Kinder an die Macht! Außergewöhnliches Kinderbuch über einen Sommer, der alles verändert. Von Bestsellerautor Davide Morosinotto.
In einer geheimen Hütte mitten im Olivenhain schmieden Paolo und seine Freunde einen Plan: Sie wollen einen eigenen Staat gründen. Ein Reich, in dem kein Erwachsener bestimmen darf. Begeistert entwerfen sie Gesetze und schaffen ihre eigene Währung. Immer mehr Kinder schließen sich ihnen an. Doch im Ort gibt es einen Mann, dem das überhaupt nicht gefällt. Und dieser Mann könnte ihnen schon bald gefährlich werden ...
In einer geheimen Hütte mitten im Olivenhain schmieden Paolo und seine Freunde einen Plan: Sie wollen einen eigenen Staat gründen. Ein Reich, in dem kein Erwachsener bestimmen darf. Begeistert entwerfen sie Gesetze und schaffen ihre eigene Währung. Immer mehr Kinder schließen sich ihnen an. Doch im Ort gibt es einen Mann, dem das überhaupt nicht gefällt. Und dieser Mann könnte ihnen schon bald gefährlich werden ...
"Dieser Kinderstaat begeistert und ist ein wahres Leseabenteuer." Alexandra Fichtler-Laube Blog "Kinderbuch-Couch" 20220129
König von Salento
Davide Morosinottos Roman über einen Kinderstaat
Zuerst sucht man die Seite auf Google Maps: Südspitze Italiens. Stiefelabsatz. Region Salento. Das Städtchen Pagliarano, Handlungsort von Davide Morosinottos Roman „Die Piraten von Salento“, findet man natürlich nicht. Es ist erfunden. Aber man glaubt die Wärme jener fünf Tage kurz vor den Sommerferien auf der Haut zu spüren, das Zirpen der Zikaden zu hören und das nahe Meer zu riechen. Das und der verbreitete Wunsch, im Abenteuerzeitalter gerne auch mal König oder Prinzessin eines autonomen Kleinstaats zu sein, machen die jungen Leser und Leserinnen neugierig.
Vor der Frage „Wie verhalte ich mich als Regent eines Ministaates?“ steht nämlich Paolo, 13 Jahre alt, der mit Eltern und Großvater auf einem alten Landgut lebt. Casa Vulía liegt auf einem Hügel unweit der Küstenstraße, umgeben von einem zauberhaften Olivenhain, in dem auch eine längst verlassene Hirtenhütte steht. Das klingt nach Idyll, aber die Eltern müssen ganz schön kämpfen, um das baufällige Anwesen zu renovieren, nachdem Vater seine Arbeit in der Fabrik verloren hat. Jetzt ruhen alle Hoffnungen der Familie darauf, den Hof zu einem kleinen Landhotel umzubauen. Doch der Bürgermeister der Gemeinde scheint, zusammen mit dem Fabrikbesitzer, schmutzige Pläne zu verfolgen. Das ist ein Erzählstrang der Geschichte. Der zweite entwickelt sich aus Paolos Fund in der Hirtenhütte. Er entdeckt einen Brief seines Ururururgroßvaters, eines Räuberhauptmanns. Darin werden nach der Ausrufung des Königreichs Italien 1861 Casa Vulía und die Ländereien zum autonomen Olivenhainstaat erklärt. Paolo und seine Freunde fasziniert die Proklamation. Da sich die Jugendlichen gerade in einer Phase von Aufmüpfigkeit und Abenteuerlust befinden, erneuern sie das Manifest mit der Ausrufung eines autonomen Kinderstaats. Der Gründungsakt in der Hirtenhütte wird gefilmt und sofort ins Internet gestellt. Das Echo ist überwältigend. Und damit beginnt ein politisches Lehrstück, das die Staatsgründer wie Zauberlehrlinge aussehen lässt, die die Geister, die sie selbst riefen, nicht mehr beherrschen.
Davide Morosinotto erreicht in diesem wiederum von Cornelia Panzacchi übersetzten und bereits 2011 in Italien erschienenen Roman, nicht die erzählerische Dichte seiner anderen Romane, wie etwa in „Die Mississippi-Bande“. Trotz der Verknüpfung der Geschichte mit Themen wie erster Liebe, Ärger in der Schule, Querelen mit einer gegnerischen Bande, trotz der Einbindung der Landschaftsidylle Süditaliens wirken die Figuren eigenartig hölzern und nicht ganz fertiggeschnitzt. Als seien ihnen ihre Eigenschaften auf den Leib geschrieben worden und nicht aus ihnen selbst heraus entstanden. Das Geschehen hingegen entwickelt sich – abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt – spannungs- und abwechslungsreich. Deshalb würde man am Ende trotzdem gerne mit Paolo, Antonio und Laerte, mit Bea und Elena im Schatten der uralten Eiche an der (realen) Straße nach Tricase Porto sitzen und den Zikaden lauschen. Denn die
„Eiche der hundert Ritter“, die gibt es wirklich.
SIGGI SEUSS
Davide Morosinotto:
Die Rebellen von Salento. Aus dem Italienischen von Cornelia Panzacchi. Thienemann Verlag, 2021. 286 Seiten. 15 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Davide Morosinottos Roman über einen Kinderstaat
Zuerst sucht man die Seite auf Google Maps: Südspitze Italiens. Stiefelabsatz. Region Salento. Das Städtchen Pagliarano, Handlungsort von Davide Morosinottos Roman „Die Piraten von Salento“, findet man natürlich nicht. Es ist erfunden. Aber man glaubt die Wärme jener fünf Tage kurz vor den Sommerferien auf der Haut zu spüren, das Zirpen der Zikaden zu hören und das nahe Meer zu riechen. Das und der verbreitete Wunsch, im Abenteuerzeitalter gerne auch mal König oder Prinzessin eines autonomen Kleinstaats zu sein, machen die jungen Leser und Leserinnen neugierig.
Vor der Frage „Wie verhalte ich mich als Regent eines Ministaates?“ steht nämlich Paolo, 13 Jahre alt, der mit Eltern und Großvater auf einem alten Landgut lebt. Casa Vulía liegt auf einem Hügel unweit der Küstenstraße, umgeben von einem zauberhaften Olivenhain, in dem auch eine längst verlassene Hirtenhütte steht. Das klingt nach Idyll, aber die Eltern müssen ganz schön kämpfen, um das baufällige Anwesen zu renovieren, nachdem Vater seine Arbeit in der Fabrik verloren hat. Jetzt ruhen alle Hoffnungen der Familie darauf, den Hof zu einem kleinen Landhotel umzubauen. Doch der Bürgermeister der Gemeinde scheint, zusammen mit dem Fabrikbesitzer, schmutzige Pläne zu verfolgen. Das ist ein Erzählstrang der Geschichte. Der zweite entwickelt sich aus Paolos Fund in der Hirtenhütte. Er entdeckt einen Brief seines Ururururgroßvaters, eines Räuberhauptmanns. Darin werden nach der Ausrufung des Königreichs Italien 1861 Casa Vulía und die Ländereien zum autonomen Olivenhainstaat erklärt. Paolo und seine Freunde fasziniert die Proklamation. Da sich die Jugendlichen gerade in einer Phase von Aufmüpfigkeit und Abenteuerlust befinden, erneuern sie das Manifest mit der Ausrufung eines autonomen Kinderstaats. Der Gründungsakt in der Hirtenhütte wird gefilmt und sofort ins Internet gestellt. Das Echo ist überwältigend. Und damit beginnt ein politisches Lehrstück, das die Staatsgründer wie Zauberlehrlinge aussehen lässt, die die Geister, die sie selbst riefen, nicht mehr beherrschen.
Davide Morosinotto erreicht in diesem wiederum von Cornelia Panzacchi übersetzten und bereits 2011 in Italien erschienenen Roman, nicht die erzählerische Dichte seiner anderen Romane, wie etwa in „Die Mississippi-Bande“. Trotz der Verknüpfung der Geschichte mit Themen wie erster Liebe, Ärger in der Schule, Querelen mit einer gegnerischen Bande, trotz der Einbindung der Landschaftsidylle Süditaliens wirken die Figuren eigenartig hölzern und nicht ganz fertiggeschnitzt. Als seien ihnen ihre Eigenschaften auf den Leib geschrieben worden und nicht aus ihnen selbst heraus entstanden. Das Geschehen hingegen entwickelt sich – abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt – spannungs- und abwechslungsreich. Deshalb würde man am Ende trotzdem gerne mit Paolo, Antonio und Laerte, mit Bea und Elena im Schatten der uralten Eiche an der (realen) Straße nach Tricase Porto sitzen und den Zikaden lauschen. Denn die
„Eiche der hundert Ritter“, die gibt es wirklich.
SIGGI SEUSS
Davide Morosinotto:
Die Rebellen von Salento. Aus dem Italienischen von Cornelia Panzacchi. Thienemann Verlag, 2021. 286 Seiten. 15 Euro.
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