Johannes Schenk, 1941 in Berlin geboren und 2006 ebenda verstorben, war Malerpoet, Theatermacher und Bohemien. 1969 hatte er mit Freunden das „Kreuzberger Straßen-theater“ gegründet und 1986 das legendäre „Schenksche Sonntagscafé“ eröffnet. Abgesehen von der Seefahrt hatte es für ihn all die
Jahrzehnte nur zwei Wohnorte gegeben: das Atelier seiner Lebensgefährtin Natascha Ungeheuer in…mehrJohannes Schenk, 1941 in Berlin geboren und 2006 ebenda verstorben, war Malerpoet, Theatermacher und Bohemien. 1969 hatte er mit Freunden das „Kreuzberger Straßen-theater“ gegründet und 1986 das legendäre „Schenksche Sonntagscafé“ eröffnet. Abgesehen von der Seefahrt hatte es für ihn all die Jahrzehnte nur zwei Wohnorte gegeben: das Atelier seiner Lebensgefährtin Natascha Ungeheuer in Berlin-Kreuzberg und seinen bekannten Zirkuswagen in Worpswede.
2008 hat der Göttinger Wallstein Verlag mit der Herausgabe seiner gesammelten Werke begonnen. Bisher liegen neben einer dreibändigen Ausgabe seiner Gedichte drei Prosabände vor: die beiden Romane „Aventura“ und „Jo Schattig“ sowie der Geschichtenband „Der Schiffskopf“.
In „Die Sardinendose“ liegt nun erstmals eine Auswahl seiner Stücke und Hörspiele in gedruckter Form vor. Bisher waren diese dramatischen Stücke und Versuche lediglich in kleinen Verlagen oder im Privatdruck erschienen und das mit Kleinstauflagen.
Den Auftakt des vorliegenden Sammelbandes machen drei frühe Stücke aus den 60er Jahren, die zum Teil in Worpswede aufgeführt wurden. Sie waren, wie der Autor in einer Spielanweisung vermerkte, gedacht zur Vorführung an Straßenecken, in Bordells, auf Fußballplätzen, in Cafés, Kneipen, Würstchenbuden, Bergwerken und Leuchttürmen.
Mit seinen Freunden vom „Kreuzberger Straßentheater“ probierte Schenk seine Texte in der „Hinterhoffabrik“, in der Schaubühne am Halleschen Ufer, bei Straßenfesten oder sogar in einem Zirkuszelt aus. Aus dieser Zeit werden vier Stücke vorgestellt, darunter das Spektakel „Komfort in günstiger Lage oder Die Sanierung“, mit dem der Autor die Stadtteilsanierung in Kreuzberg zu Gunsten der Steuer- und Bodenspekulanten auf schärfste kritisierte. In „Die Sardinendose“ setzte sich der Autor dagegen mit den portugiesischen Verhältnissen kurz vor dem Sturz der faschistischen Diktatur 1974 auseinander.
Die Hörspiele stammen aus den 80er Jahren, mit denen Schenk seinen Lebensunterhalt verdiente. Zwei davon sind ausdrücklich für Erwachsene geschrieben, während sich die anderen für junges Publikum eignen. Neben diesen dramatischen Werken finden sich in dem Band auch sieben Aufsätze über das Kreuzberger Straßentheater. Diese theoretischen Texte hatte Schenk während seines zweisemestrigen Lehrauftrages (1974/75) am Theaterwissenschaftlichen Institut der Freien Universität Berlin verfasst. Sie geben nicht nur Einblicke in sein dramatisches Schaffen sondern auch in seine allgemeinen poetischen Denkweisen.
„Die Sardinendose“ ist ein weiterer aufschlussreicher Band der Johannes Schenk Werkausgabe, mit dem der Leser den Poeten Schenk von einer bislang unbekannten Seite entdecken kann.
Manfred Orlick