Die lange erwartete Vorlesung aus Foucaults letztem Lebensjahr konfrontiert Sokrates mit den Kynikern, die strahlende Gründergestalt der abendländischen Philosophie mit den selbsternannten Underdogs des Denkens. In der für seine späten Texte so typischen Mischung aus Radikalität und Abgeklärtheit verfolgt Foucault die letzte große Frage seines Denkens: die Frage nach der parrhesia, nach dem freimütigen, schutzlosen, das eigene Leben aufs Spiel setzenden Sprechen. Lange vor den Manifesten des Nonkonformismus, die die Moderne vor allem unter dem Banner der Kunst und der Revolution hervorbrachte, inszeniert der Kynismus dieses freimütige Sprechen als bewußten Verstoß gegen alle Konventionen, den Philosophen als zerlumpten Außenseiter und die Philosophie als öffentliches Ärgernis. Er stellt sich so in die von Sokrates begründete Tradition eines Mutes, der "Wut, Ärger, Rache und sogar Gerichtsverhandlungen riskiert, um die Menschen gegen ihren Willen dazu zu bringen, sich um sich selbst, um ihre Seele und die Wahrheit zu kümmern". Keine philosophische Schule oder Bewegung hat diesen Mut zur Wahrheit so konsequent radikalisiert wie der Kynismus. Doch nicht nur an den Rändern der offiziellen Philosophiegeschichte fördert Foucault noch ungehobene Einsichten zutage. Auch in den sokratischen Gesprächen selbst markiert er die Punkte, an denen eine neue Lektüre der traditionellen Texte einzusetzen hätte: die Prüfung seiner selbst und der anderen, die für die kommenden Technologien des Selbst von entscheidender Bedeutung war.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2010Der Weg führt in die Tonne
Mit Sokrates in der Nähe des Todes: Michel Foucaults letzte Vorlesungen aus den Jahren 1983 und 1984 feiern die philosophische Redefreiheit als Manifestation des wahren Lebens Von Johan Schloemann
Michel Foucault ist nicht Sokrates. Aber mit der Silenengestalt aus Athen, die den Menschen und seine Prüfung in die Mitte des abendländischen Denkens stellte, hat Michel Foucault doch zweierlei gemeinsam. Zum einen ist er wie Sokrates, wenn auch aus anderen Gründen, selbst todgeweiht, als er in seiner letzten Vorlesungsreihe im Frühjahr 1984 am Collège de France über den Tod des Sokrates spricht: Ende Juni nämlich wird Foucault an Aids sterben, als eines der ersten prominenten Opfer dieser Krankheit. In der Vorlesung vom 22. Februar 1984 sagt er seinem wie immer übervollen Pariser Auditorium, das dem intellektuellen Star trotz seiner schwierigen Themen buchstäblich zu Füßen liegt: „Als Philosophieprofessor sollte man mindestens einmal im Leben eine Vorlesung über Sokrates und seinen Tod gehalten haben. Das ist nun getan. Salvate animam meam.”
Zum anderen berührt, ja identifiziert sich Foucault mit Sokrates, wie er bei seinem Schüler Platon auftritt, insofern, als er ihn als Fürsprecher und Anwender der wahren und freimütigen Rede erkennt. Diese furchtlose Rede gegenüber der Mehrheit und der Politik ist, wie Foucault am Ende seines Lebens mit unverkennbarem Bezug auf sein Selbstverständnis ausführt, ein bewahrenswertes Erbe der abendländischen Philosophie. In der Moderne werde das als Praxis aufgegriffen, „die in der Kritik der Täuschung, der Verlockung, der Vorspiegelung, der Schmeichelei ihre Funktion der Wahrheit findet”.
Keine Sorge, Foucault hat seinen Zweifel an der metaphysisch-ontologischen Ausrichtung des Denkens keineswegs aufgegeben. Während er aber diesen – nicht unwesentlichen – Aspekt der sokratisch-platonischen Tradition verwirft, taugt sie ihm in anderer Hinsicht dennoch als Vorbild: eben als Begründung der philosophischen Redefreiheit, „als manifeste Lebensweise, als ständige Manifestation der Wahrheit”. Es bleibt bei dem Bekenntnis: Keine Erkenntnistheorie, sondern Diskursgeschichte! Wenn indes der entlarvende Historiker in Foucault auch peinlich zusieht, die philosophische Wahrheit nicht als etwas Essentielles, etwas Metaphysisches aufzurufen, sondern bloß als Lebensform, also als Modus des wahren Redens – so hat der kühle archäologische Sezierer diese Lebensform als „Stil der Existenz” in seinen letzten Vorlesungen doch mit einem immer wieder aufragenden Pathos gefeiert, das durchaus aufklärerisch und humanistisch zu nennen ist.
Mit der Eindringlichkeit der Todesnähe lässt sich an Sokrates besonders markant zeigen, was im allgemeinen, auch ohne tödlichen Ausgang, zugleich Wert und Risiko der freien Rede ausmacht: Indem der Sprecher sich mit seiner Person an die Wahrheit bindet – und nicht etwa nur das sagt, was das Publikum hören will –, verkörpert er die „Dramatik des wahren Diskurses”. Es ist das griechische Wort dafür, parrhesía, das Michel Foucault zum allesbestimmenden Leitmotiv seiner letzten Vorlesungszyklen wählte.
Diese Parrhesia ist mehr als das Rederecht, sie ist die Möglichkeit, aber auch die Entschlossenheit, „alles zu sagen” (pan-rhesia). War es 1982 um den Freimut des Lehrmeisters und das antike „Zeitalter der Selbstkultur” gegangen (nachzulesen im 2004 auf Deutsch erschienenen Vorlesungsband „Hermeneutik des Subjekts” sowie auch im dritten Band seiner Sexualitätsgeschichte), so handelte Foucault 1983 vor allem über politische Parrhesia und 1984 über Freimut und Selbstsorge bei Sokrates/Platon und den antiken Kynikern.
Der Weg führt letztlich zu diesen Kynikern à la Diogenes in der Tonne, weil diese nicht bloß das freie Sprechen, sondern das freie Leben überhaupt „als Geste der Wahrheit selbst” radikalisiert haben, bis hin zur Schamlosigkeit. Als Nachfahren dieser Haltung nennt Foucault (der Peter Sloterdijks „Kritik der zynischen Vernunft” noch erwähnte, aber bekannte, das Buch nicht gelesen zu haben) in einem reizvollen Exkurs drei Figuren: den christlichen Asketen, den Revolutionär und den modernen Künstler. Aus der Philosophie hingegen sei der Anspruch, nicht nur zu lehren, sondern ein wirklich anderes Leben zu führen und vorzuführen, mit der Etablierung des bürgerlichen Philosophieprofessors immer weiter verdrängt worden.
Diese beiden letzten Bände der Vorlesungen, wie die vorigen penibel ediert und übersetzt, können zusammen als veritable Monographie gelesen werden. Sie sind wertvoll, weil Foucault eine geplante Buchveröffentlichung unter demselben Titel nicht mehr vollbringen konnte, und weil er im mündlichen Vortrag ohnehin kaum vom sorgfältig ausgearbeiteten Manuskript abwich. Was er über den „parrhesiastischen” Auftrag des Philosophen sagte, dürfen seine Verehrer als Vermächtnis wahrnehmen; weite Strecken der Untersuchung jedoch bestehen aus minutiösen, selbständigen Analysen antiker Texte: „Ion” von Euripides, Thukydides’ Geschichtswerk, aber auch Isokrates oder Lukian. Vor allem aber Platon: als Quelle ebenso betrachtet wie als gescheiterter Politikberater in Syrakus.
Was immer der Leser von Foucaults historischen und ideengeschichtlichen Schemata hält, deren Probecharakter immer wieder betont wird – es wird auf diesen knapp 1000 Seiten in jedem Fall eine saftige Fülle origineller Gedanken geboten. Mal findet man Abwegiges, oft aber einen wachen Geist in jener besten französischen Manier, die die große Linie mit eigensinniger Liebe zum Detail zu verbinden weiß. Bevor sich die Redefreiheit, die Parrhesia, zum Philosophen hin und somit in den Bereich des Ethos und der persönlichen Übung bewegt, hat sie ihren Auftritt in der offenen Arena der attischen Demokratie. Scharf fasst Foucault die elementare Bedeutung der Redefreiheit, die nicht unterwerfen, sondern überzeugen will, und ebenso scharf ihre Gefahren, mit nicht geringem Verständnis für die demokratiekritische Tendenz seiner Quellen und mit dem üblichen Pfui gegenüber der Rhetorik. Parrhesia, das Wahrsprechen, kann in der Demokratie „gegen die Dummheit, gegen den Wahnsinn, gegen die Verblendung der Mächtigen” gehen; aber es ist, so Foucault, auch die Demokratie, „die diese wahre Rede zugleich ermöglicht und sie unablässig bedroht”.
Neben vielem Anderen, das einfach lehrreich oder geistesgeschichtlich interessant ist (etwa ein Schlenker gegen Jacques Derridas Deutung von Platons Schriftkritik), bieten Michel Foucaults letzte Vorlesungen wichtige Gedanken zur politischen Philosophie. Oder sagen wir besser: zur unpolitischen politischen Philosophie. Denn vehement deutet Foucault Platon zustimmend so, dass Philosophie nicht heiße, „den Politikern zu sagen, was sie zu tun haben”. Ist das eskapistisch? Es ist jedenfalls ein nüchternes Schlusswort zur großen Ära der engagierten französischen Intellektuellen in der Nachkriegszeit.
Michel Foucault
Die Regierung des Selbst und der anderen
Vorlesung am Collège de France 1982/ 83. Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 506 Seiten, 45 Euro.
Der Mut zur Wahrheit. Die Regierung des Selbst und der anderen II.
Vorlesung am Collège de France 1983/ 84. Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 479 Seiten, 39,80 Euro.
Ein „Stil der Existenz” wird zum Vermächtnis
Michel Foucault, fotografiert 1976 Foto: Sophie Bassouls/Sygma/Corbis
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Mit Sokrates in der Nähe des Todes: Michel Foucaults letzte Vorlesungen aus den Jahren 1983 und 1984 feiern die philosophische Redefreiheit als Manifestation des wahren Lebens Von Johan Schloemann
Michel Foucault ist nicht Sokrates. Aber mit der Silenengestalt aus Athen, die den Menschen und seine Prüfung in die Mitte des abendländischen Denkens stellte, hat Michel Foucault doch zweierlei gemeinsam. Zum einen ist er wie Sokrates, wenn auch aus anderen Gründen, selbst todgeweiht, als er in seiner letzten Vorlesungsreihe im Frühjahr 1984 am Collège de France über den Tod des Sokrates spricht: Ende Juni nämlich wird Foucault an Aids sterben, als eines der ersten prominenten Opfer dieser Krankheit. In der Vorlesung vom 22. Februar 1984 sagt er seinem wie immer übervollen Pariser Auditorium, das dem intellektuellen Star trotz seiner schwierigen Themen buchstäblich zu Füßen liegt: „Als Philosophieprofessor sollte man mindestens einmal im Leben eine Vorlesung über Sokrates und seinen Tod gehalten haben. Das ist nun getan. Salvate animam meam.”
Zum anderen berührt, ja identifiziert sich Foucault mit Sokrates, wie er bei seinem Schüler Platon auftritt, insofern, als er ihn als Fürsprecher und Anwender der wahren und freimütigen Rede erkennt. Diese furchtlose Rede gegenüber der Mehrheit und der Politik ist, wie Foucault am Ende seines Lebens mit unverkennbarem Bezug auf sein Selbstverständnis ausführt, ein bewahrenswertes Erbe der abendländischen Philosophie. In der Moderne werde das als Praxis aufgegriffen, „die in der Kritik der Täuschung, der Verlockung, der Vorspiegelung, der Schmeichelei ihre Funktion der Wahrheit findet”.
Keine Sorge, Foucault hat seinen Zweifel an der metaphysisch-ontologischen Ausrichtung des Denkens keineswegs aufgegeben. Während er aber diesen – nicht unwesentlichen – Aspekt der sokratisch-platonischen Tradition verwirft, taugt sie ihm in anderer Hinsicht dennoch als Vorbild: eben als Begründung der philosophischen Redefreiheit, „als manifeste Lebensweise, als ständige Manifestation der Wahrheit”. Es bleibt bei dem Bekenntnis: Keine Erkenntnistheorie, sondern Diskursgeschichte! Wenn indes der entlarvende Historiker in Foucault auch peinlich zusieht, die philosophische Wahrheit nicht als etwas Essentielles, etwas Metaphysisches aufzurufen, sondern bloß als Lebensform, also als Modus des wahren Redens – so hat der kühle archäologische Sezierer diese Lebensform als „Stil der Existenz” in seinen letzten Vorlesungen doch mit einem immer wieder aufragenden Pathos gefeiert, das durchaus aufklärerisch und humanistisch zu nennen ist.
Mit der Eindringlichkeit der Todesnähe lässt sich an Sokrates besonders markant zeigen, was im allgemeinen, auch ohne tödlichen Ausgang, zugleich Wert und Risiko der freien Rede ausmacht: Indem der Sprecher sich mit seiner Person an die Wahrheit bindet – und nicht etwa nur das sagt, was das Publikum hören will –, verkörpert er die „Dramatik des wahren Diskurses”. Es ist das griechische Wort dafür, parrhesía, das Michel Foucault zum allesbestimmenden Leitmotiv seiner letzten Vorlesungszyklen wählte.
Diese Parrhesia ist mehr als das Rederecht, sie ist die Möglichkeit, aber auch die Entschlossenheit, „alles zu sagen” (pan-rhesia). War es 1982 um den Freimut des Lehrmeisters und das antike „Zeitalter der Selbstkultur” gegangen (nachzulesen im 2004 auf Deutsch erschienenen Vorlesungsband „Hermeneutik des Subjekts” sowie auch im dritten Band seiner Sexualitätsgeschichte), so handelte Foucault 1983 vor allem über politische Parrhesia und 1984 über Freimut und Selbstsorge bei Sokrates/Platon und den antiken Kynikern.
Der Weg führt letztlich zu diesen Kynikern à la Diogenes in der Tonne, weil diese nicht bloß das freie Sprechen, sondern das freie Leben überhaupt „als Geste der Wahrheit selbst” radikalisiert haben, bis hin zur Schamlosigkeit. Als Nachfahren dieser Haltung nennt Foucault (der Peter Sloterdijks „Kritik der zynischen Vernunft” noch erwähnte, aber bekannte, das Buch nicht gelesen zu haben) in einem reizvollen Exkurs drei Figuren: den christlichen Asketen, den Revolutionär und den modernen Künstler. Aus der Philosophie hingegen sei der Anspruch, nicht nur zu lehren, sondern ein wirklich anderes Leben zu führen und vorzuführen, mit der Etablierung des bürgerlichen Philosophieprofessors immer weiter verdrängt worden.
Diese beiden letzten Bände der Vorlesungen, wie die vorigen penibel ediert und übersetzt, können zusammen als veritable Monographie gelesen werden. Sie sind wertvoll, weil Foucault eine geplante Buchveröffentlichung unter demselben Titel nicht mehr vollbringen konnte, und weil er im mündlichen Vortrag ohnehin kaum vom sorgfältig ausgearbeiteten Manuskript abwich. Was er über den „parrhesiastischen” Auftrag des Philosophen sagte, dürfen seine Verehrer als Vermächtnis wahrnehmen; weite Strecken der Untersuchung jedoch bestehen aus minutiösen, selbständigen Analysen antiker Texte: „Ion” von Euripides, Thukydides’ Geschichtswerk, aber auch Isokrates oder Lukian. Vor allem aber Platon: als Quelle ebenso betrachtet wie als gescheiterter Politikberater in Syrakus.
Was immer der Leser von Foucaults historischen und ideengeschichtlichen Schemata hält, deren Probecharakter immer wieder betont wird – es wird auf diesen knapp 1000 Seiten in jedem Fall eine saftige Fülle origineller Gedanken geboten. Mal findet man Abwegiges, oft aber einen wachen Geist in jener besten französischen Manier, die die große Linie mit eigensinniger Liebe zum Detail zu verbinden weiß. Bevor sich die Redefreiheit, die Parrhesia, zum Philosophen hin und somit in den Bereich des Ethos und der persönlichen Übung bewegt, hat sie ihren Auftritt in der offenen Arena der attischen Demokratie. Scharf fasst Foucault die elementare Bedeutung der Redefreiheit, die nicht unterwerfen, sondern überzeugen will, und ebenso scharf ihre Gefahren, mit nicht geringem Verständnis für die demokratiekritische Tendenz seiner Quellen und mit dem üblichen Pfui gegenüber der Rhetorik. Parrhesia, das Wahrsprechen, kann in der Demokratie „gegen die Dummheit, gegen den Wahnsinn, gegen die Verblendung der Mächtigen” gehen; aber es ist, so Foucault, auch die Demokratie, „die diese wahre Rede zugleich ermöglicht und sie unablässig bedroht”.
Neben vielem Anderen, das einfach lehrreich oder geistesgeschichtlich interessant ist (etwa ein Schlenker gegen Jacques Derridas Deutung von Platons Schriftkritik), bieten Michel Foucaults letzte Vorlesungen wichtige Gedanken zur politischen Philosophie. Oder sagen wir besser: zur unpolitischen politischen Philosophie. Denn vehement deutet Foucault Platon zustimmend so, dass Philosophie nicht heiße, „den Politikern zu sagen, was sie zu tun haben”. Ist das eskapistisch? Es ist jedenfalls ein nüchternes Schlusswort zur großen Ära der engagierten französischen Intellektuellen in der Nachkriegszeit.
Michel Foucault
Die Regierung des Selbst und der anderen
Vorlesung am Collège de France 1982/ 83. Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 506 Seiten, 45 Euro.
Der Mut zur Wahrheit. Die Regierung des Selbst und der anderen II.
Vorlesung am Collège de France 1983/ 84. Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 479 Seiten, 39,80 Euro.
Ein „Stil der Existenz” wird zum Vermächtnis
Michel Foucault, fotografiert 1976 Foto: Sophie Bassouls/Sygma/Corbis
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Johan Schloemann begrüßt diese beiden gewissenhaft edierten und übersetzen Bände mit den Vorlesungen Michel Foucaults aus den Jahren 1983 und 1984. Sie lassen sich seines Erachtens zusammen als "veritable Monografie" über die philosophische Redefreiheit als Manifestation des wahren Lebens lesen. Bedeutend scheinen ihm die Vorlesungen auch deshalb, weil der 1984 an Aids verstorbene Foucault eine geplante Buchveröffentlichung unter demselben Titel nicht mehr vollbringen konnte. Schloemann konstatiert eine Nähe zu Sokrates: zum einen wegen Foucaults bevorstehendem Tod, zum anderen wegen dessen Feier von Sokrates als Vertreter philosophischer Redefreiheit. Die Vorlesungen sind für ihn nicht nur geistesgeschichtlich ungemein aufschlussreich, sondern auch voll von "originellen Gedanken". Besonders hebt er Foucaults Ausführungen zur politischen Philosophie hervor. Der Philosoph deute Platon zustimmend so, dass Philosophie nicht bedeute, den Politikern zu sagen, was sie zu tun hätten. Für Schloemann ein "nüchternes Schlusswort zur großen Ära der engagierten französischen Intellektuellen in der Nachkriegszeit".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Gut lesbar, als ebenso geduldiger wie ideenreicher Durchgang durch die überlieferte Textwelt der Antike angelegt.« Petra Gehring Frankfurter Allgemeine Zeitung 20091130