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Bereits für die augusteische Zeit ist in Frankfurt am Main-Höchst eine römische, vom Militär geprägte Anlage belegt. Von diesem strategisch wichtigen Punkt aus sicherten die Römer ab etwa 10 v. Chr. das Umland sowie die Versorgung der Truppen und legten Straßen an. Einige Jahrzehnte später entstand - nach kurzfristig belegten Marsch- und Versorgungslagern - auf dem hochwassergeschützten Areal zwischen den heutigen Stadtteilen Heddernheim und Praunheim ein in Stein ausgebautes Kastell. Das dazugehörige Lagerdorf entwickelte sich nach dem Abzug der Garnisonen zum Hauptort "NIDA", der mit…mehr

Produktbeschreibung
Bereits für die augusteische Zeit ist in Frankfurt am Main-Höchst eine römische, vom Militär geprägte Anlage belegt. Von diesem strategisch wichtigen Punkt aus sicherten die Römer ab etwa 10 v. Chr. das Umland sowie die Versorgung der Truppen und legten Straßen an. Einige Jahrzehnte später entstand - nach kurzfristig belegten Marsch- und Versorgungslagern - auf dem hochwassergeschützten Areal zwischen den heutigen Stadtteilen Heddernheim und Praunheim ein in Stein ausgebautes Kastell. Das dazugehörige Lagerdorf entwickelte sich nach dem Abzug der Garnisonen zum Hauptort "NIDA", der mit zahlreichen Funden und Befunden die gesamte Bandbreite römischen Lebens wiederspiegelt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2018

Integrieren statt massakrieren

Am Ort des heutigen Frankfurts haben die Römer einst einen Vorposten ihres Imperiums errichtet. Ein neues Buch schildert, wie geschickt sie dabei vorgingen.

Von Karen Allihn

Fast jeder, der nach Frankfurt kommt, steht irgendwann auf dem Römerberg. Und fragt sich dann vielleicht, warum dieser Platz so heißt und wieso auch das Rathaus den Namen Römer trägt. Wer dann vermutet, die Mainmetropole habe in grauer Vorzeit etwas mit den Römern zu tun gehabt, liegt richtig. Auch wenn der Rathaus-Name möglicherweise erst im Mittelalter geprägt wurde, als Kaufleute aus Italien hier ihre Waren feilboten, ändert das nichts an der Tatsache, dass Frankfurt einmal römisch war. Knapp 300 Jahre, von etwa 10 vor Christus bis Mitte/Ende des 3. Jahrhunderts, währte die facettenreiche Liaison mit den zivilisatorisch hochstehenden, militärisch weit überlegenen Eroberern.

Das war die "absolut wichtigste Epoche" der Stadtgeschichte, davon ist Peter Fasold überzeugt. Von einem Kustos, der sich von 1988 bis 2016 im Archäologischen Museum eingehend mit der römischen Geschichte im Frankfurter Raum beschäftigt hat, sollte man nichts anderes erwarten. Als Resümee seines langen Forscherlebens hat Fasold jetzt eine umfassende, reich bebilderte Publikation über "Die Römer in Frankfurt" vorgelegt.

Auch wenn sie Rathaus und Berg ihren Namen hinterlassen haben: Die ersten Siedlungsstellen der Römer entstanden vermutlich nicht auf dem Gebiet der späteren Frankfurter Altstadt, sondern in Höchst. Und das begab sich zu der Zeit, als ein Gebot von Kaiser Augustus ausging. Doch hat Augustus, der das Römische Reich von 31 vor bis 14 nach Christus regierte, mehr als diese folgenreiche Verordnung zur Volkszählung erlassen. Etwa 15 Jahre bevor Maria und Josef zur Schätzung nach Bethlehem aufbrachen, beschloss Augustus, vom bereits besetzten Gallien aus in Germanien einzufallen und auch östlich des Rheins eine römische Provinz zu errichten. Die Arbeit allerdings ließ er den Statthalter von Gallien, seinen Stiefsohn Drusus, erledigen. Der marschierte im Jahr 10 vor Christus mit starken Verbänden von Mainz aus durch den Frankfurter Raum und die Wetterau gegen germanische Stämme.

Das vor Hochwasser geschützte Gelände zwischen Schloss und ehemaligem Kreishaus (Bolongarostraße 101) in Höchst war einer der strategisch wichtigen Punkte, die im Zuge dieser Expansionspolitik ausgebaut wurden. Hier, wo die Nidda in den Main mündet, entstand eine ausgedehnte, vom Militär geprägte Anlage. Von hier aus konnten Güter aller Art auf dem Wasserweg geliefert und gleichzeitig Waren gen Osten in die geplante Provinz Germanien transportiert werden.

Zu den in Höchst vom Frankfurter Denkmalamt seit 2001 geborgenen Tongefäßen gehört außer Öllampen und scheibengedrehtem, Terra sigillata genanntem Tafelgeschirr der Römer auch handgefertigte germanische Keramik. Ihr Nebeneinander dokumentiert nach Fasolds Ansicht einen wichtigen Aspekt der damaligen Romanisierungspolitik: integrieren statt massakrieren. Dass die römische Umformung der rechtsrheinischen Gebiete unter Augustus schon viel weiter fortgeschritten war als lange angenommen, ist seit der 2009 beendeten Ausgrabung der frühkaiserzeitlichen, 7,5 Hektar großen Stadtanlage bei Lahnau-Waldgirmes im Lahn-Dill-Kreis bekannt.

So betrachtet, sind die rund um den Beginn unserer Zeitrechnung in Höchst errichteten römischen Anlagen nichts anderes als rechtsrheinische Vorposten der damaligen Weltmacht. Fasold ist überzeugt: "Frankfurt besteht seit Augustus."

Genauso wie die ersten Römer in Höchst wollten auch diejenigen, die vielleicht schon unter Kaiser Augustus, auf jeden Fall aber in den siebziger Jahren des 1. Jahrhunderts nach Christus das Gelände nördlich der Schirn besiedelten, keine nassen Füße bekommen. Deshalb errichteten sie unter anderem ihre Badeanlagen auf dem von Main und Braubach umflossenen Domhügel. Weil viele der geborgenen Ziegel Truppenstempel tragen, vermutet die Forschung, dass hier einst eine Militärstation gestanden habe.

Wie die Leiterin des Frankfurter Denkmalamts, Andrea Hampel, zu bedenken gibt, war es "eine Großtat der Stadt Frankfurt", diesen Platz 50 Jahre freigehalten zu haben. Während der Neugestaltung des Archäologischen Gartens waren dort bis 2017 neue Untersuchungen möglich. Dennoch ist es für die Forschung schwierig, in der 1944 grundlegend zerstörten Frankfurter Altstadt bisher nicht bekannte römerzeitliche Strukturen auszumachen.

"Die konservierten Mauerzüge der Thermen", resümiert Fasold, "sind voraussichtlich ab 2018 im Stadthaus wieder zu besichtigen." Bereits 2017 wurden die zu runden Säulen aufgestapelten Ziegel einer antiken Fußbodenheizung, die in den vergangenen Jahrzehnten in Beton nachgebildet zu sehen waren, durch neue, tönerne Repliken ersetzt und ergänzt. Carsten Wenzel, Nachfolger von Fasold und bis Ende 2017 kommissarischer Leiter des Archäologischen Museums Frankfurt, beschreibt das Prinzip der künftigen Präsentation römischen Lebens im Archäologischen Garten mit drei Worten: "erlebbar, erfahrbar, attraktiv". Die neue Fassung der antiken Hypocaustheizung erkläre ihre Funktionsweise besser als die alte Nachbildung.

Attraktiv scheint der Frankfurter Raum für die Römer jedenfalls gewesen zu sein. In Nied entstand etwa von 85 nach Christus an eine große römische Militärziegelei; an mehreren Stellen, etwa in Zeilsheim, in Nieder-Eschbach oder im Nordend, wurden Gutshöfe errichtet. Funde, die von der Besetzung und von Integration berichten, sind Fasold zufolge auch am Osthafen geborgen worden. Zwischen Heddernheim und Praunheim bildete sich - nach kurzfristig genutzten Militärstützpunkten und einem Steinkastell - die wichtigste und größte römische Fundstelle Hessens heraus, die Römerstadt Nida als Zentrum des Regierungsbezirks Civitas Taunensium: mit Thermen und Theater, Straßen und Stadtmauer, Heiligtümern und Hafen sowie ausgedehnten Friedhöfen. Doch Mitte des 3. Jahrhunderts war es auch hier vorbei mit der feinen Lebensart. Nach wiederholten Übergriffen der Alamannen gaben die Römer die Gebiete östlich des Rheins endgültig auf.

Peter Fasold: "Die Römer in Frankfurt", Frankfurts Archäologie Band 3, Verlag Schnell und Steiner 2017. 14,95 Euro im Archäologischen Museum, 17,95 Euro im Buchhandel.

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