Bei windigem Regenwetter passiert ein Mord auf dem Friedhof von Schwanweiler in der Pfalz. Wieder einmal ist der pensonierte Kriminaler Friedrich Gontard zur Stelle und beginnt mit seinem einstigen Mitarbeiter, dem jetzigen Kommissar Manfred Berberich, die Ermittlungen. Die beiden
(schwerpunktmäßig aber Gontard) fördern zunächst verzweigte und komplizierte Familienaffären zu Tage. Viele im Ort…mehrBei windigem Regenwetter passiert ein Mord auf dem Friedhof von Schwanweiler in der Pfalz. Wieder einmal ist der pensonierte Kriminaler Friedrich Gontard zur Stelle und beginnt mit seinem einstigen Mitarbeiter, dem jetzigen Kommissar Manfred Berberich, die Ermittlungen. Die beiden (schwerpunktmäßig aber Gontard) fördern zunächst verzweigte und komplizierte Familienaffären zu Tage. Viele im Ort erinnern sich an Jahrzehnte zurückliegende Ereignisse, aber auch an Namen oder Merkmale – die Leser merken es längst – die kurz zuvor erwähnt wurden.
Ungeklärte Mordfälle aus der Vergangenheit stehen im Mittelpunkt und erschweren durch ihre zeitliche Ferne, dass in der Erzählgegenwart wirklich Spannung aufkommt. Allmählich rundet sich das Bild und Gontard liegt wieder einmal mit seinen Vermutungen richtig.
Wie bei allen Gontard-Krimis erhält das Umfeld der Kriminaler breiten Raum. Damit sich die gezogenen Strippen zusammenfügen muss die Autorin gelegentlich stark nachhelfen.
Manchmal hackt Gontard solange nach, bis sich die Leute an das erinnern, was er schon längst vermutet hatte. Nach Jahrzehnten kann sich der Befragte nicht erinnern, welche Person er in einer diffusen Szene gesehen hat. Doch Gontard befragt ihn nochmals und plötzlich flutscht es: „Die Person war, glaube ich, eine Frau.” „Sie sind sich sicher?” (Ist er nicht, er sagte doch: „glaube ich”). „Ja, jetzt, wo sie [sic] mich so direkt fragen, muss ich sagen: ja.” Das müssen die Leser schlucken.
Ganz dick wird es bei der Interpretation eines uralten kolorierten Gruppenfotos. Dreimal erkennt Gontard Fallentscheidendes aus den Blicken und Augen der Fotografierten. Mit so hoch auflösenden Fotos, die sogar die geheimen Befindlichkeiten und sexuellen Vorlieben der Fotografierten festhalten, wird die Lösung einfach: „Fotos lügen nicht”. Das scheint mir doch etwas weit herbeigeholt.
Die Reise des Engels besticht – wie alle Krimi um Friedrich Gontard – durch ein klug ausgedachtes Netz an Beziehungen und Antipathien des Romanpersonals und durch das Regionalkolorit. So erwartet die Leser ein anregende, kurzweilige Lektüre. Mitfiebern werden wohl nur die Wenigsten.