1918 wurde vor dem Hintergrund des verlorenen Ersten Weltkriegs in Österreich - wie im Deutschen Reich - die Republik ausgerufen. 1919 dann diktierten die Siegermächte im Vertrag von Saint-Germain die Bedingungen für den neuen Staat "Deutschösterreich". Die österreichischen Zeitgenossen indes verstanden das durch diesen Vertrag formierte Staatsgebilde dezidiert als "Neu-Österreich", das ausdrücklich nicht dem "alten Österreich" entsprach. Erst mit der Volksabstimmung in Kärnten 1921 und mit dem endgültigen Erwerb des Burgenlandes 1922 war dieses "Neu-Österreich" jedenfalls äußerlich konsolidiert, freilich kaum im Inneren - angesichts allseits bedrückender Not und einer noch bis 1925 offenen Verfassungsgestaltung.Wilhelm Brauneder seziert die politischen und staatsrechtlichen Vorgänge dieser Umbruchszeit mit dem routiniert geführten Skalpell des Verfassungshistorikers. Im Verlauf seiner Analyse erschließen sich zahlreiche - auch den geschichtlich versierten Leser überraschende - neue Erkenntnisse, so etwa zu den Sichtweisen verschiedener juristischer Denkschulen auf das verfassungsmäßige Wesen "Deutsch-" bzw. "Neu-Österreichs" sowie vor allem zum eigentlichen Gründungsdatum der österreichischen Republik: Denn dieses liegt konträr zur öffentlichen Meinung nicht etwa auf dem 12. November, sondern vielmehr ganz eindeutig auf dem 30. Oktober 1918.