Liebesgedichte der »deutschen Sappho«, zum großen Teil bisher unveröffentlicht.Die Dichterin Anna Louisa Karsch (1722-1791) stammte aus einfachen Verhältnissen in Schlesien und wurde in Berlin als Wunder, Naturgenie und »deutsche Sappho« bestaunt. 1761 verliebte sie sich in den Dichter und Domsekretär zu Halberstadt Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Ihm widmete sie ihre bis zum Frühjahr 1762 entstandenen Liebesgedichte, die zum großen Teil bisher unveröffentlicht blieben.Diese Ausgabe präsentiert in synoptischer Darstellung die Handschriftenfassungen und das von Johann Wilhelm Ludwig Gleim zusammengestellte und redigierte, von Anna Louisa Karsch autorisierte Konvolut dieser Gedichte. Sie dokumentiert nicht nur die Entwicklung des Liebesdiskurses von anakreontischen Tändeleien über leidenschaftliche Ernsthaftigkeit bis hin zu einem empfindsamen Freundschaftsentwurf und die reichhaltigen Facetten einer unerwiderten Liebe, sondern auch den Redaktionsvorgang und die Abwehrstrategien des Adressaten.In textkritischen Anmerkungen sind die jeweiligen Korrekturen und Varianten verzeichnet. Das Nachwort enthält eine ausführliche Darstellung der biographischen und literaturgeschichtlichen Zusammenhänge.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.2009Mit viel Liebe
"Wenn ich dich liebe, was geht's dich an" - so keck wie Goethes Philine lässt sich kaum eine Frau verschmähen. Keine kostete unerwiderte Liebe aber hartnäckiger und wortreicher aus als Anna Louise Karsch: Seit 1761 umwarb sie den Dichter Gleim, und je mehr Tränen dabei auf dem Postwege an die Stelle vorenthaltener Küsse traten, desto "unaussprechlicher" erschien der "deutschen Sappho" ihre Liebe. In mehr als tausend Briefen an ihren "Apoll" Gleim stellt sie diese Unaussprechlichkeit ebenso beredt unter Beweis wie in zweiundsechzig beigefügten Gedichten. Diese "Sapphischen Lieder" der Jahre 1761/62 legt die verdiente Karsch-Herausgeberin Regine Nörtemann jetzt in einer mustergültigen Ausgabe vor. Die Edition stellt Karschs Originale synoptisch einer von Gleim stark redigierten, jedoch unpublizierten Textsammlung gegenüber. Zu seinen Lebzeiten erschienen daraus nur drei Gedichte, gefolgt von einundzwanzig weiteren in der jüngeren Forschung. Entsprechend reich ist das Buch an Erstdrucken. In einem dieser neuen Lieder flüstert die Liebende, die ihren "Abgott" fast nie sah, vor seinem Bildnis: "Es lächelt Seelenheitterkeit / inn meine Brust hinüber / Vor seinem Lächeln weicht mein Leid / so weicht Ein glühend fieber / Offt durch Ein anngehanngnes blat." (Anna Louisa Karsch: "Die Sapphischen Lieder". Liebesgedichte. Hrsg. von Regina Nörtemann. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 326 S., geb., 29,90 [Euro].) kos
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Wenn ich dich liebe, was geht's dich an" - so keck wie Goethes Philine lässt sich kaum eine Frau verschmähen. Keine kostete unerwiderte Liebe aber hartnäckiger und wortreicher aus als Anna Louise Karsch: Seit 1761 umwarb sie den Dichter Gleim, und je mehr Tränen dabei auf dem Postwege an die Stelle vorenthaltener Küsse traten, desto "unaussprechlicher" erschien der "deutschen Sappho" ihre Liebe. In mehr als tausend Briefen an ihren "Apoll" Gleim stellt sie diese Unaussprechlichkeit ebenso beredt unter Beweis wie in zweiundsechzig beigefügten Gedichten. Diese "Sapphischen Lieder" der Jahre 1761/62 legt die verdiente Karsch-Herausgeberin Regine Nörtemann jetzt in einer mustergültigen Ausgabe vor. Die Edition stellt Karschs Originale synoptisch einer von Gleim stark redigierten, jedoch unpublizierten Textsammlung gegenüber. Zu seinen Lebzeiten erschienen daraus nur drei Gedichte, gefolgt von einundzwanzig weiteren in der jüngeren Forschung. Entsprechend reich ist das Buch an Erstdrucken. In einem dieser neuen Lieder flüstert die Liebende, die ihren "Abgott" fast nie sah, vor seinem Bildnis: "Es lächelt Seelenheitterkeit / inn meine Brust hinüber / Vor seinem Lächeln weicht mein Leid / so weicht Ein glühend fieber / Offt durch Ein anngehanngnes blat." (Anna Louisa Karsch: "Die Sapphischen Lieder". Liebesgedichte. Hrsg. von Regina Nörtemann. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 326 S., geb., 29,90 [Euro].) kos
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Jan Wagner verdankt der Herausgabe der Liebesgedichte von Anna Louisa Karsch nicht nur ein Allheilmittel gegen die Liebe, sondern vor allem jede Menge Gedichte, die neben allem "Rokokokokolores" in ihrer Bildsprache und ihrer Entstehungsgeschichte interessant und originell sind. Der Shootingstar der deutschen Rokokoszene sei heute kaum noch bekannt, dabei verhalf der jungen Frau aus einfachen Verhältnissen kein geringerer als Johann Wilhelm Ludwig Gleim zum Erfolg in Berlin. Es entwickelte sich eine Beinah-Liebesgeschichte zwischen den beiden, auf die der Rezensent ausführlich verweist, vor allem auf die redaktionelle Unterstützung Karschs durch Gleim. Wagner attestiert der Herausgeberin Regina Nörtemann Sorgfalt in Kommentierung und Komposition der Gedichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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