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Ein grandioses Spiel mit historischen und fiktiven Ereignissen vor dem Hintergrund der Schacholympiade 1939 in Buenos Aires.
In Buenos Aires findet im Sommer 1939 die Schacholympiade statt. Während des Turniers bricht der Zweite Weltkrieg aus, und viele Spieler, unter ihnen Mirko Czentovic, der fiktive Schachweltmeister aus Stefan Zweigs »Schachnovelle«, kehren nicht mehr in ihre Heimatländer zurück, vor allem Juden bleiben dort. Ein Schach-Roman, der historische Fakten und reale Persönlichkeiten mit literarischen Elementen und Figuren mischt und Zug um Zug eine ganz besondere Zeit in einer…mehr

Produktbeschreibung
Ein grandioses Spiel mit historischen und fiktiven Ereignissen vor dem Hintergrund der Schacholympiade 1939 in Buenos Aires.

In Buenos Aires findet im Sommer 1939 die Schacholympiade statt. Während des Turniers bricht der Zweite Weltkrieg aus, und viele Spieler, unter ihnen Mirko Czentovic, der fiktive Schachweltmeister aus Stefan Zweigs »Schachnovelle«, kehren nicht mehr in ihre Heimatländer zurück, vor allem Juden bleiben dort. Ein Schach-Roman, der historische Fakten und reale Persönlichkeiten mit literarischen Elementen und Figuren mischt und Zug um Zug eine ganz besondere Zeit in einer besonderen Stadt zum Leben erweckt.

Heinz Magnus, der Großvater des Autors, kommt auf der Flucht vor den Nazis nach Buenos Aires. Während der Schacholympiade lernt er die deutsche Schachmeisterin Sonja Graf kennen und verliebt sich in sie. Der Enkel Ariel Magnus rekonstruiert die Geschichte dieser nicht erwiderten Liebe. Sonja bleibt wie Heinz in Argentinien, sie beginnen in dieser Stadt wie so viele deutsche Emigranten ein neues Leben. Auch Stefan Zweig hält sich kurz dort auf und veröffentlicht im Exil seine »Schachnovelle«, ein Buch, das auch viele Jahrzehnte später noch den Enkel mit seinem Großvater verbinden wird.

Ein Roman wie das Leben selbst: überraschend, angriffslustig und geistreich.
Autorenporträt
Ariel Magnus, geboren 1975 in Buenos Aires. Studium in Deutschland, schrieb für verschiedene Medien in Lateinamerika, die taz in Berlin und SPIEGEL ONLINE und lebt heute als Autor und literarischer Übersetzer in Buenos Aires und Berlin. 2007 wurde er für seinen Roman 'Ein Chinese auf dem Fahrrad' mit dem internationalen Literaturpreis Premio La Otra Orilla ausgezeichnet. 2012 folgte das Porträt seiner jüdischen Großmutter 'Zwei lange Unterhosen der Marke Hering' und 2018 'Die Schachspieler von Buenos Aires'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.12.2018

Er ist uns immer genau einen Zug voraus
Schlag nach bei Zweig, Borges, Poe und dem Baron von Kempelen: Ariel Magnus schreibt die Schachweltmeisterschaft von 1939 in Buenos Aires um

Die besten metafiktionalen Geschichten, also die, in denen die Erfundenheit der Geschichten selbst zum Thema wird, zögern ihre Enthüllung so lange hinaus, bis man, sich sicher und geborgen wähnend, die Beine hochlegt, um dann einer Gewissheit nach der anderen entledigt zu werden. Dennoch hat es ein Roman zum Klassiker der Metaliteratur gebracht, der mit den Worten "Du schickst dich an, den neuen Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino zu lesen" beginnt. Bei Calvino erschien das Spiel mit dem Fiktionalen mühelos. Die offenen Karten auf dem Tisch immer wieder neu zu ordnen ist Metafiktion für Fortgeschrittene.

An die Tradition des Spiels mit dem Leser knüpft der Argentinier Ariel Magnus in seinen auf Tagebucheinträgen seines Großvaters basierenden Roman über die Schachweltmeisterschaft in Buenos Aires im Jahr 1939 an, die mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs zusammenfiel. Der Erzähler erläutert das Vorgehen in einer "Vorwarnung": Der Roman sei von der ersten bis zu letzten Zeile ein Werk der Fiktion, und sollte er doch einmal aus der historischen Wirklichkeit zitieren - schließlich liegt ein öffentliches Großereignis zugrunde -, werde es im Text gekennzeichnet, jedenfalls hin und wieder, denn es gehe natürlich auch darum, die Geschichte neu zu schreiben: kontrafaktisch, gewissermaßen.

Die eigentliche Handlung, die eine Woche vor dem Beginn der Schacholympiade und wenige Wochen nach dem Eintreffen von Heinz Magnus, dem vor den Nazis geflüchteten Großvater des Autors, in Argentinien einsetzt, beginnt mit den ersten Absätzen aus Stefan Zweigs "Schachnovelle". Referenzen und Charaktere aus der Novelle, literarische Schachbezüge von Jorge Luis Borges bis Edgar Allan Poe, Collagen aus Tagebucheinträgen, Medienberichte in argentinischen Zeitungen und Biographien der Schachspieler setzen den Rahmen.

Als in Buenos Aires schon die ersten Schachpartien geschlagen waren, griffen die Deutschen Polen an. Unter den Teilnehmern breitete sich eine Stimmung des Misstrauens aus, die von Falschnachrichten und Konfrontationen zwischen den nun auch zu politischen Gegnern gewordenen Teams noch verstärkt wurde und sich auf die Ergebnisse des Wettkampfs auswirkte.

Albert Becker, Kapitän der deutschen Mannschaft, soll sich geweigert haben zu akzeptieren, dass jüdische Spieler nicht gegen sein Team antreten wollten und erst auf Druck des argentinischen Schachverbandes hin nachgegeben haben. Schenken lassen wollten sich die Deutschen die Punkte auch nicht: Eine "Gnade der Juden" wäre wertlos gewesen. Am Ende, das ist keine Fiktion, erlebt der Nationalsozialismus in Argentinien seinen ersten olympischen Erfolg.

Ariel Magnus schickt also seinen Großvater los, dies zu verhindern und das Turnier zu manipulieren, damit Polen gewinnt. Dabei begegnen ihm Sonja Graf, die emanzipierte "freie Spielerin" und spätere Vizeweltmeisterin, sowie der Sportjournalist Yanofsky, der von seiner Redaktion nach längerer Debatte zur Berichterstattung über den Wettbewerb verdonnert wird (mit dem Argument, Schachspieler wären nicht weniger ungeschlacht als Boxer), und der von Stefan Zweig entliehene und sich charakterlich selbst übertreffende Mirko Czentovic, der sich mit den Worten "Ich bin ein Schachmeister, fiktiv" vorstellt.

Die Stärke dieser merkwürdigen Erzählung liegt in der Art, wie Magnus seine Figuren entwirft in ihrer Angewohnheit, sich selbst zu sabotieren, und in den dazugehörigen Dialogen, dem Knistern zwischen Graf und dem Großvater, das seinen Höhepunkt in der Diskussion darüber findet, wer eines Abends als Erster die Bar verlässt und ob oder nicht in Begleitung.

Aber auch in den imaginierten Zwiegesprächen zwischen dem Helden und seinem Erzähler, bei denen es um Übersetzungsfehler (Heinz schrieb sein Tagebuch auf Deutsch, der Autor publiziert auf Spanisch) und den Umgang mit dem Nationalsozialismus in der fernen Heimat geht - ein Stilmittel, dem allerdings eine zurückhaltendere Verwendung noch besser getan hätte.

Die Schachsimpeleien des nimmermüden Erzählers und seiner getreuen Figuren reichen von Kempelens Schachtürken, einem im achtzehnten Jahrhundert am österreichisch-ungarischen Hof für Aufsehen sorgenden Automaten, über die Rekonstruktion von Schlachten auf dem Schachbrett bis hin zu einer Aufstellung alternativer Lieblingsfiguren (sehr schön: die Heuschrecke, die nur ziehen und schlagen darf, wenn sie über eine andere Figur springen kann), und sind erstaunlich. Irgendwann regt sich aber der Verdacht, dass hier fleißig alles zusammengetragen wird, was auch Laien am Schach begeistern könnte.

Und so kommt es unweigerlich zur Selbstanklage: "Wir sehen uns genötigt", verkündet der Erzähler kurz vor dem Finale, "den normalen Ablauf dieses Romans zu unterbrechen." Das Übermaß an Zitaten und Fußnoten verstoße gegen Regeln des Romanspiels. Aber ist nicht die einzige Art, lautet sogleich die Gegenrede, Dinge vor dem Verschwinden zu bewahren, sie zu kopieren und zu reproduzieren?

Die Dokumentation des Großvaters sei ein Zeitdokument und müsse zu Papier gebracht werden. Wenn man sich denn so sicher sein könnte, dass sich dieser an die Regeln des Tatsachenberichts gehalten hat. Wer jetzt eigentlich das vorliegende Buch geschrieben hat, soll man sich am Ende durchaus fragen. Wer es auch war, es gelingt ihm nicht ganz so mühelos wie seinem Vorbild. Aber umso unterhaltsamer.

ELENA WITZECK

Ariel Magnus: "Die Schachspieler von Buenos Aires". Roman.

Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018. 336 S., geb., 22,- [Euro]

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2018

Der Krieg
und das Brett
Ariel Magnus weitet die
Schachnovelle zum Roman aus
In Buenos Aires auf der Straße Corrientes 515 lag die Buchhandlung Pigmalión. Geführt wurde sie von Lili Lebach, einer Jüdin im Exil, die ihr Sortiment nach deutschen und generell fremdsprachigen Büchern ausrichtete. Es heißt, Jorge Luis Borges sei dort ein- und ausgegangen. Außerdem brachte die Buchhandlung Stefan Zweigs „Schachnovelle“ heraus, in einer Auflage von 250 nummerierten Exemplaren. So sehr Ariel Magnus in der hinterlassenen Bibliothek seines Großvaters auch stöberte – die „Schachnovelle“ fand er, obwohl in einem Verzeichnis notiert, nicht. Es wäre zu schön gewesen für einen Roman, der vom Schachspielen erzählt und vom vor den Nazis geflüchteten Großvater.
Im Jahr 1939 findet die Schacholympiade zum ersten Mal außerhalb Europas statt, in Buenos Aires. Einige nicht unwichtige Mannschaften fehlen, die von Italien zum Beispiel, Japan und den USA. Aber mit Alexander Aljechin für Frankreich und José Raúl Capablanca für Kuba treten auch Weltmeister bei den mehr als neunhundert Partien im Teatro Politeama an. Während des Turniers bricht der Zweite Weltkrieg aus, in Buenos Aires schrillen frühmorgens die Sirenen und treiben die Menschen vor die Info-Tafeln. Die letzte Hoffnung auf Frieden ist geplatzt.
„Die Schachspieler von Buenos Aires“ heißt Ariel Magnus’ formal ambitionierter, Roman. Der Autor wurde 1973 in Buenos Aires geboren, er studierte in Deutschland, schrieb für die taz und Spiegel Online und Medien in Lateinamerika. Hierzulande ist bereits sein Erfolgsroman „Der Chinese auf dem Fahrrad“ erschienen, kurz darauf „Zwei lange Unterhosen der Marke Hering“, ein Porträt seiner Großmutter. Über seinen Großvater wollte er, obwohl dessen Tagebücher dem aktuellen Roman zugrunde liegen, offenbar kein Porträt verfassen. Vielmehr nutzt er die Einträge für allerlei Spiegelungen, als gelte es, das eigene Können auszustellen, leider nicht immer zugunsten der Figur. Wenigstens lässt er seinen Großvater Heinz fast den Verstand verlieren, als er auf die burschikose Schachspielerin Sonja Graf trifft. Sonja ist Deutsche, ohne dass sie für Nazi-Deutschland antreten dürfte, sie ist keine Jüdin, worüber sich Heinz zwar den Kopf zerbricht, aber nicht verzweifelt. Denn haben würde er sie trotzdem ganz gerne.
Einmal sagt der Autor über sein Buch, es sei in seinem Modernismus ein klassischer Roman. Kann man so sagen. Aber falls hier ein Label nötig sein sollte, dann doch eher das eines postmodernen Romans. Ariel Magnus zitiert, was gerade hergeht, die Tagebücher des Großvaters, die Schachbücher der realen Sonja Graf, jede Menge Zeitungsartikel, Essays und Romane. Er referiert und dichtet hinzu, teils in ein und demselben Atemzug. Ab und zu setzt er Fußnoten. Und greift als Autor in das Geschehen ein, hockt sich zu seinem Großvater, den er nie kennengelernt hat, an den Tisch und verwickelt ihn in ein Gespräch. Wenn man die läppischen, in Klammern gesetzten Kommentare (oder kommentierenden Fußnoten) übersieht, gelingen tatsächlich verblüffende Brechungen.
In einer „Vorwarnung“ anstelle eines Vorworts stellt Magnus klar, alle Textauszüge, alle wörtlichen Zitate seien „gehörig kursiv gesetzt“, „auch und gerade damit sie am Ende vom Kurs abkommen können“. Er lässt also nichts aus. Und so steht am Ende ein kursiv gesetzter Text, der plötzlich pure Fiktion ist, sogar die Fiktion einer Fiktion, denn die letzten Worte stammen von Mirko Czentovic, einer Figur aus Zweigs „Schachnovelle“.
Ohne Leidenschaft für Schach und die Bücher, die darüber geschrieben worden sind, ob von Zweig, Beckett, Borges, Miguel de Unamuno oder Roberto Arlt, wird einen dieser Roman nur halbwegs fesseln. Dass die Schachmetapher dermaßen ausgereizt wird, für den Krieg sowieso, aber auch für den Frieden, fürs Boxen und den Sex, macht sie verdächtig. In der Erzählung „Der Schatten der Züge“ lässt Borges zwei Könige eine Partie Schach spielen, wobei jeder Zug eine Schlacht beeinflusst, die ihre Armeen gerade gegeneinander schlagen. Aber es war dann auch Borges, der die Schachmetapher für den Krieg als allzu abgedroschen verwarf.
Angesichts des Krieges in Europa ziehen es viele Turnierspieler vor, in Argentinien zu bleiben, auch Mitglieder der deutschen Delegation. Für Juden stellt sich die Frage der Rückkehr ohnehin nicht. Darüber gäbe es viel zu erzählen, zumal im Blick auf Buenos Aires, doch Magnus belässt es bei Andeutungen. „Heute habe ich lange geschlafen, Bilder umgeklebt, und gelesen in Brot und Wein“, schreibt der Großvater ins Tagebuch. Im Nachlass entdeckt Magnus auch ein kirchliches Dokument, das eine Lüge bezeugt: Heinz sei Katholik. Weil sich der Enkel das nicht erklären kann, denkt er sich auch dazu eine Geschichte aus. Das Dokument ist für Sonja Graf bestimmt. Denn Heinz will von der deutschen Schachspielerin, die sich zu jüdischen Männern hingezogen fühlt, nicht aus Mitleid begehrt werden. Er will ihre große Liebe. Aber er bekommt sie nicht.
RALPH HAMMERTHALER
Ariel Magnus: Die Schachspieler von Buenos Aires. Roman. Aus dem Spanischen von Silke Kleemann. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018. 336 Seiten, 22 Euro.
Am Ende aller dokumentarischen
Zitate hat die Fiktion in
höchster Potenz das letzte Wort
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»ein toller Roman« Frank Rumpel SWR 2 lesenswert 20180617