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Stilles Verschwinden
"Ich bin weg. Louise weiß, wie man die Waschmaschine bedient."
Louise Kirk ist neun, als ihre Mutter die Familie verlässt. Sie sucht Ersatz in Mrs. Richter, der fröhlichen Nachbarin. Dann verliebt sich Louise in Abel, den Adoptivsohn der Richters. Zwei Außenseiter. Zwei Romantiker. Abel geht fort und er trinkt, um das Leben zu vergessen. Louise wartet und liebt gegen das Vergessen an. Am Ende weiß sie, was Hingabe bedeutet.

Produktbeschreibung
Stilles Verschwinden

"Ich bin weg. Louise weiß, wie man die Waschmaschine bedient."

Louise Kirk ist neun, als ihre Mutter die Familie verlässt. Sie sucht Ersatz in Mrs. Richter, der fröhlichen Nachbarin. Dann verliebt sich Louise in Abel, den Adoptivsohn der Richters. Zwei Außenseiter. Zwei Romantiker. Abel geht fort und er trinkt, um das Leben zu vergessen. Louise wartet und liebt gegen das Vergessen an. Am Ende weiß sie, was Hingabe bedeutet.
Rezensionen
"Barbara Gowdy erzählt in einer leuchtend klaren Sprache, makellos übersetzt."

Elke Schmitter, Der Spiegel

"Die Kanadierin Barbara Gowdy schreibt mit viel Feingefühl. Ein Buch, das an die Liebe glaubt."

Brigitte

"Ein Buch, so wahr wie das Leben."

Cosmopolitan

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2003

Abélard und Héloïse in Kanada
Marsmänner: Bei Barbara Gowdy ist die Liebe schwer wie ein Stein

Louise hat sich früh in dem Schicksal eingerichtet, auf Gedeih und Verderb den einen und sonst keinen lieben zu müssen. Sie ist dem Nachbarsjungen Abel verfallen - klug, interessant, ein verführerisches Rätsel. Abel nickt, wenn Louise ihn fragt, ob er sie liebe. Er nickt mit neun Jahren und noch mit Mitte Zwanzig, nachdem er sie mehrmals belogen und betrogen hat. Doch die drei entscheidenden Worte kommen ihm nicht über die Lippen. Sein Schweigen bindet Louise nur fester an ihn. Mit jedem Schritt, den sie auf ihn zugeht, weicht er zurück. Entzieht aber sie sich, folgt er ihr. Das gefällt ihr, und ist es noch so ungesund.

Den Niedergang der Sandkastenliebe zwischen Abel und Louise buchstabiert die kanadische Schriftstellerin Barbara Gowdy bis zum bittersten aller Enden durch. Ihren Lesern gönnt sie auf dem Weg dorthin kaum Trost. Ein fahles Licht beleuchtet die Szene, Toronto in den sechziger Jahren. Louise lebt dort mit ihren Eltern in einem Vorort, gefangen in einem mittleren Albtraum. Der Vater ist ein Niemand, die Mutter eine kalte Schönheit, die Louise mit herablassender Nachsicht erzieht; den Mann, Männer an sich verlacht sie. Eines Tages geht sie fort und hinterläßt eine kurze Nachricht: "Louise weiß, wie man die Waschmaschine bedient." Was nicht stimmt.

Louise verliebt sich kurz darauf - zunächst in Abels Mutter, Mrs. Richter, eine joviale Deutsche, deren Warmherzigkeit und Fürsorge in Louise den Wunsch reifen lassen, sie möge sie adoptieren. Denn auch Abel ist ein angenommenes Kind, eine Waise. Er wird es innerlich bleiben: entwurzelt, ein Gast im eigenen Leben; eine "Marsintelligenz", wie Louise es nennt.

Auf Schritt und Tritt sind den Figuren von Barbara Gowdys Roman "Die Romantiker" Raffinesse und Lebensklugheit einer gestandenen Autorin anzumerken. Doch seltsam unverbunden wanken Louise und Abel, ihr Vater und seine Eltern umeinander. Ein Kabinett demolierter Biographien führt Barbara Gowdy vor, zeigt wie unter der Lupe jedes Muttermal, jede Narbe, jeden Makel. Doch sie hat an Kitt gespart, aus alledem jenes große Trauerspiel zu modellieren, das in diesem Stoff steckt. Vielleicht, weil die 1950 geborene Kanadierin zuviel Sorgfalt aufs Detail verwandte, etwa auf einen Felsbrocken an einem Sommerabend: "Der Stein gibt die Hitze des Tages ab. Meine Liebe zu Abel ist wie die Hitze zwischen dem Stein und der hereinbrechenden Nacht. Dieses Gefühl oder dieser Ort."

Die Lektüre der "Romantiker" verlöre schnell an Reiz, wären da nicht solch beeindruckende Passagen und gelungene Nebendarsteller: Mr. Fraser, der Makler, etwa oder Don Shaw, der Buchhändler - Männer ohne Zukunft, denen Louise begegnet, als sie sich durchschlägt mit Jobs, für die sie überqualifiziert ist. Es macht ihr nichts: Sie hat die Lebenslast auf sich genommen, Abel zu lieben. Jeder Ehrgeiz ist in ihr erloschen. "Du bist ausgesprochen schlecht für mich", sagt sie einmal, als Abel längst begonnen hat, sich zu Tode zu trinken. Doch sie bleibt bei ihm, bis er an ihrem sechsundzwanzigsten Geburtstag stirbt.

Barbara Gowdys Anspielung auf ein anderes, vergebliches Paar der Weltliteratur löst ihre Erzählerin Louise auf. "Abélards und Héloïses Liebe war unzerstörbar, und alles, was sie erlitten haben, kam von außen. Bei Abel und mir kam der Angriff von innen. Von ihm." Sie tut jedoch nichts, um ihn abzuwehren, ohnmächtig geworden, nachdem die Mutter sie im Stich ließ.

"Meine Liebe ist eine Tatsache, wie das Gesetz der Schwerkraft", sagt Louise. "Ich habe ein Schicksal. Was ich auch tue, ich werde ihm nicht entgehen." Solch wohlfeilen Fatalismus widerlegt der Roman auf jeder Seite. Wir sind frei, beteuert er. Das Geheimnis ist, sich dafür zu entscheiden.

TOBIAS RÜTHER

Barbara Gowdy: "Die Romantiker". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Ulrike Becker. Verlag Antje Kunstmann, München 2003. 348 S., geb., 19,90 [Euro].

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