Zeitungsleser in ganz Amerika waren besorgt, als Jack London ankündigte, mit einem Segelboot um die Welt reisen zu wollen - und Monate später vor allem amüsiert: Denn das Boot, das der Autor sich eigens bauen ließ, wurde und wurde nicht fertig, verschlang Unsummen von Geld und wurde bald zum Gespött der Nation. Jack London ließ sich nicht beirren. Im April 1907 stieß die Snark endlich in See und verließ San Francisco mit Kurs auf Hawaii. Doch bereits kurz nach dem Auslaufen setzten sich die Pannen fort: Der Schiffsmotor erwies sich als unbrauchbar, die Inneneinrichtung fiel auseinander, der Schiffskoch konnte nicht kochen, niemand an Bord beherrschte die Navigation und der Hilfsnavigator glaubte fest daran, dass das Schiff im Inneren einer hohlen Erdkugel segelte.Keine Frage: Die Reise war ein Debakel. Und trotzdem verbrachte Jack London an Bord der Snark, in Gesellschaft seiner über alles geliebten Frau Charmian, die wohl glücklichste Zeit seines Lebens. Dies zeigt auch sein Bericht über die Reise, der selbstironisch, unterhaltsam und ohne Aussparung der peinlichen Details von allen Heldentaten, Malheurs und Abenteuern erzählt: von der katastrophalen Überfahrt nach Honolulu, einem Besuch der Leprakolonie auf Molokai, ersten Erfahrungen mit dem Surfsport, von Begegnungen mit exzentrischen Einsiedlern, gefährlichen Riesenkakerlaken und von dem endlosen Warten auf einen Fliegenden Fisch. Voller Leben und Komik ist diese Geschichte eines grandiosen Scheiterns, in welcher Jack London mit Inbrunst einer einzigen Maxime folgte, die da hieß: »I like«.
buecher-magazin.deJack London, der auf und davon segelnde Abenteurer und Schriftsteller, hatte eine Schiffsbibliothek an Bord. Sein Boot nannte er "Snark" nach der Nonsensballade von Lewis Carroll. Das Schreiben, heißt es, sei aber bloßer Gelderwerb gewesen, das Mittel zum Lebenszweck, die einst vom armen Kind erträumte Existenz zu verwirklichen. Zwei Jahre Segelturn finanzierte Jack London damit, Passagen des Berichts "Die Reise mit der Snark" von Bord aus bereits an Zeitungen zu verkaufen. Auch das war abenteuerlich. Jack London, vor 140 Jahren als John Griffith Chaney geboren, vor 100 Jahren gestorben. Seine Jobs: Reporter und sozialkritischer Romancier von "Der Seewolf", "Wolfsblut" und "Ruf der Wildnis", Austernpirat und Robbenjäger, Goldschürfer und Landstreicher, Farmbesitzer und Traveller, Sozialist, Matrose, Macher. London hätte nie zur Zielgruppe jener Fernwehreihe mit dem deprimierenden Titel "1000 places to see before you die" gehört. Aber Reisetipps hätte er geben können und das tut er, während er unterwegs ist auf der Snark: "Ich lebe, also möchte ich sehen, und die Welt ist eine größere Sehenswürdigkeit als eine Kleinstadt oder ein kleines Tal. Wir haben unsere Reiseroute kaum festgelegt. Aber eines steht fest, und das ist der erste Hafen, den wir anlaufen werden - Honolulu."
© BÜCHERmagazin, Jutta Vahrson (jv)
© BÜCHERmagazin, Jutta Vahrson (jv)
"Glänzende Übersetzung, sorgsam annotiert, schöne Ausstattung: eine Freude." NZZ am Sonntag