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Wie wird die globale Ordnung im 21. Jahrhundert aussehen? Zum ersten Mal in der Geschichte werden die internationalen Beziehungen von einer einzigen Weltmacht dominiert. Die islamistische Bedrohung, die wirtschaftliche Globalisierung, demographische Entwicklungen und der weltweit enorm steigende Energieverbrauch führen zu völlig neuen Herausforderungen des Staatensystems. Joschka Fischer fragt nach den Risiken und Chancen für friedliche Kooperation und Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen. Sein beeindruckendes Werk ist ein Plädoyer für die Erneuerung des Westens und eine Reform der Vereinten Nationen.…mehr

Produktbeschreibung
Wie wird die globale Ordnung im 21. Jahrhundert aussehen? Zum ersten Mal in der Geschichte werden die internationalen Beziehungen von einer einzigen Weltmacht dominiert. Die islamistische Bedrohung, die wirtschaftliche Globalisierung, demographische Entwicklungen und der weltweit enorm steigende Energieverbrauch führen zu völlig neuen Herausforderungen des Staatensystems.
Joschka Fischer fragt nach den Risiken und Chancen für friedliche Kooperation und Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen. Sein beeindruckendes Werk ist ein Plädoyer für die Erneuerung des Westens und eine Reform der Vereinten Nationen.
Autorenporträt
Joschka Fischer, geboren 1948, war von 1998 bis 2005 deutscher Außenminister und Vizekanzler. Er gehört zu den Gründern der Partei "Die Grünen" und zu den wichtigsten deutschen Politikern seiner Generation.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2005

Die alte Unübersichtlichkeit
Joseph Fischers Versuch über eine neue Weltordnung

Joschka Fischer: Die Rückkehr der Geschichte: Die Welt nach dem 11. September und die Erneuerung des Westens. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. 304 Seiten, 19,90 [Euro].

Wenn Joseph Fischer im Herbst aus dem Auswärtigen Amt ausscheiden sollte, mag er sich Zeit nehmen, um Memoiren über seine sieben Jahre als Außenminister zu verfassen oder gar eine Autobiographie über seinen Aufstieg vom Straßenkämpfer zum Chefdiplomaten. Fürs erste hat er dem Selbstanspruch nach jetzt nicht mehr und nicht weniger als einen großen Traktat über eine künftige Weltordnung vorgelegt. Das soll sich hinter dem Titel "Die Rückkehr der Geschichte. Die Welt nach dem 11. September und die Erneuerung des Westens" verbergen. Doch gilt für den Autor das, was er selbst dem früheren amerikanischen Präsidenten Bush in seinem jüngsten Buch vorhält: Er spricht über eine neue Weltordnung, liefert für diese aber nicht einmal eine Skizze. Fischer bleibt in der Analyse im Oberflächlichen beziehungsweise Naheliegenden, wodurch der Autor am Ende über ein "Amerika hat die Wahl: mit uns oder ohne uns" nicht hinauskommt.

Die Lektüre ist mühsam. Fischer verzichtet auf ein einleitendes Kapitel, in dem er seine zentralen Thesen vorstellen und seinen Argumentationsweg skizzieren könnte. Die Abschnitte suggerieren eine Gliederung, die nicht eingehalten wird: "Die Welt zwischen dem 9. November 1989 und dem 11. September 2001"; "Wie Amerika wurde, was es ist"; "Europa und die transatlantischen Beziehungen"; "Der Nahe Osten". Da alles mit allem verwoben ist, liest man sich durch Redundanzen. Auch die bedeutungsschwangeren Zitate von Staatsmännern und Staatstheoretikern, die allen Kapiteln vorangestellt werden, liefern keine Orientierung. Fischers Ausführungen bestehen zu großen Teilen aus absätzefüllenden Zitaten vornehmlich amerikanischer Politikwissenschaftler und Historiker, die er gern mit "zu Recht weist XY darauf hin" einleitet. Alles bekannte Namen: Francis Fukuyama, Paul Kennedy, Arthur Schlesinger. Auch Jürgen Habermas ("Neue Unübersichtlichkeit") muß Erwähnung finden. Im Zitiereifer werden Anthony Giddens und Benjamin Barber gekreuzt und als Anthony Barber ausgegeben - konsequenterweise nicht nur im Text, sondern auch im Literaturapparat. Staunend scheint der Autodidakt Fischer auf die klugen Gedanken zu schauen, die das ihm unvertraute Phänomen Universität hervorgebracht hat. Der Erkenntnisgewinn beschränkt sich ob der überkompensatorischen Leistung über weite Strecken auf die Wiederentdeckung von schon Dagewesenem.

Der Grundgedanke, daß die Ordnungsverluste nach dem Ende des Kalten Krieges gegenüber den Ordnungsgewinnen überwiegen, daß es "kein übergreifendes Ordnungsprinzip" mehr gibt, daß die Welt heute eine "Art Patchwork, ein Gemisch von Zonen der Ordnung und der Desintegration" ist, daß zudem unklar ist, ob sich die Welt unter dem Dach eines wiedererstarkten UN-Systems multipolar aufstellt oder die Amerikaner weiterhin zu einer Delegitimierung der Vereinten Nationen beitragen und unilateral auf Ad-hoc-Koalitionen setzen, hat nach Meinung des Autors die Geschichte zurückkehren lassen. Die Geschichte - das ist für Fischer die Welt vor 1914. An solchen Stellen kann er durchaus pessimistisch klingen: Zu Recht werde die Frage aufgeworfen, "warum sich nicht eine Entwicklung wie im Europa vor 1914 auf der globalen Ebene des 21. Jahrhunderts wiederholen sollte".

Damals wie heute sind Ordnungsraster durcheinandergeraten: Heute befinden sich die Vereinten Nationen in einer Krise, und Amerika hat durch den Irak-Krieg als allein gelassene Supermacht an Legitimation eingebüßt. Basis einer "Erneuerung des Westens" ist für Fischer nicht nur eine umfassende UN-Reform, sondern eine Verbindung dieser mit der Weltmacht Amerika. "Das UN-System braucht die Weltmacht USA und umgekehrt, deshalb ist eine anhaltende Konfrontation gegen die Interessen beider gerichtet", postuliert Fischer und geht zum nächsten Thema über. Der Verfasser diskutiert auch die sich verschärfende Konkurrenz zwischen China und den Vereinigten Staaten mit dem Ergebnis: Die Gefahr einer zukünftigen hegemonialen Konfrontation sei nicht auszuschließen, aber dies werde von der Ausgestaltung des globalen Staatensystems der Zukunft abhängen.

Fischer schließt mit einem idealistischen Zitat Franklin D. Roosevelts, das als freundlich verpackte Mahnung an Washington verstanden werden muß: "The only way to have a friend is to be one." Machtpolitisch orientierte Realisten könnten bei solchen Sprüchen für das diplomatische Poesiealbum daran erinnern, daß es jener FDR war, der am Vorabend seines Dahinscheidens leise geseufzt haben soll: "One world must come out of World War II." Wie Roosevelt bleibt auch Fischer in der Sphäre des Wünschbaren.

MAJID SATTAR

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

In einer Reihe mit den "Erinnerungen und Bekenntnissen" großer Außenpolitiker von Talleyrand über Bismarck bis Kissinger sieht Rezensent Claus Leggewie Joschka Fischers "Die Rückkehr der Geschichte", wobei er festhält, dass sich der grüne Außenminister in diese Ahnenreihe "in aller Bescheidenheit" eingeschrieben hat. Leggewies Urteil fällt also überwiegend positiv aus. Er würdigt Fischers Analyse der Weltpolitik als "kompakt" und "streckenweise brillant". Etwas überrascht hat ihn allerdings, dass Fischer in seiner Darstellung "erstaunlich akademisch" bleibt und eigene Anteile am weltpolitischen Geschehen nie direkt hervorhebt. Leggewie vermutet, dass Fischer seinen eigenen Anteil deutlicher herausgestellt hätte, hätte er gewusst, dass das Buch zu Beginn eines Wahlkampfs erscheinen würde. Fischers Analysen kann Leggewie größtenteils zustimmen, ebenso seinen Konsequenzen und Forderungen, etwa die nach einer umfassenden Lösung des Nahostkonflikts, die das Existenzrecht Israels und einen Palästinenserstaat voraussetzt, ebenso wie das Plädoyer für eine tief greifende Erneuerung des UN-Systems. Insgesamt erscheint Leggewie Fischers außenpolitische Analyse als "erstaunlich wenig grün". Auch findet er kaum etwas zur Umwelt- und Klimapolitik und nichts über Nichtregierungsorganisationen. Obwohl ihm das Fazit "blass" und "wenig konkret" vorkommt, ist der Ausklang der Rezension mehr als versöhnlich: "Einen Besseren als Fischer findet man so leicht nicht."

© Perlentaucher Medien GmbH
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»Fischer lässt teilhaben an einem intellektuellen Reifeprozess ... hebt sich durch einige sehr grundsätzliche und nachdenkliche Beiträge vom tagespolitischen Gewäsch ab.« Süddeutsche Zeitung