Welche Bedeutung hat die Verfassung in der politischen Auseinandersetzung? Ist die gesellschaftlich hoch kontrovers diskutierte Abtreibungsfrage überhaupt ein verfassungsrechtlich zu lösendes Problem? Und welche Folgen zeigt eine verfassungsrechtliche Besetzung des Themas im politischen System? Kann die Autorität eines Obersten Gerichtes den Konflikt vielleicht rationalisieren und befrieden? Diesen Fragen geht die Arbeit am Beispiel der USA und Kanadas nach.
Eine geschichtliche Übersicht zeigt, daß die Reform der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in Nordamerika zwar im zeitlichen Rahmen einer internationalen Entkriminalisierung stattfand, aber im Unterschied zu Europa nicht durch den Gesetzgeber gestaltet wurde, sondern durch die Gerichte. Eine Darstellung der wesentlichen Protagonisten der Abtreibungsdebatte demonstriert, daß die Vertreter beider Seiten - pro-choice und pro-life - die gerichtliche Auseinandersetzung als Mittel zur Veränderung gezielt eingesetzt haben.Zum Verständnis der Auseinandersetzung vor Gericht und seiner Folgen stellt die Autorin die maßgeblichen Entscheidungen mit ihren verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gesetzgebung dar. In den USA handelt es sich dabei um eine Reihe von Fällen seit 1973, in denen zunächst das Recht der Frau auf die eigenverantwortliche Entscheidung über eine Abtreibung stark ausgestaltet wurde. Im Verlauf der Jahre wurde den Staaten jedoch mehr Raum gegeben, dieses Recht wieder einzuschränken und Frauen eine Abtreibung zu erschweren. In der wichtigsten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Kanada wurde 1988 das Strafgesetz zur Regelung der Abtreibung aus verfahrenstechnischen Gründen als verfassungswidrig bewertet und aufgehoben. Das Gericht enthielt sich jedoch - im Gegensatz zum Supreme Court der USA - bewußt der Beantwortung der Frage, ob die Verfassung das Recht des Fötus auf Leben oder das Recht der Frau auf eine Entscheidung über eine Abtreibung beinhalte. Die Entscheidungsgewalt sollte hier beim Parlament verbleiben.
Bei den Auswirkungen der Entscheidungen der Obersten Gerichte auf den politischen Prozeß liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf einer Herausarbeitung der gesetzlichen Abtreibungsregelung in beiden Staaten. Dabei wird evident, daß die Gesetzgebung auf die Entscheidungen durchaus nicht nur mit Anpassung reagiert hat, sondern die Richter durch neue Gesetze zum Teil geradezu herausfordert, ihre Entscheidungskriterien zu revidieren. Die USA und Kanada haben gemeinsam, daß die Obersten Gerichte mit ihren Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch einen sozialen Wandel nicht nur ermöglichten, sondern weithin gestalteten. Aber auch die Gerichte konnten keine zentrale Lösung erreichen. Die Abtreibungsgesetzgebung ist - entsprechend den vorherrschenden regionalen politischen Strukturen - stark zersplittert und variiert zwischen den Provinzen Kanadas bzw. den Einzelstaaten der USA.
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Eine geschichtliche Übersicht zeigt, daß die Reform der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in Nordamerika zwar im zeitlichen Rahmen einer internationalen Entkriminalisierung stattfand, aber im Unterschied zu Europa nicht durch den Gesetzgeber gestaltet wurde, sondern durch die Gerichte. Eine Darstellung der wesentlichen Protagonisten der Abtreibungsdebatte demonstriert, daß die Vertreter beider Seiten - pro-choice und pro-life - die gerichtliche Auseinandersetzung als Mittel zur Veränderung gezielt eingesetzt haben.Zum Verständnis der Auseinandersetzung vor Gericht und seiner Folgen stellt die Autorin die maßgeblichen Entscheidungen mit ihren verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gesetzgebung dar. In den USA handelt es sich dabei um eine Reihe von Fällen seit 1973, in denen zunächst das Recht der Frau auf die eigenverantwortliche Entscheidung über eine Abtreibung stark ausgestaltet wurde. Im Verlauf der Jahre wurde den Staaten jedoch mehr Raum gegeben, dieses Recht wieder einzuschränken und Frauen eine Abtreibung zu erschweren. In der wichtigsten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Kanada wurde 1988 das Strafgesetz zur Regelung der Abtreibung aus verfahrenstechnischen Gründen als verfassungswidrig bewertet und aufgehoben. Das Gericht enthielt sich jedoch - im Gegensatz zum Supreme Court der USA - bewußt der Beantwortung der Frage, ob die Verfassung das Recht des Fötus auf Leben oder das Recht der Frau auf eine Entscheidung über eine Abtreibung beinhalte. Die Entscheidungsgewalt sollte hier beim Parlament verbleiben.
Bei den Auswirkungen der Entscheidungen der Obersten Gerichte auf den politischen Prozeß liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf einer Herausarbeitung der gesetzlichen Abtreibungsregelung in beiden Staaten. Dabei wird evident, daß die Gesetzgebung auf die Entscheidungen durchaus nicht nur mit Anpassung reagiert hat, sondern die Richter durch neue Gesetze zum Teil geradezu herausfordert, ihre Entscheidungskriterien zu revidieren. Die USA und Kanada haben gemeinsam, daß die Obersten Gerichte mit ihren Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch einen sozialen Wandel nicht nur ermöglichten, sondern weithin gestalteten. Aber auch die Gerichte konnten keine zentrale Lösung erreichen. Die Abtreibungsgesetzgebung ist - entsprechend den vorherrschenden regionalen politischen Strukturen - stark zersplittert und variiert zwischen den Provinzen Kanadas bzw. den Einzelstaaten der USA.
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