Rosa Luxemburg ist eine Ikone der Linken, doch ihre inhaltlichen Positionen werden oft ignoriert. Diese Ambivalenz zeigte sich bereits kurz nach ihrer Ermordung, als die KPD der Märtyrerin zwar ein Denkmal errichtete, ihre Ansichten aber als »Syphilisbazillus« diffamierte. Für die SED galt, dass Luxemburg immer falsch lag und irrte, wo sie anderer Meinung war als Lenin.Heute wird vielerorts ihr Konzept der 'revolutionären Realpolitik' wieder aufgegriffen oder auf ihre Imperialismustheorie verwiesen, wenn es um Strategie und Taktik, um imperiale Lebensweise oder Landgrabbing geht. Andere suchen Inspiration für einen sozialistischen Feminismus oder beziehen sich auf die 'rote Rosa', die die Tierquälerei beklagte. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Buch wesentliche Positionen Luxemburgs sowohl im historischen Kontext als auch hinsichtlich ihres aktuellen Gebrauchswerts diskutiert.Einerseits war Luxemburg befangen im deterministischen Marxismus der Zweiten Internationale. Andererseits versagte sie sich jede Beteiligung an der Administration der Kapitalverwertung. Sie bestand auf einem radikalen Bruch zugunsten einer klassen- und herrschaftslosen Gesellschaft, die nur demokratisch zu erreichen sei. Von Anfang an bekämpfte sie die autoritäre Politik Lenins, setzte stattdessen auf Lern- und Selbstverständigungsprozesse in konkreten Kämpfen und verfocht eine anti- und transnationale Haltung. Das sind Elemente, auf die auch eine moderne Linke aufbauen muss.