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Ein provokanter Zeitgeist-Roman über Starkult und das Lebensgefühl einer Generation. Der Schauspieler Antoine hadert mit seinem Schicksal und seiner Herkunft. Zerrissen zwischen seiner romantischen Sehnsucht nach Glück und seinem kühlen Zynismus sucht er die beste Rolle im Leben.

Produktbeschreibung
Ein provokanter Zeitgeist-Roman über Starkult und das Lebensgefühl einer Generation. Der Schauspieler Antoine hadert mit seinem Schicksal und seiner Herkunft. Zerrissen zwischen seiner romantischen Sehnsucht nach Glück und seinem kühlen Zynismus sucht er die beste Rolle im Leben.
Autorenporträt
Nicolas Fargues, geb. 1972, lebt in Paris. «
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2010

Narziss mit Herzschmerz
Ohne Läuterungskick: Nicolas Fargues schickt Liebesgrüße nach Sankt Petersburg

Liebeskummer ist, literarisch betrachtet, ein höchst produktives Gefühl. Das zeigen nicht nur tragische Meisterwerke wie Goethes "Werther", Nabokovs "Lolita" oder Orhan Pamuks "Museum der Unschuld", sondern auch amüsante Bestseller wie Nick Hornbys "High Fidelity" oder Benjamin von Stuckrad-Barres "Soloalbum". Literarisch problematisch wird es allerdings dann, wenn der Männer-Liebeskummer im Roman nicht viel anders klingt als im Alltag - und wenn er sich darüber hinaus nur als gekränkter Männerstolz entpuppt.

Denn dann fehlt es der Geschichte von vornherein an Fallhöhe. Und genau das ist das Hauptproblem des neuen Romans von Nicolas Fargues, dessen Ich-Erzähler Antoine Mac Pola gleich zu Anfang bekennt, dass er den Satz "Ich liebe dich" viel zu oft in den Mund nimmt, weil "man es in bestimmten Momenten doch sagen muss und weil es eh keine anderen Wörter gibt". Antoine ist stolz auf seine Ausstrahlung als hübscher Mischlingssohn eines schwarzen Vaters und einer weißen Mutter, die bei Frauen gut ankommt. Seit er außerdem in einem Kinofilm mit dem Titel "White Stuff" eine Hauptrolle gespielt hat, fühlt sich der fünfunddreißigjährige Schauspieler erst recht unwiderstehlich und macht aus seiner Eitelkeit keinen Hehl: "Einen nicht unwesentlichen Teil meiner Zeit (verbrachte) ich damit, meinen Namen in Internetsuchmaschinen einzugeben", gesteht Antoine dem Leser früh. Was dem mythischen Narziss sein Spiegelbild war, das ist für Fargues' aufstrebenden Kinostar das Echo seiner Fans. Und dazu gehören auch Antoines ständig wechselnde Affären, die er beendet, wann immer es ihm gerade passt.

Nur mit Elvira, einer jungen Spanierin, lief es zuletzt dummerweise umgekehrt. Nachdem Antoine mit ihr eine gemeinsame Urlaubsfahrt quer durch Spanien unternommen hatte, gab die Zwanzigjährige dem älteren Möchtegern-Don-Juan kurzerhand den Laufpass. Das kann der eitle Schauspieler natürlich nicht ertragen. Also stürzt sich Antoine seit Elvira wahllos in weitere Liebesabenteuer, ohne sich auch nur die Namen seiner Eroberungen zu merken. Hauptsache, sein ramponiertes Ego bekommt wieder Auftrieb. Denn, so der Schwerenöter: "Was ich auf der Welt am wenigsten ausstehen konnte, war, wenn eine Frau ohne Vorwarnung aufhörte, mich zu lieben."

Ein Anruf aus der Karibik, von der frei erfundenen Inselgruppe der "Concordinen", könnte in Fargues' Roman eigentlich die Wende bringen. Hier nämlich erfährt Antoine, dass sein Vater eine schwere Herzattacke erlitten hat. Doch was für oberflächliche Helden anderer Romane gewöhnlich zum Läuterungskick führt, verläppert hier. Immerhin macht der rastlos um die Welt reisende Antoine zuweilen ganz interessante Beobachtungen. Da überlegt er dann etwa beim Familienbesuch in der Karibik, ob die Einwanderungspolitik der französischen Gesellschaft nicht in Wahrheit nur pseudotolerant und versteckt rassistisch ist. Oder er denkt darüber nach, ob "der zwanghafte Fortschrittsgedanke" nicht vielleicht irgendwann zu hochintelligenten, aber auch zu geschlechtslosen und völlig unempfindsamen Menschen führen muss. Aber auch diese Überlegungen bleiben immer schon deshalb im Ansatz stecken, weil Fargues' narzisstischer Held sich außer für sein Ego nun einmal für niemanden sonst wirklich interessiert. Er begründet seine Haltung simpel und brutal darwinistisch: "Es gibt diejenigen, die vom Leben belohnt werden, und diejenigen, die das Leben eben nicht belohnt . . . Da kann man gar nichts machen." Als logische Folge dieser Haltung findet der emotional abgestumpfte Hedonist seine zynische Herzschmerz-Meisterin schließlich in einer gefeierten Kinostar-Kollegin, die - noch eiskälter als er selbst - ihn abermals abserviert, diesmal vor spektakulärer Kulisse in Sankt Petersburg. Egomanie als Liebe getarnt, Gleichgültigkeit als Coolness verkauft: Fargues' geschwätziger, aber flüssig geschriebener Roman, der sich streckenweise mehr wie ein Reisebericht und Cineasten-Aufsatz liest, mangelt es so sehr an Leidenschaft und an Struktur, dass man an Antoines lauwarmer Leidensgeschichte schon bald kaum noch Anteil nimmt. Als Zeitgeist-Porträt heutiger Karrieristen vermag das Buch zwar zu beunruhigen, aber auch nicht ganz zu überzeugen: Katharina Hacker etwa hat eine solche amoralische Teilnahmslosigkeit in ihrem Roman "Die Habenichtse" sehr viel schärfer ausgeleuchtet.

GISA FUNCK

Nicolas Fargues: "Die Rolle meines Lebens". Roman. Aus dem Französischen von Christian Kolb. Rowohlt Verlag, Reinbek 2009. 218 S., geb., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Thomas Laux hat Nicolas Fargues' Roman über einen Schauspieler, der sich mit seiner Herkunft als französisch-karibischer Mischling und einem prekären Selbstwertgefühl herumschlägt, nicht viel abgewinnen können. Zwar würdigt er die Darstellung seiner verunsicherten, unruhigen und ziellosen Hauptfigur Antoine als exemplarisch für ein Lebensgefühl einer ganzen Generation und darin durchaus überzeugend. Für einen ganzen Roman scheint ihm das aber nicht genug, zumal er besonders die "prätentiösen" Ergüsse Antoines, in denen sich seine Identitätskrise manifestiert, auf die Dauer schwer erträglich findet. Der Roman leidet nach Laux' Dafürhalten unter seiner "konzeptionellen Aufgedrehtheit", zu viele Probleme werden dem Helden auf einmal aufgebürdet, und so stellt der Rezensent fest, dass sein "Mitleid" für dessen Leiden immer weiter schwindet.

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