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" Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!" 2000 Jahre Schlacht im Teutoburger Wald
Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. wurde das mehr als drei Legionen - über 18.000 Mann - starke Heer des Publius Quinctilius Varus, Legat des Kaisers Augustus, in einen Hinterhalt gelockt und innerhalb weniger Tage von germanischen Kriegern vollständig aufgerieben. Dieses blutige Ereignis, bekannt als die "Schlacht im Teutoburger Wald", war eine der schwersten und folgenreichsten Niederlagen, die Rom jemals erlitten hat.
Langfristige Folge war, daß die Expansion des Römischen Reiches gestoppt, die
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Produktbeschreibung
" Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!" 2000 Jahre Schlacht im Teutoburger Wald

Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. wurde das mehr als drei Legionen - über 18.000 Mann - starke Heer des Publius Quinctilius Varus, Legat des Kaisers Augustus, in einen Hinterhalt gelockt und innerhalb weniger Tage von germanischen Kriegern vollständig aufgerieben. Dieses blutige Ereignis, bekannt als die "Schlacht im Teutoburger Wald", war eine der schwersten und folgenreichsten Niederlagen, die Rom jemals erlitten hat.

Langfristige Folge war, daß die Expansion des Römischen Reiches gestoppt, die rechtsrheinische Germania vor einer Romanisierung bewahrt und der Rhein zur Grenze zwischen Romanen und Germanen wurde. Reinhard Wolters ist einer der besten Kenner der römisch-germanischen Beziehungen und gründlich vertraut mit den historischen, philologischen und archäologischen Quellen zur Varuskatastrophe. Er rekonstruiert in seinem spannend geschriebenen Buch den politischen Hintergrund, das militärische Geschehen, erhellt die Frage der Lokalisierung, charakterisiert die Protagonisten - Arminius und Varus -, beschreibt kundig und verständlich die zeitgenössische Bedeutung der dramatischen Ereignisse und skizziert deren Fortleben in unserem kulturellen Gedächtnis.
Autorenporträt
Professor Reinhard Wolters ist Althistoriker und Archäologe und leitet die Numismatische Arbeitsstelle der Universität Tübingen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2008

Hermann, der verschlagene Held

Vor fast zweitausend Jahren verlor Varus seine Legionen im Teutoburger Wald. Neue Bücher suchen nach der Wahrheit über die Schlacht.

Haltern, Anreppen, Oberaden, Rödgen, Dorlar, Waldgirmes: Wer den Spuren der Römer in Nordwestdeutschland folgt, macht eine Tour durch die deutsche Provinz. Mitten im Wald, wo Fuchs und Hase einander Bona nox sagen, liegen die einstigen Legionslager, Kastelle und Ortschaften. Kein Städtchen ist auf ihnen gewachsen, kein Ortsmythos hat ihre Namen bewahrt; erst das zwanzigste Jahrhundert, von Geschichtshunger getrieben, legte die verschütteten Grundmauern frei. Wenn es einen Beweis gibt für die Bedeutung der Schlacht zwischen den Cheruskern unter Arminius und den Legionären des Quintilius Varus, dann ist es das Schweigen, das die römischen Stützpunkte zwischen Rhein und Weser fast zweitausend Jahre lang bedeckt hat. Nach ihrer Zerstörung erlosch die Erinnerung an sie, die Ton- und Bronzescherben wurden untergepflügt, die vernichteten Legionen nie wieder aufgestellt. Was blieb, war die Erzählung der Schlacht.

Wie tief das Gefecht "haud procul teutoburgiensi saltu", "nicht weit vom Teutoburger Wald", wie es bei Tacitus heißt, die römische Welt erschütterte, kann man in einem Sammelband mit lateinischen und griechischen Quellentexten und Übersetzungen nachlesen, den der Reclam Verlag zum zweitausendjährigen Jubiläum der Schlacht im kommenden Jahr veröffentlicht hat. Selbst Ovid sang in seinem Exil in Tomi von der Tücke der Germanen, die "durch listige Nutzung der Gegend" den Römern den Weg verlegt hätten, und der Geograph Strabon geißelte in seiner um 20 nach Christus verfassten Weltbeschreibung den "Vertragsbruch" der Cherusker, der sie allerdings teuer zu stehen gekommen sei: "Sie alle haben dafür gebüßt."

Arminius, der "Befreier Germaniens"

Wahr ist, dass Thusnelda, die Ehefrau des Arminius, und ihr kleiner Sohn Thumelicus bei dem Triumphzug des Jahres 17, den der römische Kaiser Tiberius seinem Feldherrn und Verwandten Germanicus gewährte, in Ketten durch die Hauptstadt des Imperiums geführt wurden. Wahr ist aber auch, dass es anschließend jahrzehntelang keine größeren Feldzüge östlich des Rheins mehr gab. Tacitus, der die Ereignisse aus der Distanz von neunzig Jahren schildert, lässt Tiberius in Briefen an Germanicus mahnen, es habe "genug Siege und Niederlagen" gegeben. Bei Tacitus steht aber auch der seit Luther in Deutschland epochemachende Satz, Arminius, "im Kriege unbesiegt", sei "ohne Zweifel der Befreier Germaniens" gewesen. Beides, die Beschwörung römischer Vorsicht wie auch der Respekt vor dem germanischen Gegner, verdankt sich der geostrategischen Doktrin der Trajanszeit, in der Rom auf Konsolidierung, nicht mehr auf Ausdehnung seiner Grenzen setzte.

Aber die Nachwelt eines Historikers wischt solche Einschränkungen gern beiseite. Im frühen sechzehnten Jahrhundert, in den Geburtswehen der Reformation, war der erst kurz zuvor wiederentdeckte Text der taciteischen "Annalen" ein Treibsatz für das erwachende deutsche Nationalbewusstsein. Ulrich von Hutten pries den Cheruskerfürsten als "unüberwindlichsten und deutschesten" aller Helden, Philipp Melanchthon identifizierte als einer der Ersten die Osning-Hügel mit dem Teutoburger Wald, und Luther gab dem Urvater der Deutschen seinen neuen Namen, indem er das lateinische "dux belli" als "Heer man" übersetzte: Hermann. Dabei blieb es, im Heiligen Römischen wie im preußisch-deutschen Kaiserreich. Im Jahr 1875 wurde auf dem Teutberg bei Detmold nach fast vierzigjähriger Bauzeit das Hermannsdenkmal eingeweiht; sein Initiator, der Hannoveraner Bildhauer Ernst von Bandel, erlebte den Festtag gerade noch. Für den deutschen Durchschnittspatrioten war damit der Fall erledigt: Mit dem Namen des Helden gab das Monument auch den Ort der Schlacht an. Das änderte sich, als ein britischer Amateurarchäologe 1988 im westfälischen Kalkriese drei römische Schleuderbleie und Dutzende Münzen mit Varusstempel entdeckte.

Die Kohorten auf zu engem Raum

Die nachfolgenden Grabungen am Nordrand des Wiehengebirges förderten weitere militärische und zivile Ausrüstungsgegenstände, Gold- und Silbermünzen sowie Reste eines Walls aus Kalkstein und Rasensoden zutage, vor dem ein erbitterter Nahkampf getobt haben musste. Seither gilt der Fundort nördlich von Osnabrück bei der Mehrheit der Historiker als Grab der Armee des Varus. Dass Theodor Mommsen schon 1885 die Varusschlacht nach Kalkriese verlegt hatte, fiel erst nach den neuen Funden wieder ins Gewicht: Zu seinen Lebzeiten war Mommsen von den Teutoburgianern schlicht überbrüllt worden.

Reinhard Wolters, dessen Buch über "Die Schlacht im Teutoburger Wald" eine wissenschaftliche Darstellung des Themas geben will, zählt die Funde von Kalkriese zu den "besonders wichtigen Zeugnissen für die römische Anwesenheit in Germanien", gibt sich aber in der entscheidenden Frage zugeknöpft. Zum einen lasse sich die Vorstellung eines "bedeutenden West-Ost-Verkehrswegs" am Fuß des Wiehengebirges nicht mit den römischen Quellen vereinbaren, die das Bild einer unwegsamen, düsteren Landschaft malen. Zum anderen hätte selbst der nach den Vorgefechten geschrumpfte Train des römischen Heeres - drei Legionen samt Hilfstruppen, zusammen fünfzehn- bis zwanzigtausend Mann - immer noch den gesamten, sechs Kilometer langen Kalkrieser Engpass ausgefüllt, was für Wolters in einem Missverhältnis zu den bloß vierhundert Längenmetern des Graswalls steht.

Dem könnte man entgegenhalten, dass der Wall den Verkehrsweg eben an einem kritischen Punkt verengte - und dass gerade die geringe Ausdehnung der Senke einen taktischen Vorteil für die Germanen bot, weil sie den Römern keinen Raum zur Entfaltung ihrer Kohorten gab. Man kann das Wort aber auch an Ralf-Peter Märtin weitergeben. Märtin, Journalist und Sachbuchautor, hat mit seiner "Varusschlacht" so etwas wie die Gegenerzählung zu der Studie des Tübinger Althistorikers Wolters geschrieben. Wo Wolters zweifelt, ist Märtin seiner Sache sicher; wo Wolters den Schlachtenlärm, den Dreck und das Blut ausblendet, marschiert Märtin mitten hinein ins Getümmel. Dank seiner Kenntnis römischer Waffen, Taktiken und Niederlagen gibt er dem Kampfgeschehen in allen Einzelheiten Kontur. Demnach war die viertägige Schlacht ein Musterbeispiel des "hit and run": Plötzliche Überfälle und ebenso rasche Rückzüge der Cherusker wechselten einander ab. Erst in der Schlussphase, verstärkt durch Zuzüge aus anderen Germanenstämmen, griffen sie die Römer frontal an. Auch für den Mangel an Waffenfunden in Kalkriese hat Märtin eine plausible Erklärung: Die Germanen, bei denen Eisen rar und entsprechend begehrt war, fledderten die Römerschwerter und -speere für ihren Eigenbedarf.

Man kann die Bücher von Wolters und Märtin parallel lesen, als Musterbeispiele der "populären" und "seriösen" Lesarten von Geschichte. Dabei muss das Populäre nicht notwendig unterhaltsamer, das Seriöse nicht durchweg langweiliger sein. Bei der strategischen Einschätzung der Germanenfeldzüge von Drusus, Tiberius und Germanicus etwa hat Wolters die Nase vorn. Der Krieg zwischen Rhein und Weser war, wie er zeigt, eine Fortsetzung der imperialen Innen- mit den Mitteln der Außenpolitik, er diente dazu, den jeweils aussichtsreichsten Mitgliedern der kaiserlichen Familie den notwendigen Feldherrnruhm zu verschaffen. Als mit dem Günstlingsregiment des Tiberius das Prinzenwesen erlosch, hörte auch das römische Interesse an den Germanenstämmen auf. Wer sich von Rom regieren lassen wollte, wurde umgesiedelt, der Rest seinen inneren Zwistigkeiten überlassen. Auch Arminius starb bald nach seinem Triumph von cheruskischer Mörderhand.

Lehrjahre bei den Römern

Zuvor aber lieferte er den überlegenen Truppen des Germanicus bei Idistaviso und am Angrivarierwall zwei unentschiedene Schlachten, die ihm die Achtung des Tacitus eintrugen. Hier ist es Märtin, der mit seiner Schilderung der Lehrjahre des Cheruskers als Kommandant einer Auxiliartruppe in den römischen Feldzügen gegen die aufständischen Dalmater und Pannonier die eindringlichere Schilderung liefert. Der Typus eines Arbogast, Stilicho oder Merobaudes, der die Völkerwanderungszeit prägte, war in Arminius bereits vorgebildet. Nur hatte die Idee des Imperiums beim germanischen Adel noch keine Wurzeln geschlagen. Erst mit den fränkischen und gotischen Heermeistern der Spätantike zogen auch Germanen in den Kampf um Rom.

Eine interessante mentalitätsgeschichtliche Perspektive auf die Varusschlacht bietet der zweisprachige Band "Alésia et la bataille du Teutoburg", der die Ergebnisse eines deutsch-französischen Symposions aus dem Jahr 2005 versammelt. Hier erfährt man, wie die Franzosen im neunzehnten Jahrhundert ihren Helden Vercingetorix dem "Banditen" (Jules Toutain) Arminius gegenüberstellten, während deutsche Historiker (nicht zuletzt Mommsen) die Gallier als zuchtlose Schönwetterkrieger verunglimpften, die dem "großartigen Mann" an ihrer Spitze nicht gewachsen waren. Und man liest staunend, an welchen Orten frühere Geschichtsschreiber schon überall die Varusschlacht angesiedelt haben - unter anderem in Frankfurt, Augsburg, Meißen, Duisburg, Straßburg und Mainz. Einstweilen haben wir jetzt Kalkriese. Aber sicher hält der deutsche Wald noch weitere Überraschungen bereit.

ANDREAS KILB

Lutz Walther (Hrsg.): "Varus, Varus!". Antike Texte zur Schlacht im Teutoburger Wald. Lateinisch/deutsch. Griechisch/deutsch. Reclam Verlag, Stuttgart 2008. 173 S., Abb., br., 4,80 [Euro].

Reinhard Wolters: "Die Schlacht im Teutoburger Wald". Arminius, Varus und das römische Germanien. Verlag C. H. Beck, München 2008. 225 S., 19 Abb., 2 Stammbäume, 9 Kart., geb., 19,90 [Euro].

Ralf-Peter Märtin: "Die Varusschlacht". Rom und die Germanen. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 432 S., Abb., geb., 22,90 [Euro].

Michel Reddé, Siegmar von Schnurbein: "Alésia et la bataille du Teutoburg". Un parallèle critique des sources. Thorbecke Verlag, Stuttgart 2008. 235 S., Abb., geb., 64,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Im nächsten Jahr wird es zweitausend Jahr her sein, dass der Cherusker Arminius die römischen Legionen unter Quintilius Varus schlug, doch auch zum dräuenden Gedenkjahr scheinen sich die Historiker noch nicht auf Kalkriese als den Ort der großen Schlacht geeinigt zu haben. Auch Rezensent Andreas Kilb rät zur Vorsicht, der in seiner Besprechung sehr deutlich werden lässt, wie lücken- und sprunghaft das Wissen um die römischen Germanienfeldzüge doch ist. Unter den zahlreichen Neuerscheinungen hat ihm der Band des Althistorikers Reinhard Wolters am meisten zugesagt. Dessen Vorsicht in der "entscheidenden Frage" nach dem Austragungsort erscheint Kilb eher als Vorzug und auch seine vergleichsweise "seriöse" Darstellung keineswegs langweilig. Besonders instruktiv findet der Rezensent Wolters Deutung der Germanienfeldzüge von Drusus, Tiberius und Germanicus als Part des römischen Günstlingsregiments, der dazu diente, Mitgliedern der kaiserlichen Familie "Feldherrenruhm" zu verschaffen.

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