Die erste historische Studie über eine der bedeutendsten rechtsextremen Parteien in Deutschland.Ausgezeichnet mit dem renommierten Hans-Rosenberg-Gedächtnispreis.Die Geschichte rechter Parteien in Deutschland nach 1945 fristete lange Zeit ein Nischendasein unter Historikern. Erst mit dem Aufstieg der AfD wuchs das Interesse an ihren Vorläufern. Moritz Fischer nimmt eine mittlerweile fast vergessene Partei in den Blick: die Republikaner. Unter ihrem Vorsitzenden Franz Schönhuber verbuchten sie zwischen 1983 und 1994 mehrere Wahlerfolge und galten einige Zeit als die wichtigste rechtsextreme Partei in Deutschland. Anhand neuer Quellen, unter anderem des Nachlasses des Parteimitbegründers Franz Schönhuber, blickt der Autor auf das Innenleben dieser Partei. Er analysiert die Gründe für ihren Aufstieg und untersucht den politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und juristischen Umgang mit ihr. Es gelingt ihm nicht nur, Wahlerfolge rechtsextremer Parteien und das aktuelle Zeitgeschehen besser verständlich zu machen, sondern auch, von bislang wenig beleuchteten Schattenseiten in der Geschichte der Bundesrepublik zu erzählen.»Die Dissertation von Moritz Fischer verdient ohne Einschränkung das Prädikat 'Pionierstudie'. Sie ist [...] höchst anschaulich, gut zu lesen und, nicht zuletzt, im Hinblick auf die Umfrage- und Wahlerfolge der AfD, überaus aktuell.« (Heinrich August Winkler, Historiker)
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Man soll dieses Buch lesen, findet Rezensent Werner Bührer, um etwas über die Auseinandersetzung mit der extremen Rechten in der Politik zu lernen. Moritz Fischer rekonstruiert darin, erfahren wir, die Geschichte der Partei "Die Republikaner", von deren Gründung 1983 bis ins Jahr 1994, als Franz Schönhuber den Parteivorsitz abgab. Das auf umfangreichem Quellenmaterial, insbesondere dem Nachlass Schönhubers, basierende Buch zeichnet vor allem die Frühphase der Partei akribisch nach, die zunächst nicht nur von Schönhuber, sondern auch von Franz Handlos geprägt war, einem abtrünnigen CSU-Mann, der sich als Volkstribun inszenierte und Heimatverbundenheit hochhielt. Schönhuber dagegen kam, erklärt Bührer, aus dem Journalismus und wurde mit einem Erinnerungsbuch an seine SS-Zeit anschlussfähig für die Neue Rechte. Nach Schönhubers Aufstieg zum Parteichef und Handlos' Parteiaustritt bewegte sich die Partei dann immer weiter nach rechts. Immer wieder, findet Bührer, werden Parallelen zur AfD der Gegenwart deutlich, etwa auch was die damaligen Diskussionen um ein Republikaner-Verbot betrifft. Schönhuber konnte zwar seine politischen Ziele nicht erreichen, so der Kritiker, aber dennoch prägte er den politischen Diskurs, etwa hinsichtlich der Etablierung ethnopluralistisch-rassistischer Denkmuster. Ein Buch, das in Sachen historischer Aufarbeitung des jüngeren Rechtsextremismus seinesgleichen sucht, schließt die Kritik.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Das Buch ist (...) nicht nur eine glänzende historische Studie, sondern kann auch die aktuelle Diskussion um den Umgang mit Rechtsextremismus bereichern.« (Michael Wolf, Deutschlandfunk, 23.09.2024) »Fischers Buch setzt Maßstäbe in der geschichtswissenschaftlichen Erforschung des Rechtsextremismus in Deutschland. (...) Ein hochaktuelles, unbedingt lesenswertes und lehrreiches Buch.« (Werner Bührer, Süddeutsche Zeitung, 12./13.10.2024)
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.10.2024Motor der Enttabuisierung
Die Republikaner unter Franz Schönhuber haben schon vieles vorgemacht,
was heute die AfD erzählt, erklärt Moritz Fischer in seiner exzellenten Analyse.
Obwohl der engere Gegenstand dieser beeindruckenden Studie, „Die Republikaner“, inzwischen längst Geschichte und die wichtigsten damaligen Akteure verstorben sind, ist sie von beklemmender Aktualität. Oft fühlt man sich an heutige Auseinandersetzungen erinnert, etwa über die Asyl- und Migrationspolitik oder den „richtigen“ Umgang mit der AfD. Moritz Fischer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, versteht anschaulich und fesselnd zu erzählen, ohne darüber Forschungsfragen und -kontroversen aus dem Blick zu verlieren.
Die Anschaulichkeit resultiert auch aus dem breiten Spektrum an Quellen, das er sich erschlossen hat. An erster Stelle steht der Nachlass von Franz Schönhuber (1923-2005) im Bayerischen Hauptstaatsarchiv – ein „wahrer Glücksfall“ für die Forschung, enthält er doch persönliche Dokumente, private Briefe, journalistische Arbeiten, Buchmanuskripte und zahlreiche Unterlagen zum „Innenleben“ der Republikaner wie Strategiepapiere und Sitzungsunterlagen. Obgleich „teilweise lückenhaft“, glaubt Fischer nicht an eine gezielte „Säuberung“ des Bestands.
Das Buch ist chronologisch gegliedert, nur gelegentlich unterbrochen durch systematische Abschnitte etwa zum Agieren der Rechtsparteien auf europäischer Ebene, zur These von den „Modernisierungsverlierern“ als Erklärung für Erfolge populistischer und extremistischer Parteien oder zur „Talkshow-Demokratie“. Zwar stehen die Jahre von der Gründung 1983 bis zur Ablösung Schönhubers als Vorsitzender 1994 im Zentrum, doch auf gut 150 Seiten rekonstruiert Fischer sinnvollerweise zunächst die bis in die 1970er-Jahre zurückreichende Vorgeschichte der Gründung der Republikaner und die Motive der Parteigründer. Traf auf Franz Handlos, ein „echtes CSU-Gewächs“ und aufgrund seines Engagements für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger eine Art „Robin Hood des Bayerischen Waldes“, wie der SZ-Redakteur Herbert Riehl-Heyse spöttelte, die Etikettierung der „Rechtsabspaltung“ von der CSU zu, galt dies für den zweiten wichtigen Akteur, Schönhuber, nicht. Er war nämlich nie Mitglied.
Fischer widerspricht auch der Sicht, der von Franz Josef Strauß vermittelte Milliardenkredit an die DDR sei der ausschlaggebende Grund für die Entstehung der Partei gewesen; vielmehr sei dieses Ereignis nur der „Schlussstein auf einem langen Weg der politischen Entfremdung“ von der CSU gewesen. Mit seinem Verständnis von „Bürgernähe, Heimatverbundenheit, Anti-Elitismus, Antikommunismus und Katholizismus“ sei Handlos, der zeitweise „Erststimmenkönig“ gewesen war, zunehmend in Gegensatz zu seiner Partei geraten. Volksnähe verkörperte auch Schönhuber, allerdings in einem anderen Metier, dem Journalismus, insbesondere als Moderator der TV-Talksendung des Bayerischen Rundfunks „Jetzt red i“. Überzeugend kann Fischer zeigen, wie sich Schönhuber im Laufe der 1970er-Jahre der politischen Rechten annäherte. Antiliberalismus und Antiamerikanismus wurden „immer stärker zum Kern seiner Weltanschauung“.
Einen entscheidenden Impuls erhielt diese Entwicklung durch die Veröffentlichung der Erinnerungs- und Rechtfertigungsschrift „Ich war dabei“, nämlich bei der Waffen-SS. Damit wollte Schönhuber „einen ehrlichen Blick auf die NS-Vergangenheit“ werfen. Die bisherige „Vergangenheitsbewältigung“ hielt er für „oberflächlich, kriecherisch und historisch einseitig“. Solche Statements brachten ihm erwartungsgemäß viel Lob von Vertretern der Neuen Rechten wie Armin Mohler ein – und von Handlos. Vereint in einem Politikverständnis von der „Idee eines einheitlichen Volkswillens, den Handlos im Wahlkreisbüro und Schönhuber im Wirtshaus zu erkennen glaubte“, und anknüpfend an Vorstellungen von Nationalismus und Antiliberalismus, wie sie im Milieu der Neuen Rechten kursierten, entschlossen sie sich zur Gründung der Republikaner.
Geprägt anfangs durch „populistische“ Politikmuster und Verhaltensweisen, vollzogen die Republikaner spätestens nach der Wahl Schönhubers zum Vorsitzenden 1985 eine „Wende nach rechts“. Zwar pflegte die Partei, die Handlos inzwischen bereits verlassen hatte, ein bayerisches Image, doch wollte sie „eine nationale Partei mit gesamtdeutschem Anspruch und keine Regionalpartei“ sein. Die Konzentration auf Asyl, Atomkraft und Agrarpolitik brachte jedoch nicht den erhofften Erfolg. Unter dem Vorsitz Schönhubers wurde das Parteiprogramm immer rechtslastiger: „Die deutsche Kultur verwahrlose zunehmend, Sitten würden missachtet und der nationale Wille zur deutschen Einheit schwinde“, kurz: der „Volkstod“ drohe.
Nach überraschenden Erfolgen bei den Wahlen 1989 zum Berliner Abgeordnetenhaus mit 7,5 Prozent und zum Europaparlament mit 7,1 Prozent war es ironischerweise ausgerechnet die „unverhoffte Einheit“, welche die national argumentierende und gesamtdeutsch ausgerichtete Partei in eine Krise stürzte. Wohl gelangen ihr auf kommunaler Ebene mit teilweise aggressiver Polemik gegen „Asylanten“ noch einige Erfolge, auf Länder- und Bundesebene hingegen nicht. Zum Niedergang dürfte auch beigetragen haben, dass die Partei allmählich ins Visier des Verfassungsschutzes geriet. Fischer zeichnet hier die Diskussion über Vor- und Nachteile eines Verbots nach – mit bemerkenswerten Parallelen zur aktuellen AfD-Verbotsdebatte. Im „Superwahljahr“ 1994 kam es schließlich zur „Entmachtung“ Schönhubers. Einer der Gründe war, dass der Vorsitzende ohne Rückendeckung durch die Parteigremien auf eine Kooperation mit der Deutschen Volksunion (DVU) von Gerhard Frey hinarbeitete. Im Dezember nahm Schönhuber tränenreich Abschied.
Obwohl Schönhuber der „große politische Erfolg“ versagt geblieben sei, so Fischer im Epilog, habe er „mit seiner Partei samt ihrer wenigen Mandatsträger die politische Kultur Deutschlands“ beeinflusst. Im Laufe der 1980er-Jahre habe sich die Partei zur „dezidierten Anti-Asyl-Partei“ entwickelt, „deren Programmatik sich stellenweise aber kaum von der CDU/CSU“ unterschieden habe. Die Republikaner waren „Motor einer immer radikaler werdenden asylpolitischen Auseinandersetzung, die ein bis dahin ungekanntes Ausmaß an rassistischen Gewalttaten zutage“ gefördert habe. In zehn Thesen fasst Fischer seine Befunde zu den „langen Kontinuitätslinien“ des deutschen Rechtsextremismus am Ende zusammen. Aufschlussreich sind insbesondere die Hinweise auf personelle Kontinuitäten zwischen Republikanern und AfD – beispielsweise Rolf Schlierer und Andreas Kalbitz – oder auf die Rolle der Partei als ideologische Wegbereiter eines ethnopluralistischen Rassismus. Die „Stigmatisierung des Rechtsextremismus“ durch Verweis auf den Nationalsozialismus verliere heute jedoch seine Wirkung, glaubt Fischer: „Als rechtsextrem zu zählen, gilt bei vielen Funktionären, Mitgliedern und Wählern“ der AfD mittlerweile als „Auszeichnung“. Zugleich gibt er sich überzeugt, dass der Aufstieg der Republikaner das genuin „republikanische Bewusstsein vieler Deutscher gestärkt“ habe.
Fischers Buch setzt Maßstäbe in der geschichtswissenschaftlichen Erforschung des Rechtsextremismus in Deutschland. Durch die Kontrastierung öffentlicher Statements und interner, aus unveröffentlichten Quellen gewonnener Äußerungen einzelner Politiker verdeutlicht er zudem, worauf es bei der politischen Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ankommt. Ein hochaktuelles, unbedingt lesenswertes und lehrreiches Buch.
WERNER BÜHRER
Moritz Fischer:
Die Republikaner.
Die Geschichte einer rechtsextremen Partei 1983-1994.
Wallstein, Göttingen 2024.
616 Seiten, 40 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Die Republikaner unter Franz Schönhuber haben schon vieles vorgemacht,
was heute die AfD erzählt, erklärt Moritz Fischer in seiner exzellenten Analyse.
Obwohl der engere Gegenstand dieser beeindruckenden Studie, „Die Republikaner“, inzwischen längst Geschichte und die wichtigsten damaligen Akteure verstorben sind, ist sie von beklemmender Aktualität. Oft fühlt man sich an heutige Auseinandersetzungen erinnert, etwa über die Asyl- und Migrationspolitik oder den „richtigen“ Umgang mit der AfD. Moritz Fischer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, versteht anschaulich und fesselnd zu erzählen, ohne darüber Forschungsfragen und -kontroversen aus dem Blick zu verlieren.
Die Anschaulichkeit resultiert auch aus dem breiten Spektrum an Quellen, das er sich erschlossen hat. An erster Stelle steht der Nachlass von Franz Schönhuber (1923-2005) im Bayerischen Hauptstaatsarchiv – ein „wahrer Glücksfall“ für die Forschung, enthält er doch persönliche Dokumente, private Briefe, journalistische Arbeiten, Buchmanuskripte und zahlreiche Unterlagen zum „Innenleben“ der Republikaner wie Strategiepapiere und Sitzungsunterlagen. Obgleich „teilweise lückenhaft“, glaubt Fischer nicht an eine gezielte „Säuberung“ des Bestands.
Das Buch ist chronologisch gegliedert, nur gelegentlich unterbrochen durch systematische Abschnitte etwa zum Agieren der Rechtsparteien auf europäischer Ebene, zur These von den „Modernisierungsverlierern“ als Erklärung für Erfolge populistischer und extremistischer Parteien oder zur „Talkshow-Demokratie“. Zwar stehen die Jahre von der Gründung 1983 bis zur Ablösung Schönhubers als Vorsitzender 1994 im Zentrum, doch auf gut 150 Seiten rekonstruiert Fischer sinnvollerweise zunächst die bis in die 1970er-Jahre zurückreichende Vorgeschichte der Gründung der Republikaner und die Motive der Parteigründer. Traf auf Franz Handlos, ein „echtes CSU-Gewächs“ und aufgrund seines Engagements für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger eine Art „Robin Hood des Bayerischen Waldes“, wie der SZ-Redakteur Herbert Riehl-Heyse spöttelte, die Etikettierung der „Rechtsabspaltung“ von der CSU zu, galt dies für den zweiten wichtigen Akteur, Schönhuber, nicht. Er war nämlich nie Mitglied.
Fischer widerspricht auch der Sicht, der von Franz Josef Strauß vermittelte Milliardenkredit an die DDR sei der ausschlaggebende Grund für die Entstehung der Partei gewesen; vielmehr sei dieses Ereignis nur der „Schlussstein auf einem langen Weg der politischen Entfremdung“ von der CSU gewesen. Mit seinem Verständnis von „Bürgernähe, Heimatverbundenheit, Anti-Elitismus, Antikommunismus und Katholizismus“ sei Handlos, der zeitweise „Erststimmenkönig“ gewesen war, zunehmend in Gegensatz zu seiner Partei geraten. Volksnähe verkörperte auch Schönhuber, allerdings in einem anderen Metier, dem Journalismus, insbesondere als Moderator der TV-Talksendung des Bayerischen Rundfunks „Jetzt red i“. Überzeugend kann Fischer zeigen, wie sich Schönhuber im Laufe der 1970er-Jahre der politischen Rechten annäherte. Antiliberalismus und Antiamerikanismus wurden „immer stärker zum Kern seiner Weltanschauung“.
Einen entscheidenden Impuls erhielt diese Entwicklung durch die Veröffentlichung der Erinnerungs- und Rechtfertigungsschrift „Ich war dabei“, nämlich bei der Waffen-SS. Damit wollte Schönhuber „einen ehrlichen Blick auf die NS-Vergangenheit“ werfen. Die bisherige „Vergangenheitsbewältigung“ hielt er für „oberflächlich, kriecherisch und historisch einseitig“. Solche Statements brachten ihm erwartungsgemäß viel Lob von Vertretern der Neuen Rechten wie Armin Mohler ein – und von Handlos. Vereint in einem Politikverständnis von der „Idee eines einheitlichen Volkswillens, den Handlos im Wahlkreisbüro und Schönhuber im Wirtshaus zu erkennen glaubte“, und anknüpfend an Vorstellungen von Nationalismus und Antiliberalismus, wie sie im Milieu der Neuen Rechten kursierten, entschlossen sie sich zur Gründung der Republikaner.
Geprägt anfangs durch „populistische“ Politikmuster und Verhaltensweisen, vollzogen die Republikaner spätestens nach der Wahl Schönhubers zum Vorsitzenden 1985 eine „Wende nach rechts“. Zwar pflegte die Partei, die Handlos inzwischen bereits verlassen hatte, ein bayerisches Image, doch wollte sie „eine nationale Partei mit gesamtdeutschem Anspruch und keine Regionalpartei“ sein. Die Konzentration auf Asyl, Atomkraft und Agrarpolitik brachte jedoch nicht den erhofften Erfolg. Unter dem Vorsitz Schönhubers wurde das Parteiprogramm immer rechtslastiger: „Die deutsche Kultur verwahrlose zunehmend, Sitten würden missachtet und der nationale Wille zur deutschen Einheit schwinde“, kurz: der „Volkstod“ drohe.
Nach überraschenden Erfolgen bei den Wahlen 1989 zum Berliner Abgeordnetenhaus mit 7,5 Prozent und zum Europaparlament mit 7,1 Prozent war es ironischerweise ausgerechnet die „unverhoffte Einheit“, welche die national argumentierende und gesamtdeutsch ausgerichtete Partei in eine Krise stürzte. Wohl gelangen ihr auf kommunaler Ebene mit teilweise aggressiver Polemik gegen „Asylanten“ noch einige Erfolge, auf Länder- und Bundesebene hingegen nicht. Zum Niedergang dürfte auch beigetragen haben, dass die Partei allmählich ins Visier des Verfassungsschutzes geriet. Fischer zeichnet hier die Diskussion über Vor- und Nachteile eines Verbots nach – mit bemerkenswerten Parallelen zur aktuellen AfD-Verbotsdebatte. Im „Superwahljahr“ 1994 kam es schließlich zur „Entmachtung“ Schönhubers. Einer der Gründe war, dass der Vorsitzende ohne Rückendeckung durch die Parteigremien auf eine Kooperation mit der Deutschen Volksunion (DVU) von Gerhard Frey hinarbeitete. Im Dezember nahm Schönhuber tränenreich Abschied.
Obwohl Schönhuber der „große politische Erfolg“ versagt geblieben sei, so Fischer im Epilog, habe er „mit seiner Partei samt ihrer wenigen Mandatsträger die politische Kultur Deutschlands“ beeinflusst. Im Laufe der 1980er-Jahre habe sich die Partei zur „dezidierten Anti-Asyl-Partei“ entwickelt, „deren Programmatik sich stellenweise aber kaum von der CDU/CSU“ unterschieden habe. Die Republikaner waren „Motor einer immer radikaler werdenden asylpolitischen Auseinandersetzung, die ein bis dahin ungekanntes Ausmaß an rassistischen Gewalttaten zutage“ gefördert habe. In zehn Thesen fasst Fischer seine Befunde zu den „langen Kontinuitätslinien“ des deutschen Rechtsextremismus am Ende zusammen. Aufschlussreich sind insbesondere die Hinweise auf personelle Kontinuitäten zwischen Republikanern und AfD – beispielsweise Rolf Schlierer und Andreas Kalbitz – oder auf die Rolle der Partei als ideologische Wegbereiter eines ethnopluralistischen Rassismus. Die „Stigmatisierung des Rechtsextremismus“ durch Verweis auf den Nationalsozialismus verliere heute jedoch seine Wirkung, glaubt Fischer: „Als rechtsextrem zu zählen, gilt bei vielen Funktionären, Mitgliedern und Wählern“ der AfD mittlerweile als „Auszeichnung“. Zugleich gibt er sich überzeugt, dass der Aufstieg der Republikaner das genuin „republikanische Bewusstsein vieler Deutscher gestärkt“ habe.
Fischers Buch setzt Maßstäbe in der geschichtswissenschaftlichen Erforschung des Rechtsextremismus in Deutschland. Durch die Kontrastierung öffentlicher Statements und interner, aus unveröffentlichten Quellen gewonnener Äußerungen einzelner Politiker verdeutlicht er zudem, worauf es bei der politischen Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ankommt. Ein hochaktuelles, unbedingt lesenswertes und lehrreiches Buch.
WERNER BÜHRER
Moritz Fischer:
Die Republikaner.
Die Geschichte einer rechtsextremen Partei 1983-1994.
Wallstein, Göttingen 2024.
616 Seiten, 40 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de