mörder sein will. Hirka und Rime stellen sich gegen politische Ränke, Blendwerk und schließlich auch die Schauerwesen, die den Ymlingen förmlich die Seele aus dem Leib saugen.
Für ein Buch, das für "Jugendliche ab 14" Jahren empfohlen wird, geht es recht kernig zur Sache. Pettersen (Jahrgang 1971), die in Oslo geboren wurde und dort zunächst als Designerin arbeitete, räumt allen Dingen, die mit jugendlicher Identitätsfindung zu tun haben, in klaren Worten ihren Platz ein. Sex - oder zumindest das Hörensagen davon - wird hier weder abstrakt noch poetisch verhüllt. Er schlägt sich ganz handfest in den Gedanken der Fünfzehnjährigen nieder, die sich jedoch jede körperliche Annäherung versagt, da sie Angst hat, ihre als "Fäulnis" missverstandene Andersartigkeit könne tödliche Folgen haben. Ansonsten beginnt der Roman langsam und geht auch so weiter. Für ein Fantasybuch passiert vergleichsweise wenig: Ein Bösewicht fällt, eine Schlacht wird abgewendet, ein politischer Wechsel vollzogen.
Stattdessen lässt Pettersen den Leser über weite Strecken in Gedanken und durch Dialoge am Innenleben der Figuren teilhaben. Durch ihre Wahrnehmung und pointierten Beobachtungen wird Ymsland lebendig. Der Gedankenfluss bestimmt auch die Sprache. Scheinbar unfertige und Ein-Wort-Sätze stechen hervor. Das trägt nicht immer zum besseren Verständnis bei, aber zumindest bis über die Hälfte der 646 Seiten. Dann aber wünscht man sich allmählich, dass es endlich losgeht, die treibenden Kräfte zumindest einmal aus dem Schatten treten.
Man wird sich gedulden müssen. "Odinskind" bleibt im ersten Band eine zauberhafte Romanze, in der eine junge Heldin sich nach den ersten Schritten der Selbstermächtigung und Selbstfindung am Ende doch nur nach einem Paar starker Arme sehnt. Bleibt zu hoffen, dass dieses Ende nur ein neuer Anfang ist.
Siri Pettersen: "Odinskind". Roman.
Aus dem Norwegischen von Dagmar Mißfeldt und Dagmar Lendt.
Arctis Verlag, Hamburg 2018. 656 S., geb., 20,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main