Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 3,00 €
  • Broschiertes Buch

Als James Ellroy zehn Jahre alt war, wurde seine Mutter ermordet. 35 Jahre nach ihrem Tod stellt sich der weltberühmte Autor dem Alptraum seines Lebens und macht sich auf die Suche nach dem Täter. Das Ergebnis dieser Fahndung ist das erschütternde Dokument einer Mutter-Sohn-Beziehung voll Liebe, vergeblicher Sehnsüchte, Haß und Einsamkeit."Eine fesselnde Studie über Männer, die morden, und die Frauen, die durch sie sterben." (TIME Magazine)

Produktbeschreibung
Als James Ellroy zehn Jahre alt war, wurde seine Mutter ermordet. 35 Jahre nach ihrem Tod stellt sich der weltberühmte Autor dem Alptraum seines Lebens und macht sich auf die Suche nach dem Täter.
Das Ergebnis dieser Fahndung ist das erschütternde Dokument einer Mutter-Sohn-Beziehung voll Liebe, vergeblicher Sehnsüchte, Haß und Einsamkeit."Eine fesselnde Studie über Männer, die morden, und die Frauen, die durch sie sterben." (TIME Magazine)
Autorenporträt
James Ellroy, geb. 1948 in Los Angeles, wurde mit dem Roman 'Die schwarze Dahlie' international bekannt. Ellroy hat über ein Dutzend Kriminalromane veröffentlicht und genießt weltweit Kultstatus. Er bekam den Edgar Award - The Grand Master 2015 verliehen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2007

Schwarzes Kind in der Hölle
Die Obsessionen des L.A.-Chronisten James Ellroy
Amerikanische Drehbuchautoren fügen ihrer Hauptfigur gern Wunden zu, die man auf den ersten Blick nicht erkennt. Sie nennen sie „backstory-wounds”, und diese dienen dazu, die Handlungsweisen des Helden zu motivieren und ihm die Chance zu geben, den aus dem Paläolithikum seiner Psyche stammenden, bis heute wuchernden Schmerz endlich zu erkennen und bestenfalls zu heilen oder wenigstens als Teil seines Charakters zu akzeptieren. Abspann. Im wirklichen Leben entpuppt sich – bei späterem, genauerem Hinsehen – eine Backstory-Wound nicht selten als „Backstory-Massacre”, und das Erschrecken darüber zerfetzt die im Lauf der Jahre mühsam verschorfte Seele erst recht.
„Asphyxie durch Erdrosseln mit einem Strangwerkzeug. Der Tod wurde durch eine oder mehrere Personen herbeigeführt. Aufgrund der derzeitigen, hier vorgetragenen Beweislage kommen wir zu dem Schluss, dass der Tod der Verstorbenen durch fremde äußere Gewalt erfolgt ist.” Die Leiche lag an der Ecke King’s Row/Tyler Avenue, Los Angeles County. Sonntag, 22. Juni 1958. Die Polizisten schätzten die Frau auf Anfang vierzig (sie war 43), und so, wie sie dalag, mit dem ausgeschnittenen Kleid und dem geöffneten Büstenhalter – kein Unterrock, kein Slip – und dem verrutschten Nylonstrumpf, vermuteten sie ein sexuelles Motiv hinter der Tat. Bald wussten sie, wer sie war. Sie nannte sich Jean, hieß aber Geneva, sie nannte sich Mrs Jean Ellroy, war aber seit Jahren geschieden, ihr Mädchenname lautete: Hilliker.
Geneva Hilliker. Zum Zeitpunkt ihres Todes besuchte ihr Sohn seinen Vater. Samstagnacht. Ungefähr zwölf Stunden später befragten die Sergeants Ward Hallinen und Jack Lawton auf dem Polizeirevier Mr Armand Ellroy nach den Liebhabern seiner Exfrau, und er erklärte ihnen, er wisse nur von einem, dem fetten Hank Hart, der nur einen Daumen hatte. „Ein paar Cops, die gerade keinen Dienst hatten, leisteten dem Kind des Opfers Gesellschaft.”
Nüchterne Sätze stehen in einem Buch über die bis heute unaufgeklärte Ermordung von Geneva Hilliker Ellroy, und der es schrieb, an einigen Stellen in der dritten Person, heißt: James Ellroy. Der Sohn. Ihm schenkten die Cops an jenem Sonntagabend einen Schokoriegel, denn der Junge war doch erst zehn.
Er fühlte sich seltsam ruhig. Woher sollte er ahnen, dass der Tod seiner Mutter „mich dem Verbrechen vermählt hatte”? Was er begriff, war: „Ich hasste meine Mutter und gierte nach ihr.” Und was er wurde, war: „Ein Kind Noir.” Die Geburt des Autors James Ellroy – eine Psychologin hatte diagnostiziert, er sei „voller Fantasie und versaut” – bedeutete den Beginn einer lebenslangen Besessenheit. „Scheiß auf die Schule. Scheiß auf harte Arbeit, Scheiß auf den Schwachsinn, dass du ohne High-School-Diplom aus und erledigt bist. Lies, schau dir Krimis an, treib dich in L.A. rum. Fantasiere und bohr dir in der Nase und denke dir Geschichten aus.”
Und so klebte er sich rote Pflaster auf seine klaffenden Wunden, feuerte den Schmerz noch an und hackte apokalyptische Heimatromane in die Maschine, eine spezielle Art von Regionalkrimis aus der Hölle. Er sezierte Los Angeles wie ein Chirurg einen Körper oder ein Pathologe einen Leichnam. Er erkannte das Alleinsein als Pose und Powerpoint seiner Kreativität. „Mit siebzehn war ich eltern- und militärfrei” ( Sein Vater Armand starb 1965, sieben Jahre nach Geneva). James war 1,90 Meter groß, wog 64 Kilo - „davon 30 kg Pickel” -, und er las Dashiel Hammett, Ross Macdonald und Joe Wambaugh, der ihn „für immer” veränderte: „Er brachte mich dazu, mich meines Lebens zu schämen.”
Der Gesang der Welt – ein Blues
Verkürzt ausgedrückt, hatte James Ellroy nämlich einen Großteil seiner jungen Jahre als eine vor Egomanie fast platzende, vollgedröhnte und mit reaktionärem Gedankenpuder bestreute, wandelnde Ekelpustel verbracht. Seine echte Akne wirkte dagegen wie ein drolliger Gesichtsschmuck. „1977 wurde ich clean. Ich war 29. Ich überlebte meine pikareske Ausbildung. Drogen mit Überlebenschancen und niedrige Straßenkriminalität kamen mir zustatten.” Ellroy beschließt, ein großer, wenn möglich der größte Kriminalschriftsteller zu werden. Nach der Veröffentlichung seines Romans „Die schwarze Dahlie” (1987) ist sein Ruhm gesichert.
Doch wer ein Buch schreibt wie „Die Rothaarige” (1997), weil ihm seine Obsessionen auch nach vier Jahrzehnten keine Wahl lassen, als mit einem soeben pensionierten Detective das Massaker an seiner kindlichen Seele ein letztes Mal zu evozieren, um vielleicht doch noch das Verbrechen zu klären, den Tod der Mutter zu sühnen, ihren Mörder zu stellen – wer ein solches Buch zu Ende bringt, der hat das Streben nach Unsterblichkeit überwunden. In diesem, wie eine irre, geniale Fiktion erzählten Buch, einer maßlosen, dem Zorn aus tausend Jahren Einsamkeit abgetrotzten Liebeserklärung, vermählt sich der Kriminalroman mit dem Gesang der Welt, der Literatur, dem Blues und dem Rock’n’Roll. Hier wird das Genre eins mit dem wahren Leben, das wir lieben und hassen und nach dem wir ewig gieren.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr
"Ein richtig gutgebauter und spannender Thriller, der keinerlei Patina angesetzt hat." André Fischer Nürnberger Zeitung 20180608