Theodor Fontane (1819-1898) gilt als bedeutendster deutscher Vertreter des poetischen Realismus und das vor allem mit seinen Romanen und Novellen wie „Irrungen, Wirrungen“, „Effi Briest“ oder „Der Stechlin“. Auch seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ machten ihn seit ihrem Erscheinen im 19.
Jahrhundert zu einem der meistgelesenen deutschen Schriftsteller.
Seine Tagebücher (insgesamt…mehrTheodor Fontane (1819-1898) gilt als bedeutendster deutscher Vertreter des poetischen Realismus und das vor allem mit seinen Romanen und Novellen wie „Irrungen, Wirrungen“, „Effi Briest“ oder „Der Stechlin“. Auch seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ machten ihn seit ihrem Erscheinen im 19. Jahrhundert zu einem der meistgelesenen deutschen Schriftsteller.
Seine Tagebücher (insgesamt acht umfangreiche Bände) erschienen dagegen erst 1994 im Aufbau Verlag. Sie stellen seitdem nicht nur einen Teil seines schriftstellerischen Gesamtwerkes dar, sondern werden auch als ein bedeutendstes Journal zur wilhelminischen Gesellschaft betrachtet.
Neben diesem „eigentlichen“ Tagebuch führte Fontane bei seinen Reisen zwischen 1864 und 1875 sechsundzwanzig eigene kleinformatige Reisetagebücher, die das Tagebuch ergänzten. Die Reisen führten ihn auf die Kriegsschauplätze in Schleswig-Holstein und Dänemark 1864, in Sachsen, Böhmen, Thüringen und Franken 1866/67 sowie in Frankreich 1870/71.
In seinen Notizen dokumentierte Fontane die dramatischen Vorgänge, die die Machtverhältnisse in Europa damals grundlegend veränderten. Er bereiste die Orte, an denen wenige Wochen zuvor noch gekämpft wurde, und hielt spontan seine subjektiven Eindrücke fest. Er sammelte Informationen und Impressionen, die er später in publizistischen und autobiografischen Arbeiteten verwendete.
Fontane war als Tourist und nicht als Militärhistoriker unterwegs. Dabei trennte er sich häufig von preußischen Klischees und empfand zunehmend Sympathie für die Besiegten. Mit scharfer Kritik registrierte er z. B. den Umgang der Sieger mit der besiegten Zivilbevölkerung. Daneben finden sich auch Notizen über private Reisen nach Italien, die Fontane 1874 und 1875 unternahm. Sie gewähren neben kunst- und architekturgeschichtlichen Aspekten auch einen Einblick in die Befindlichkeiten des Ehepaars Fontane.
Neben der Fülle von Informationen bieten die Reisetagebücher dem heutigen Leser auch einen aufschlussreichen Einblick in Fontanes Arbeitsweise. So wechseln sich welthistorische Darstellungen mit harmlosen Erlebnissen ab. Als Hilfsmittel enthalten die Notizbücher auch Zug- und Schiffsverbindungen, Wechselkurse, Reisekostenabrechnungen, Adressen von Hotels, Museen usw.
Die beiden Herausgeber Gotthard Erler und Christine Hehle haben Fontanes Reisetagebücher mit einem umfangreichen Anhang ergänzt. In ausführlichen Kommentaren wird über Anlass, Hintergrund und Umstände der jeweiligen Reise informiert. Darüberhinaus erläutern Anmerkungen Personen, Realien und historische Zusammenhänge. Vier Register erleichtern zudem den Umgang mit den knapp tausend Seiten.
Die vorliegende Ausgabe aus dem Aufbau Verlag ist sorgfältig ediert und stimmt den Leser mit einer fachkundigen Einleitung auf eine höchst interessante Lektüre ein. Eine großartige Ergänzung der Großen Brandenburgischen Ausgabe der Werke von Theodor Fontane.
Manfred Orlick