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Im Kalten Krieg standen sich sowjetkommunistische Parteidiktaturen und westliche Demokratien unversöhnlich gegenüber. Zugleich mussten die Verantwortlichen beider Seiten darauf bedacht sein, einen Krieg zu verhindern - denn er wäre mit Atomwaffen geführt worden und hätte mit der Vernichtung der Menschheit zu enden gedroht. Bemühungen zum Abbau der Konfrontation, zur Sicherung einer friedlichen Austragung des Systemgegensatzes und zur Stärkung der Kooperation zwischen Ost und West gab es daher seit Beginn des Ost-West- Konflikts, immer wieder unterbrochen von Spannungsschüben, von Abkapselung…mehr

Produktbeschreibung
Im Kalten Krieg standen sich sowjetkommunistische Parteidiktaturen und westliche Demokratien unversöhnlich gegenüber. Zugleich mussten die Verantwortlichen beider Seiten darauf bedacht sein, einen Krieg zu verhindern - denn er wäre mit Atomwaffen geführt worden und hätte mit der Vernichtung der Menschheit zu enden gedroht. Bemühungen zum Abbau der Konfrontation, zur Sicherung einer friedlichen Austragung des Systemgegensatzes und zur Stärkung der Kooperation zwischen Ost und West gab es daher seit Beginn des Ost-West- Konflikts, immer wieder unterbrochen von Spannungsschüben, von Abkapselung und Verhärtung. Auf der Grundlage neuer Quellen verdeutlicht Wilfried Loth, wie die Entspannungspolitik zur Überwindung des Kalten Kriegs und zum Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums führte. Er zeigt die Mechanismen auf, die den Abbau des Eisernen Vorhangs ermöglichten, und analysiert das Handeln der wesentlichen Akteure dieses weltgeschichtlichen Konflikts, der noch bis in unsere Gegenwart nachwirkt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.12.2016

Wellenreiter sucht Weltenretter
Die Entspannungspolitik während des Kalten Krieges von 1950 bis 1991

Auch der Kalte Krieg war ein Krieg. Er begann, nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika und die Sowjetunion, zwei der Hauptgegner Deutschlands, Hitler 1945 in die Knie gezwungen hatten. Kaum war dieses gemeinsame Ziel erreicht, mutierte die Koalition zur Konfrontation, und die dauerte an, bis die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken 1991 von der Weltbühne verschwand.

Kalt blieb dieser Krieg zwischen der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten und ihren jeweiligen Verbündeten, weil man seit Hiroshima und Nagasaki wusste, was andernfalls gedroht hätte. Denn die Atombombe, die Waffe des Kalten Krieges, besaß eine bis dahin nicht bekannte Vernichtungskraft. Ihren Einsatz zu verhindern, mithin die Welt vor dem Untergang zu retten war die eigentliche Aufgabe der Entspannungspolitik.

So sieht das Wilfried Loth, einer der besten Kenner des Kalten Krieges und zuletzt Autor einer Biographie über Charles de Gaulles. Sein jüngstes ist genaugenommen kein neues Buch, sondern die aktualisierte Fassung einer erstmals 1998 erschienenen Studie. Es setzt mit dem Korea-Krieg ein, der im Juni 1950 mit dem Überfall des kommunistischen Nordens auf den Süden des Landes begann und immerhin drei Jahre dauerte. Schon dieser Krieg ließ klar erkennen, welches Gefahrenpotential im Ost-West-Konflikt lauerte. Denn nicht nur standen die Sowjets hinter Nordkorea. Vielmehr griff - für die im Auftrag der Vereinten Nationen von Washington geführte Koalition völlig überraschend - im November 1950 die gerade erst durch Mao Tse-tung gegründete Volksrepublik China in das Geschehen ein. Das wiederum hatte zur Folge, dass der Kommandeur der westlichen Allianz, General Douglas MacArthur, erst den Einsatz der Atombombe, dann die Ausweitung des Krieges auf China forderte. Bedenkt man, dass in ebendieser Zeit sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Sowjetunion erfolgreich an einer Wasserstoffbombe arbeiteten, weiß man, was auf dem Spiel stand.

In diesem Fall war es Amerikas Präsident, der die Welt rettete. Obgleich Harry S. Truman, eine "drohende Niederlage vor Augen, . . . nahe daran" war, Mac Arthurs "Forderungen nachzugeben" und die Atombombe gegen China einzusetzen, schloss er sich dann doch der Auffassung von Generalstabschef Omar Bradley an, wonach ein Krieg gegen China "der falsche Krieg am falschen Ort zur falschen Zeit gegen den falschen Feind" sei, und entließ MacArthur - was zu der Frage führt, welche Voraussetzungen oder Umstände eigentlich gegeben sein müssen, damit einzelne oder auch Gruppen beziehungsweise Gemeinschaften wie Parteien, Militärorganisationen oder Staaten zu Rettern der Welt werden. Loth stellt solche Fragen nicht, dabei liegen sie auf der Hand, wenn man seiner Darstellung folgt. Das Pfund, mit dem er wuchert, ist der faktengesättigte, quellenintensive, gut lesbare Bericht.

Und dem ist zu entnehmen, dass in der hoch angespannten Lage des Kalten Krieges mehr oder weniger jeder politische oder militärische Funktionsträger in die Lage kommen konnte, über Krieg und Frieden zu entscheiden. So in der Kuba-Krise, während derer die Welt näher am nuklearen Inferno stand als je zuvor und wohl auch danach. Natürlich lag ihr Schicksal im August 1962 zunächst in den Händen der beiden Hauptakteure. Und das waren der sowjetische Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow auf der einen und Amerikas Präsident John F. Kennedy auf der anderen Seite. Auf geheimen Kanälen fanden sie einen Ausweg aus der brisanten Lage, welche durch die zunächst unentdeckte Stationierung sowjetischer Atomraketen auf Kuba, also vor der Haustür der Vereinigten Staaten, entstanden war.

Aber was wäre passiert, wenn der Kommandant eines sowjetischen U-Bootes, als er am 27. Oktober 1962 von der US-Marine zum Auftauchen gezwungen wurde, den nuklear-bestückten, abschussbereiten Torpedo doch gezündet und den Sprengkopf mit der Stärke einer Hiroshima-Bombe auf den Weg gebracht hätte? Er tat es nicht und bewahrte die Welt wohl vor einem Inferno.

Es gibt also auch die unbekannten Helden, die stillen Weltenretter. Und es gibt die anderen, die sich zu solchen stilisieren oder stilisiert werden. Zu den ganz großen Weltrettern zählt für Loth der SPD-Politiker Egon Bahr. Nun weiß man, dass der enge Weggefährte und in manchem auch Vordenker Willy Brandts zu den starken Analytikern der bundesdeutschen Außenpolitik und zu den erfolgreichen Strippenziehern der sogenannten neuen Ostpolitik gehörte. Aber dass Bahr und Brandt maßgeblich für das Ende des Ost-West-Konflikts verantwortlich zeichneten, dass Michail Gorbatschows Politik ohne das Konzept "Gemeinsamer Sicherheit" der beiden Deutschen nicht denkbar ist, wusste man noch nicht.

Das zeigt, wie klug, konsequent und erfolgreich Bahr über Jahre an seinem Bahr-Brandtschen Doppelporträt gearbeitet hat. Und es deutet darauf hin, dass Loth die seit 1998 publizierten Quellen nicht oder allenfalls selektiv zur Kenntnis genommen hat. Das gilt zum Beispiel für die "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland", auch der Sonderband zum Zwei-plus-vier-Prozess, oder für die Berliner Willy-Brandt-Ausgabe. Wer nach den tatsächlichen oder vermeintlichen Rettern dieser Welt Ausschau hält, kommt an diesen Dokumenten nicht vorbei. Alle anderen sind mit Wilfried Loths Geschichte der Entspannungspolitik im Kalten Krieg bestens bedient.

GREGOR SCHÖLLGEN.

Wilfried Loth: Die Rettung der Welt. Entspannungspolitik im Kalten Krieg 1950-1991. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2016. 375 S., 29,95[Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»In Zeiten, in denen intensiv darüber diskutiert wird, ob der Begriff Kalter Krieg das gegenwärtige Verhältnis zwischen dem Westen und Russland angemessen beschreibe, kommt dieses Buch gerade recht. [...] Loth [erzählt] elegant und mit vielen anschaulichen und prägnanten Zitaten wichtiger Akteure.« Werner Bührer, Süddeutsche Zeitung, 05.12.2016 »Wilfried Loth [ist] einer der besten Kenner des Kalten Krieges« Gregor Schöllgen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.12.2016 »Wilfried Loth [hat] ein relevantes, lesenswertes Buch zur Entspannungspolitik geschrieben. Es legt die postrevisionistische Interpretation des Kalten Krieges, nach der dieser Epochenkonflikt vor allem von Fehlperzeptionen angetrieben worden sei, nochmals prägnant dar.« Arvid Schors, H-Soz-Kult, 17.01.2017 »Insgesamt eine dichte, fundierte und interessante Darstellung, die sehr empfohlen werden kann.« Rolf Badstübner, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 24.04.2017 »Loths Buch ist eine gelungene Zusammenfassung der Geschichte der Entspannungspolitik im 20. Jahrhundert, die sowohl interessante Fakten aus den Beziehungen zwischen Ost und West neu aufbereitet als auch den Kalten Krieg in eine weltpolitische Dimension stellt.« Detlef Nakath, Neues Deutschland, 19.10.2016 »Ein aufschlussreiches, spannendes Buch.« Johannes Loy, Westfälische Nachrichten, 11.05.2017