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Im Kalten Krieg standen sich sowjetkommunistische Parteidiktaturen und westliche Demokratien unversöhnlich gegenüber. Zugleich mussten die Verantwortlichen beider Seiten darauf bedacht sein, einen Krieg zu verhindern - denn er wäre mit Atomwaffen geführt worden und hätte mit der Vernichtung der Menschheit zu enden gedroht. Bemühungen zum Abbau der Konfrontation, zur Sicherung einer friedlichen Austragung des Systemgegensatzes und zur Stärkung der Kooperation zwischen Ost und West gab es daher seit Beginn des Ost-West- Konflikts, immer wieder unterbrochen von Spannungsschüben, von Abkapselung…mehr

Produktbeschreibung
Im Kalten Krieg standen sich sowjetkommunistische Parteidiktaturen und westliche Demokratien unversöhnlich gegenüber. Zugleich mussten die Verantwortlichen beider Seiten darauf bedacht sein, einen Krieg zu verhindern - denn er wäre mit Atomwaffen geführt worden und hätte mit der Vernichtung der Menschheit zu enden gedroht. Bemühungen zum Abbau der Konfrontation, zur Sicherung einer friedlichen Austragung des Systemgegensatzes und zur Stärkung der Kooperation zwischen Ost und West gab es daher seit Beginn des Ost-West- Konflikts, immer wieder unterbrochen von Spannungsschüben, von Abkapselung und Verhärtung. Auf der Grundlage neuer Quellen verdeutlicht Wilfried Loth, wie die Entspannungspolitik zur Überwindung des Kalten Kriegs und zum Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums führte. Er zeigt die Mechanismen auf, die den Abbau des Eisernen Vorhangs ermöglichten, und analysiert das Handeln der wesentlichen Akteure dieses weltgeschichtlichen Konflikts, der noch bis in unsere Gegenwart nachwirkt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.12.2016

Fenster zur Entspannung
Seit der Beziehungskrise zwischen Russland und Europa hat der Begriff vom Kalten Krieg eine Renaissance erlebt.
Der Historiker Wilfried Loth analysiert, was der aktuelle Konflikt mit dem historischen zu tun hat – und was nicht
VON WERNER BÜHRER
In Zeiten, in denen intensiv darüber diskutiert wird, ob der Begriff Kalter Krieg das gegenwärtige Verhältnis zwischen dem Westen und Russland angemessen beschreibe, kommt dieses Buch gerade recht. Es trägt nämlich dazu bei, aktuelle Ängste und Befürchtungen zu relativieren, indem es daran erinnert, dass zwischen (konfrontativer) Rhetorik und (pragmatisch-kooperativer) Realpolitik unterschieden werden muss. Darüber hinaus hofft Wilfried Loth, bis 2014 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Duisburg/Essen, dass „der Blick auf Deeskalationsstrategien im Kalten Krieg“ heute helfen könne, die „Fehler von gestern“ zu vermeiden. Er selbst würde den Begriff zur Charakterisierung der momentanen Gegensätze übrigens nicht verwenden. Eine Rückkehr zum Kalten Krieg sei mit dem Verschwinden der früheren ideologischen und geopolitischen Grundlagen „endgültig aus dem Bereich des Möglichen“ entschwunden.
Was hat das Buch zu bieten? Loth weist im Nachwort fairerweise darauf hin, dass es auf eine 1998 erstmals erschienene Darstellung zurückgeht, aber um die „Erträge der neueren Forschung“ erweitert wurde. Auffällig ist jedenfalls der neue, dramatische Titel. In der ersten Fassung hieß es noch ganz sachlich: „Entspannung und Abrüstung“. Manchmal erschöpft sich die Neuauflage im Austausch von Adjektiven: statt von einem „fragilen“ ist nun von einem „prekären“ Netz kooperativer Ost-West-Beziehungen die Rede. Andere Abschnitte, etwa über das in den frühen 1980er-Jahren in Ost und West an Boden gewinnende „neue Denken“, wurden tatsächlich neu verfasst. Die seit 1998 erschienene Literatur hat Loth größtenteils berücksichtigt. Darüber hinausgehende Quellenfunde kann er nicht bieten, nicht einmal die einschlägige Edition der „Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland“ hat er für den Zeitraum Mitte der 1960er- bis Mitte der 1980er-Jahre systematisch ausgewertet.
Am zentralen Befund der früheren Darstellung hält Loth jedoch nach wie vor fest: Die Schritte zur Entspannung des Ost-West-Konflikts hätten „entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Werte der westlichen Welt im Machtbereich der Sowjetunion durchsetzen konnten“.
Loths Darstellung setzt mit dem Korea-krieg 1950 ein und schreitet danach die wichtigsten Stationen der Reihe nach ab: die Stalin-Noten vom Frühjahr 1952, das kurzfristige „Tauwetter“ nach Stalins Tod 1953, die anschließende Verfestigung der beiden Blöcke, die entgegen den Erwartungen mancher Beobachter keine „unmittelbare Verschärfung der Spannungen“ zur Folge hatte, die Berlin-Krisen bis zum Bau der Mauer, die Kuba-Krise, Vietnam. Dann das kaum gebremste Wettrüsten, die Unterdrückung des Prager Frühlings und die Breschnew-Doktrin von der eingeschränkten Souveränität der Staaten des sozialistischen Lagers, Willy Brandts Neue Ostpolitik, die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die Erosion des Klimas der Entspannung im Zusammenhang mit dem Wechsel von Gerald Ford zu Jimmy Carter und der Nachrüstungsdebatte, die sowjetische Intervention in Afghanistan, die Präsidentschaft Ronald Reagans und das Erstarken der Friedensbewegung; schließlich die Wende in Richtung der Beendigung des Kalten Krieges bis zur deutschen Einheit und dem Zerfall des Ostblocks und des sowjetischen Imperiums. Das „neue Denken“, das diesen Umschwung ermöglichte, lokalisiert Loth sowohl in den USA, besonders bei Reagan, der inzwischen zum eigenen Erstaunen erkannt hatte, dass „viele Leute an der Spitze der sowjetischen Hierarchie“ wirklich „Angst vor Amerika und den Amerikanern“ hatten, als auch, und vor allem, in Moskau, bei Michail Gorbatschow. Ihn zählt Loth zum Kreis der „56er“, jenen „jüngeren Parteifunktionären, die in der Zeit von Chruschtschows Feldzug gegen den Stalinismus sozialisiert worden waren“, und bei aller marxistisch-leninistischen Prägung auf einen „besseren Sozialismus“ hofften und überdies über eine gewisse Auslandserfahrung verfügten.
Das alles erzählt Loth elegant und mit vielen anschaulichen und prägnanten Zitaten wichtiger Akteure. Er verschweigt nicht, dass seiner Ansicht nach die östliche Entspannungspolitik, „zumindest nach Stalin in der Anlage defensiv, die westliche dagegen in unterschiedlicher Intensität offensiv“ war. Seine These, dass sich „Ost und West, anders als es die Metapher vom Kalten Krieg nahelegt, nicht wirklich existenziell bedrohten“, ist rückblickender Erkenntnis geschuldet und verträgt sich zumindest nicht so ganz mit dem dramatisierenden Titel seines Buches. Auch sein Befund, dass Ost und West in der Entspannungspolitik „weitgehend übereinstimmende Ziele“ verfolgt hätten, insbesondere die „Vermeidung der atomaren Konfrontation“ und die „Zusammenarbeit zum wechselseitigen Vorteil“, mag überraschen. Andererseits macht es die Stärke des Buches aus, dass Loth klare Aussagen nicht scheut.
Loth hat eine im Großen und Ganzen konventionelle Politik- und Diplomatiegeschichte des Kalten Krieges vorgelegt. Nur gestreift werden die Rolle wirtschaftlicher Aspekte, die Ost-West-Konfrontation in der „Dritten Welt“, die in jüngster Zeit größere Aufmerksamkeit erfahren hat, der Faktor Angst im Kalten Krieg oder die Bedeutung der Kultur im weitesten Sinne einschließlich des Exports beziehungsweise der Attraktivität des american way of life. Stattdessen offeriert er zum Schluss einige Erklärungen für den „Sieg der westlichen Prinzipien“ im Kalten Krieg: über ideologische und reale Barrieren hinweg „so viel wie möglich von der Realität des westlichen Lebens“ vermitteln, der Gegenseite „durch kooperatives Verhalten den Abschied von den alten Einkreisungsängsten“ erleichtern, bei der Senkung des Rüstungsniveaus helfen und in den wirtschaftlichen Austausch investieren. Ob diese Maximen auch heute im Umgang mit Russland als Leitsätze dienen könnten? Wilfried Loths Studie legt das zumindest nahe.
Werner Bührer ist Zeithistoriker und lebt in München.
Das große Umdenken setzte
mit Ronald Reagan
und Michail Gorbatschow ein
Wilfried Loth:
Die Rettung der Welt.
Entspannungspolitik im Kalten Krieg. Campus
Verlag, Frankfurt am Main / New York 2016. 375 Seiten, 29,95 Euro.
E-Book: 26,99 Euro.
Grenzen einer Weltmacht: Vom Reichstagsgebäude aus schauen 1987 US-Präsident Ronald Reagan (Mitte), Bundeskanzler Helmut Kohl (links) und der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (rechts) über die Berliner Mauer. Zwei Jahre später sind die Mauer und der Kalte Krieg Geschichte.
Foto: Roland Holschneider / dpa
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.12.2016

Wellenreiter sucht Weltenretter
Die Entspannungspolitik während des Kalten Krieges von 1950 bis 1991

Auch der Kalte Krieg war ein Krieg. Er begann, nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika und die Sowjetunion, zwei der Hauptgegner Deutschlands, Hitler 1945 in die Knie gezwungen hatten. Kaum war dieses gemeinsame Ziel erreicht, mutierte die Koalition zur Konfrontation, und die dauerte an, bis die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken 1991 von der Weltbühne verschwand.

Kalt blieb dieser Krieg zwischen der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten und ihren jeweiligen Verbündeten, weil man seit Hiroshima und Nagasaki wusste, was andernfalls gedroht hätte. Denn die Atombombe, die Waffe des Kalten Krieges, besaß eine bis dahin nicht bekannte Vernichtungskraft. Ihren Einsatz zu verhindern, mithin die Welt vor dem Untergang zu retten war die eigentliche Aufgabe der Entspannungspolitik.

So sieht das Wilfried Loth, einer der besten Kenner des Kalten Krieges und zuletzt Autor einer Biographie über Charles de Gaulles. Sein jüngstes ist genaugenommen kein neues Buch, sondern die aktualisierte Fassung einer erstmals 1998 erschienenen Studie. Es setzt mit dem Korea-Krieg ein, der im Juni 1950 mit dem Überfall des kommunistischen Nordens auf den Süden des Landes begann und immerhin drei Jahre dauerte. Schon dieser Krieg ließ klar erkennen, welches Gefahrenpotential im Ost-West-Konflikt lauerte. Denn nicht nur standen die Sowjets hinter Nordkorea. Vielmehr griff - für die im Auftrag der Vereinten Nationen von Washington geführte Koalition völlig überraschend - im November 1950 die gerade erst durch Mao Tse-tung gegründete Volksrepublik China in das Geschehen ein. Das wiederum hatte zur Folge, dass der Kommandeur der westlichen Allianz, General Douglas MacArthur, erst den Einsatz der Atombombe, dann die Ausweitung des Krieges auf China forderte. Bedenkt man, dass in ebendieser Zeit sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Sowjetunion erfolgreich an einer Wasserstoffbombe arbeiteten, weiß man, was auf dem Spiel stand.

In diesem Fall war es Amerikas Präsident, der die Welt rettete. Obgleich Harry S. Truman, eine "drohende Niederlage vor Augen, . . . nahe daran" war, Mac Arthurs "Forderungen nachzugeben" und die Atombombe gegen China einzusetzen, schloss er sich dann doch der Auffassung von Generalstabschef Omar Bradley an, wonach ein Krieg gegen China "der falsche Krieg am falschen Ort zur falschen Zeit gegen den falschen Feind" sei, und entließ MacArthur - was zu der Frage führt, welche Voraussetzungen oder Umstände eigentlich gegeben sein müssen, damit einzelne oder auch Gruppen beziehungsweise Gemeinschaften wie Parteien, Militärorganisationen oder Staaten zu Rettern der Welt werden. Loth stellt solche Fragen nicht, dabei liegen sie auf der Hand, wenn man seiner Darstellung folgt. Das Pfund, mit dem er wuchert, ist der faktengesättigte, quellenintensive, gut lesbare Bericht.

Und dem ist zu entnehmen, dass in der hoch angespannten Lage des Kalten Krieges mehr oder weniger jeder politische oder militärische Funktionsträger in die Lage kommen konnte, über Krieg und Frieden zu entscheiden. So in der Kuba-Krise, während derer die Welt näher am nuklearen Inferno stand als je zuvor und wohl auch danach. Natürlich lag ihr Schicksal im August 1962 zunächst in den Händen der beiden Hauptakteure. Und das waren der sowjetische Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow auf der einen und Amerikas Präsident John F. Kennedy auf der anderen Seite. Auf geheimen Kanälen fanden sie einen Ausweg aus der brisanten Lage, welche durch die zunächst unentdeckte Stationierung sowjetischer Atomraketen auf Kuba, also vor der Haustür der Vereinigten Staaten, entstanden war.

Aber was wäre passiert, wenn der Kommandant eines sowjetischen U-Bootes, als er am 27. Oktober 1962 von der US-Marine zum Auftauchen gezwungen wurde, den nuklear-bestückten, abschussbereiten Torpedo doch gezündet und den Sprengkopf mit der Stärke einer Hiroshima-Bombe auf den Weg gebracht hätte? Er tat es nicht und bewahrte die Welt wohl vor einem Inferno.

Es gibt also auch die unbekannten Helden, die stillen Weltenretter. Und es gibt die anderen, die sich zu solchen stilisieren oder stilisiert werden. Zu den ganz großen Weltrettern zählt für Loth der SPD-Politiker Egon Bahr. Nun weiß man, dass der enge Weggefährte und in manchem auch Vordenker Willy Brandts zu den starken Analytikern der bundesdeutschen Außenpolitik und zu den erfolgreichen Strippenziehern der sogenannten neuen Ostpolitik gehörte. Aber dass Bahr und Brandt maßgeblich für das Ende des Ost-West-Konflikts verantwortlich zeichneten, dass Michail Gorbatschows Politik ohne das Konzept "Gemeinsamer Sicherheit" der beiden Deutschen nicht denkbar ist, wusste man noch nicht.

Das zeigt, wie klug, konsequent und erfolgreich Bahr über Jahre an seinem Bahr-Brandtschen Doppelporträt gearbeitet hat. Und es deutet darauf hin, dass Loth die seit 1998 publizierten Quellen nicht oder allenfalls selektiv zur Kenntnis genommen hat. Das gilt zum Beispiel für die "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland", auch der Sonderband zum Zwei-plus-vier-Prozess, oder für die Berliner Willy-Brandt-Ausgabe. Wer nach den tatsächlichen oder vermeintlichen Rettern dieser Welt Ausschau hält, kommt an diesen Dokumenten nicht vorbei. Alle anderen sind mit Wilfried Loths Geschichte der Entspannungspolitik im Kalten Krieg bestens bedient.

GREGOR SCHÖLLGEN.

Wilfried Loth: Die Rettung der Welt. Entspannungspolitik im Kalten Krieg 1950-1991. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2016. 375 S., 29,95[Euro].

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»In Zeiten, in denen intensiv darüber diskutiert wird, ob der Begriff Kalter Krieg das gegenwärtige Verhältnis zwischen dem Westen und Russland angemessen beschreibe, kommt dieses Buch gerade recht. [...] Loth [erzählt] elegant und mit vielen anschaulichen und prägnanten Zitaten wichtiger Akteure.« Werner Bührer, Süddeutsche Zeitung, 05.12.2016»Wilfried Loth [ist] einer der besten Kenner des Kalten Krieges« Gregor Schöllgen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.12.2016»Wilfried Loth [hat] ein relevantes, lesenswertes Buch zur Entspannungspolitik geschrieben. Es legt die postrevisionistische Interpretation des Kalten Krieges, nach der dieser Epochenkonflikt vor allem von Fehlperzeptionen angetrieben worden sei, nochmals prägnant dar.« Arvid Schors, H-Soz-Kult, 17.01.2017»Insgesamt eine dichte, fundierte und interessante Darstellung, die sehr empfohlen werden kann.« Rolf Badstübner, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 24.04.2017»Loths Buch ist eine gelungene Zusammenfassung der Geschichte der Entspannungspolitik im 20. Jahrhundert, die sowohl interessante Fakten aus den Beziehungen zwischen Ost und West neu aufbereitet als auch den Kalten Krieg in eine weltpolitische Dimension stellt.« Detlef Nakath, Neues Deutschland, 19.10.2016»Ein aufschlussreiches, spannendes Buch.« Johannes Loy, Westfälische Nachrichten, 11.05.2017