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Die Seifenblasen-Ökonomie der Neunziger aus der Sicht eines der bedeutendsten Wirtschaftswissenschaftler unserer Zeit.
Explodierende Aktienkurse und scheinbar nie dagewesenes Wirtschaftswachstum kennzeichneten die "Goldenen Neunziger". "Alles ist möglich" wurde zum Motto des Jahrzehnts - bis der Absturz in eine weltweite, tiefe und bis heute andauernde Rezession folgte. Was ist schief gelaufen? Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz zeigt, welchen Kräften sich der schwindelerregende Boom verdankte und inwiefern in ihm bereits die Saat der Zerstörung angelegt war. Der Autor - als Berater der…mehr

Produktbeschreibung
Die Seifenblasen-Ökonomie der Neunziger aus der Sicht eines der bedeutendsten Wirtschaftswissenschaftler unserer Zeit.

Explodierende Aktienkurse und scheinbar nie dagewesenes Wirtschaftswachstum kennzeichneten die "Goldenen Neunziger". "Alles ist möglich" wurde zum Motto des Jahrzehnts - bis der Absturz in eine weltweite, tiefe und bis heute andauernde Rezession folgte. Was ist schief gelaufen?
Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz zeigt, welchen Kräften sich der schwindelerregende Boom verdankte und inwiefern in ihm bereits die Saat der Zerstörung angelegt war. Der Autor - als Berater der ersten Clinton-Administration und später Chefökonom der Weltbank ein intimer Kenner des "Tatorts Washington" (NZZ) und der internationalen Konzernzentralen - weiß von den strategischen Entscheidungen in den innersten Zirkeln von Politik und Wirtschaft zu berichten, aber auch von den hitzigen Debatten, die diesen vorausgingen. Selbstkritisch beleuchtet er die globalen Folgen ihres gemeinsamen Tuns: Wie ist die Fixierung auf den Defizitabbau heute zu bewerten? Wie wirkt sich die von der US-Regierung exzessiv betriebene Deregulierung des Marktes aus? Wohin hat uns die Maxime, Eigennutz diene automatisch auch der Allgemeinheit, geführt?
Das Gleichgewicht zwischen Staat und Markt ist verloren gegangen, so Stiglitz' zentrale These. Um diese Balance wiederherzustellen, entwickelt Stiglitz eine überzeugende Alternative zum Diktat des Marktes - denn das, so zeigt er auf provozierende Weise, ist nicht nur wenig sozial, sondern auf lange Sicht sogar unwirtschaftlich.
Autorenporträt
Joseph Stiglitz, geboren 1943 in den USA, war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford, bevor er 1993 zu einem Wirtschaftsberater der Clinton-Regierung wurde. Anschließend ging er als Chefvolkswirt zur Weltbank. 2001 wurde er mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet. Stiglitz lehrt heute an der Columbia University in New York und ist ein weltweit geschätzter Experte zu Fragen von Ökonomie, Politik und Gesellschaft. Er ist Autor mehrerer Bücher.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2005

Soziale Gerechtigkeit
Joseph Stiglitz will die Globalisierung demokratisieren

Joseph E. Stiglitz: Die Roaring Nineties. Der entzauberte Boom. Aus dem Amerikanischen von Thorsten Schmidt. Siedler Verlag, Berlin 2004. 352 Seiten, 24,- [Euro].

Kritik am "Washington Consensus" von amerikanischer Regierung, Weltbank und Internationalem Währungsfonds, die Entwicklungsländer zur Liberalisierung ihrer Binnenmärkte und Außenhandelsbeziehungen zu drängen, ist nicht selten. Große Aufmerksamkeit ist ihr dann sicher, wenn sie von einem herausragenden Ökonomen wie Joseph Stiglitz stammt. Er ist nicht nur ein Kenner der ökonomischen Theorie, sondern auch Insider der politischen Praxis: Wirtschaftswissenschaftler in Yale und Stanford, Oxford und Princeton, 2001 mit dem Nobelpreis für seine Arbeiten über unvollständige, asymmetrische Information in Märkten ausgezeichnet, ökonomischer Vordenker der Demokraten und 1997 bis 2000 Chefökonom der Weltbank.

Bereits 2001 kritisierte Stiglitz in seinem Buch "Die Schatten der Globalisierung" die Formen und Folgen von Globalisierung und Verflechtung der Finanzmärkte: Die Deregulierung gehe zu weit, Finanzbranche und Konzerne hätten zuviel Einfluß, die Politik der Weltbank und der Welthandelsorganisation gegenüber den Entwicklungsländern sei unangemessen, der Welthandel müsse einen neuen regulatorischen Rahmen erhalten. Nun legt Stiglitz mit "Die Roaring Nineties" nach. Es ist kein Enthüllungsbuch über seine Jahre bei Clinton und Wolfensohn und kein Frontalangriff auf die Marktwirtschaft, aber ein Plädoyer für einen Richtungswechsel. Es geht um die alte Frage nach der angemessenen Berücksichtigung "des Sozialen" - nach dem "richtigen Gleichgewicht" zwischen Staat und Markt.

Stiglitz' Antwort ist, kurz gesagt, der Appell zu mehr staatlicher Regulierung und sozialem Engagement. Er analysiert den Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft in den neunziger Jahren, dessen - gerade auch politische - Ursachen und Wirkungen. Zumindest zwei Weichen habe man falsch gestellt: Zum einen habe die Clinton-Administration die Konsolidierung des Haushalts überzogen und deshalb zuwenig Mittel gehabt, um Einrichtungen für Bildung, Soziales und Infrastruktur auszubauen. Beim Wirtschaftsboom sei mehr Glück als Können im Spiel gewesen. Zum anderen habe das Finanzministerium die Deregulierung übertrieben und damit Fehlentwicklungen in Gang gesetzt, die unter Bush zum Durchbruch kamen. Insbesondere habe die Rücknahme des Glass-Steagall-Gesetzes 1995 die Voraussetzung für eine umfangreiche Fusionsbewegung geschaffen. Die Neunziger seien zum Jahrzehnt des Finanzkapitals geworden, von Megadeals und Megawachstum. Die Politik habe falsche Anreize gesetzt. Er verweist auf Fehlentscheidungen und Korruption, vornehmlich in den Branchen Finanzen, Telekommunikation und Elektrizität, etwa bei der Deregulierung des Strommarkts in Kalifornien. Als Symptome sieht er offene und versteckte Bereicherung von Vorständen, Täuschung von Anlegern durch Finanzanalysten sowie Betrügereien à la Enron und WorldCom.

Europa habe Glück gehabt, so betont er, daß die Probleme in den Vereinigten Staaten ans Licht kamen, bevor sie auf dem alten Kontinent bleibende Schäden anrichten konnten. Da kannte er den Fall Parmalat noch nicht. Stiglitz sucht nach "systemischen" Zusammenhängen. Globalisierung und Liberalisierung gehen ihm zu weit. Die Marktwirtschaft mache Arbeitnehmerschutz und Arbeitsmarktpolitik ebensowenig überflüssig wie Umverteilungspolitik, Förderung von Weiterbildung, Unterstützung von Geringverdienern und anderes mehr. Die Analyse der gegenwärtigen wirtschaftlichen Entwicklung müsse bei den Vereinigten Staaten ansetzen, doch Europa dürfe sich nicht einseitig an Amerika ausrichten. Die Europäer sollten ihre Haushalte langsamer zurückfahren. Den Vereinigten Staaten hält Stiglitz vor, sie zeigten kein Interesse an "globaler sozialer Gerechtigkeit", verlangten vom Ausland, was sie selbst im Inland nicht zu praktizieren bereit seien. Man müsse die Globalisierung demokratisieren, den Entwicklungsländern mehr Mitspracherechte einräumen und den Vorständen durch doppelte Aufsichtsstrukturen wirksamer Zügel anlegen.

Der Ordnungsrahmen der deutschen Sozialen Marktwirtschaft ist - Globalisierung hin, Liberalisierung her - nach wie vor anders als der der amerikanischen Wirtschaft. Doch die Frage nach dem "richtigen" Gleichgewicht von Staat und Markt war auch das Thema Ludwig Erhards, dem bekanntlich Manchesterkapitalismus nicht weniger ein Greuel war als Staatssozialismus. Erhard hätte wohl nicht wenige Thesen Stiglitz' mit Skepsis betrachtet, insbesondere dessen Neigung zu staatlichen Interventionen. In jedem Fall aber hätte er die Thesen dieses Querdenkers und unangepaßten Streiters mit Freude diskutiert. Das Buch ist eine fesselnde, anregende Lektüre - wegen der dichten und farbigen Darstellung ebenso wie wegen der gelegentlichen Übertreibungen. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die praktische und ordnungspolitische Gestaltung auf nationaler wie internationaler Ebene.

GÜNTHER SCHULZ

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